Auch Feuilleton kann verständlich sein

In der Achtzigern brauchte ein Kabarettist nur einen beliebigen Text aus dem Feuilleton der Süddeutschen mit der gebührenden Theatralik in der Stimme vorzulesen, schon lag das Publikum sich kringelnd unter den Tischen. Die Texte waren damals berühmt dafür, dass ihre Autoren besonderen Ehrgeiz darauf verwandten, die intellektuellen Fähigkeiten der Leserschaft über Gebühr zu strapazieren. Das Geschwurbel war eine bühnenfertige Parodie seiner selbst.

Unter den Chefredakteuren Kilz und Kister wurde unverständliches Geschwalle auch im Kulturteil zur bedrohten Textart. Wer sucht, findet aber auch heute noch Exemplare wie dieses, das einer Rezension des neuen Buchs der Axolotl-Plagiaristin Helene Hegemann entnommen ist (SZ vom 23. August, Seite 13):

„Dass Meisterwerke zuweilen darauf angewiesen sind, grell oder gegen Tabus zu arbeiten, ist das eine – in „Jage zwei Tiger“ offenbart sich vor allem die Verachtung vor einem Begriff von Kindheit als schützenswert.“

Ich habe den Satz fünf mal gelesen, und ich könnte ihn noch zwanzig mal lesen. Hut ab, Frau Lorch, Sie haben mich besiegt, Sie sind klüger und sprachmächtiger als ich dummer Leser! Ich kapituliere von Ihrer Genialität. Ich habe nämlich nicht den Hauch einer Ahnung, was Sie damit sagen wollen. Das nenne ich eine elitäre Schreibe.

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