SZ: Stress-Symptome am laufenden Band

Kann es sein, dass Wirtschaftsredakteure einer Qualitätszeitung Millionen und Milliarden nicht auseinanderhalten können? Es kann:

Schuld waren offenbar nicht die Autoren in Paris und Berlin, sondern der Redakteur oder die Redakteurin in der Münchner Zentrale der Süddeutschen Zeitung. Im Text steht so richtig wie plausibel, dass es um 252 Millionen Dollar oder 200 Millionen Euro geht. Ein Rundungsfehler von 200.000 Euro wäre sicherlich kein Thema gewesen, das die Politik interessiert. Okay, die Meldung ist Schnee von gestern und ohnehin leider Alltag. Merke: Auf die Zahl der Nullen kann man sich bei Tageszeitungen einfach nicht mehr verlassen.

Aber nicht nur im Wirtschaftsressort arbeiten überlastete oder überforderte Kollegen. Gerade musste die SZ in der Korrekturspalte zugeben, dass ein internes Mathe-Genie den Fall der Mauer folgendermaßen berechnet hatte: 2012-1989 = vor 13 Jahren.

Für die heutige Ausgabe taufte das Bayern-München-Ressort den Acatech-Präsidenten Prof. Dr. rer. nat. Dr.-Ing. E. h. Henning Kagermann zum Joachim um. Wurde der Mann, einer der prominentesten Manager des Landes, mit dem Ex-BMW-Chef Henning Milberg, Bayerns Innenminister Henning Herrmann oder gar Bundestrainer Hegi Löw velwechsert?

Auch der Wirtschaftsteil trug wieder seinen Teil zur täglichen Fehlerei bei. Das Foto zu einem Text über den Chiphersteller Infineon zeigt laut Unterzeile einen „Mitarbeiter“ mit einer Wafer – offenbar hatte die Agentur ddp dies vor sieben Jahren so in die Caption des Bildes eingetragen. Wer der von Journalisten geschlechtsumgemanndelten jungen Dame in die hübschen Augen schaut, erkennt im Mitarbeiter freilich sofort die Mitarbeiterin.

Übrigens ist auch die Urheberangabe „ddp“ heftig inkorrekt: Erstens hat der Fotograf (die Fotografin) das Recht auf Namensnennung, zweitens stammte das Bild offenkundig von Infineon (es schmückte mal eine von dem Unternehmen als Werbeträger genutzte Telefon-Chipkarte) und wurde von ddp nur vertrieben, drittens gibt es ddp gar nicht mehr, denn die Agentur ging in der inzwischen in die Insolvenz geratenen dapd auf.

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