Lanz zum Brechen

Es gibt keinen Grund, für Jürgen Fliege eine Lanze zu brechen. Der auf seltsame Abwege geratene Pfarrer ist auch bei mir unten durch. Gäbe es in der evangelischen Kirche eine Exkommunikation, hätte er sich dafür qualifiziert.

Die Art und Weise, wie Markus Lanz gestern abend mit diesem komischen Heiligen umgesprungen ist, war allerdings – man kann es nicht milder ausdrücken – zum Kotzen. Hart, aber unfair. Der Mann mit der offiziellen Jobbeschreibung „Moderator“ bremste die Staatsanwältin von eigenen Gnaden Jutta Ditfurth nicht nur nicht, er gab den Nebenkläger und verweigerte dem Angeklagten jedes rechtliche Gehör. Ditfurth durfte genüsslich ihre gesamte Munition verballern, Lanz war sich nicht zu schade, den Büchsenspanner zu geben. Wenn Fliege auch nur dazu ansetzte, sich selbst um Kopf und Kragen zu schwadronieren, kam er kaum zu Wort.

Schade, sehr schade, ein Armutszeugnis fürs ZDF. Hätte die Sendung einen Moderator gehabt, so hätte der freundlich, aber bestimmt dafür gesorgt, dass Fliege Ditfurths Funktion – nämlich Fliege auf Dauer unmöglich zu machen – selbst übernimmt. Auch Ditfurth hätte er damit einen Gefallen getan, denn sie wäre weniger penetrant-selbstgefällig rübergekommen und hätte ihr eigenes Anliegen nicht beschädigt, einen mutmaßlichen Scharlatan bloßzustellen.

So blieben Zweifel, ob Fliege wirklich der böse Geschäftemacher ist oder ob er nicht vielleicht doch selbst glaubt, was er erzählt. Das wäre tragisch, aber wenn es denn so wäre, hätte eine öffentlich-rechtliche Anstalt ihn vor sich selbst schützen müssen. Lanz hat etwas getan, was gar nicht geht – gerade vor dem Hintergrund, dass er der Nachfolger des Eva-Herman-Anklägers Johannes Baptist Kerner ist: Statt Fliege ganz gelassen selbst ins offene Messer rennen zu lassen, hat er es ihm in den Leib gerammt. Fliege ertrug die Attacken wie einer, der gewohnt ist, die andere Backe hinzuhalten. So hat Lanz notorischen Fliege-Fans keine Chance gelassen, sich ihre eigene Meinung zu bilden, sondern ihr Mitleid mit dem armen Opfer provoziert.

Hätte ihr Idol nur ein, zwei mal wirklich ausreden dürfen, wäre ihnen selbst die Erkenntnis gekommen, wie dumm sie waren, auf einen Kerl hereinzufallen, der so redet, als hielte er sich für einen modernen Jesus, dabei aber so benimmt wie die Händler, die Jesus aus dem Tempel verjagt hat.

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