Meine Antwort zur Tempo-30-Bürgerbefragung

Klaus Bühler, der – wenn man das so sagen kann – längstjährige Bürgermeister von Kaufering, wusste immer besser als die Bürger, was gut für die Bürger ist. Insofern kann man seine Tochter Bärbel, die ihm kürzlich nach einem sechsjährigen Interregnum nachfolgte, nur loben. Unsere neue Bürgermeisterin hat uns tatsächlich im Mitteilungsblatt dazu aufgerufen, per E-Mail kundzutun, wie wir zu der XXL-Tempo-30-Zone stehen, in die wir Anfang Februar über Nacht hineingebeamt wurden. Hier ist meine Antwort; wer meine Erfahrungen und meine Ansicht teilt, darf gerne passende Passagen daraus als Textbausteine für seine Mail nutzen.

  • Zur Person: Innerhalb Kauferings bin ich meistens mit dem Fahrrad unterwegs, sonst überwiegend mit dem Auto.
  • Ich wohne in der Buchenstraße, in der man früher schneller als 30 hätte fahren dürfen, falls das ausnahmsweise mal ohne Verstoß gegen § 1 StVO möglich gewesen wäre. Hier hat sich weder etwas verbessert noch verschlechtert. Auch vorher gab es keinen Grund, einen Blitzer zu fordern, weil kein Raser freiwillig hier durchführe. Insoweit war die Zonenregelung hier unnötig.
  • Biegt man in den Ahornring ab, auf dem schon zu Tempo-50-Zeiten theoretisch rechts vor links gegolten hätte, muss man nach wie vor dem von links kommenden Verkehr seine gefühlte Vorfahrt lassen, wenn man eines natürlichen Todes sterben möchte.
  • Beinahe-Unfälle: Diese vermeidet man überhaupt am besten durch konsequenten Verzicht auf sein Recht als von rechts Kommender. Dies ist übrigens keine Frage der Zeit, also der allmählichen Gewöhnung ans Neue. Dies zeigt sich exemplarisch an der Kreuzung Lechfeldstraße/Jahnstraße, die schon sehr lange in einer Tempo-30-rechts-vor-links-Zone liegt. Egal ob Ost-West oder West-Ost, ich wäre schon mehrere Tode gestorben, wenn ich versucht hätte, per Blickkontakt dem von Nord oder Süd kommenden Autofahrer zu signalisieren, dass ich von meinem Vorfahrtsrecht Gebrauch zu machen gedächte. Gerade vorgestern wieder würdigte mich ein mit ca. 45 km/h Richtung Schule bretternder Pkw-Fahrer keines Blickes, während er mir die Vorfahrt nahm. Merke: Wer gefühlte Vorfahrt hat, guckt nicht. Und 30 fährt er schon gar nicht.
    Diesseits der alten B17 wiederholt sich nur, was jenseits längst Alltag ist. Wenn ich aus einer von Westen her einmündenden Straßen in die Kolpingstraße abbiege, also vom Ahornring, der Theodor-Heuss-, Kivo- oder Donnersbergstraße, weiß ich aus Erfahrung, dass der von links kommende Autofahrer mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht anhalten wird, um mir meine Vorfahrt zu gewähren, schon gar nicht, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin.
    Die gefährlichste Stelle ist die Einmündung bei der Firma Zeit, denn der bauliche Zustand mit der Verkehrsinsel lässt die Theodor-Heuss-Straße nach wie vor als nicht vorfahrtberechtigt erscheinen. Typischer Fall: Kürzlich bretterte ein Lieferwagen mit FFB-Kennzeichen, von Stibi in Hurlach kommend, mit mindestens Tempo 50 durch die Kolpingstraße Richtung Rewe, wo auch ich hin wollte, und zwang mich zur Vollbremsung. Ich rief dem Fahrer so laut es ging hinterher und folgte ihm auf den Parkplatz, wo er sich nicht für seinen Fahrstil entschuldigte, sondern mir nur entgegnete, ich solle gefälligst nicht so brüllen. Dass die Aggression in seinem Fahrstil gelegen hatte, sah er überhaupt nicht ein.  Er hatte ja das Recht des Stärkeren gegenüber einem Radler auf seiner Seite.
    Kurzum: Tempo 30 hat außer Verunsicherung nichts gebracht.
  • Noch mal Kolpingstraße: Seit ich aufgrund der Tempo-30-Debatten weiß, dass Radler den Gehweg („Fahrrad frei“) auf der Supermarkt-Straßenseite nur in Schritttempo befahren dürfen (da kippt man ja um), fahre ich nur noch auf der Fahrbahn. Nun fahre ich selten schneller als 25 km/h, da ich an der nächsten Ecke eh wieder langsamer werden muss, und ich halte einen meinem Tempo angemessenen Seitenabstand zu den auf der westlichen Straßenseite geparkten Autos. Deshalb empfinden viele Autofahrer meine Anwesenheit in „ihrem“ Verkehrsraum als Provokation und fahren dementsprechend aggressiv. Besser wäre es, wenn der Fußweg in einen (benutzungspflichtigen) Rad-/Fußweg umgewandelt würde. Natürlich muss man sich etwas überlegen für die wirkliche Gefahr, die an der Kolpingstraße auf Radler lauert, nämlich das unachtsame Ein- und Ausfahren der Autofahrer an den Parkplätzen der Supermärkte.
    Diese Gefahr hat nichts mit dem Tempo zu tun, sie ist bei 30 nicht geringer als bei 50. Die beste Lösung ist zwar aufwendig, aber aus Sicht der Ortsentwicklung wünschenswert: Die Autos müssten über neue Zufahrten von der alten Bundesstraße her einfahren können. Beim Rewe ist zwar leider die Lkw-Rampe dafür ungünstig gelegen, aber wenn der Einkaufs- und Lieferverkehr von Osten her die Geschäfte anführe, käme dies selbst bei Vorfahrt mit Tempo 50 einer Verkehrsberuhigung auf der Kolpingstraße gleich. In diesem Kontext wäre es schlau, die alte Idee aufzugreifen, eine Querung der Ex-B17 zwischen den beiden Kreisverkehren zu schaffen. Dass es nur zwei Durchlässe für Radfahrer und Fußgänger gibt, reicht nicht, weil halt die meisten mit dem Auto einkaufen wollen.
  • Auch auf der Route vom Fuggerplatz zum Bahnhof (sowie in der Iglinger Straße) ist und bleibt die Zonenregelung ein Reinfall erster Güte. Zumindest im Berufsverkehr kann man die Strecke nicht befahren, ohne auf einen Verkehrsteilnehmer zu treffen, der die Rechts-vor-Links-Regel nicht verstanden hat oder sie ignoriert. Nach wie vor besteht das Problem, dass diverse kleine Einmündungen wegen dichter Hecken, Bäume, Gartenzäune oder Mauern schlecht einsehbar bzw. leicht zu übersehen sind. Dass es dort nicht ständig kracht, dürfte vor allem daran liegen, dass die aus den Nebenstraßen kommenden Fahrer auf ihr Vorfahrtsrecht verzichten, weil sie wissen, dass sie zu spät gesehen würden. Zugleich fahren aber viele Autofahrer auf der ehemaligen Vorfahrtsstrecke so defensiv im Stop-and-Go-Modus, dass die Hauptgefahr darin besteht, dass ihnen von hinten jemand drauffährt: Nachfolgende Fahrer mit schlechterer Ortskenntnis rechnen schlichtweg nicht damit, dass ihr Vordermann schon wieder abrupt auf die Bremse tritt.
    Hinzu kommt – ähnlich wie auch in der Kolpingstraße – das Problem, dass sehr, sehr häufig Autofahrer, die von rechts kommen und eigentlich Vorfahrt hätten, stehen bleiben, sich aber auch der von links Kommende nicht traut, zu fahren, während sich aus der Gegenrichtung bereits jemand nähert, der Abbiegen möchte. Während mehrere Fahrer ratlos aufeinander warten, kommen in Nord-Süd-Richtung weitere Fahrzeuge hinzu, was angesichts der teils am linken, teils am rechten Straßenrand geparkten Autos zwischen Elektro Hilscher und Pauluskirche zu vermeidbaren Staus führt. Schließlich fährt oft nicht derjenige als Erster los, der gemäß StVO dran wäre, sondern derjenige, der als erster die Geduld verliert. Pech, wenn dann mal zwei Fahrer gleichzeitig losfahren.
    Fazit: Es sind schlichtweg zu viele Verkehrsteilnehmer überfordert.
  • Problematisch und in keiner Weise StVO-konform ist nach wie vor die unübersichtliche „Hilscher-Kreuzung“. Hier hat die Dr.-Gerbl-Straße ausnahmsweise Vorfahrt, was nicht zu einer 30-Zone passt, doch gleichzeitig bremst der schräg verlaufende Zebrastreifen die scheinbar Bevorrechtigten aus, was manchmal Autofahrer aus der Iglinger Straße (von Westen kommend) zu dem Irrtum verführt, der von links kommende Fahrer, der es eigentlich eilig hat, weil er zum Bahnhof will, bleibe ihretwegen stehen. Dabei hat der nur einen sich nähernden Fußgänger bemerkt, den der Iglinger noch nicht sehen konnte. (Natürlich schaut kaum jemand in den Spiegel). Kurzum: Chaos ist an dieser Stelle normal.
    Abhilfe kann eigentlich nur ein Kreisverkehr schaffen. Das würde es erlauben, sowohl Dr.-Gerbl-Straße als auch Iglinger Straße wieder zu Vorfahrtsstraßen zu machen, bis eben auf diese eine Kreuzung mit dem Kreisel. Was die Angst vor Rasern bei Aufhebung von Tempo 30 angeht: Auf der Dr.-Gerbl-Straße ist es wegen der geparkten Autos eh fast nie möglich, auf Tempo 50 zu beschleunigen. Auf der Iglinger Straße lässt sich die gleiche Entschleunigung durch wechselseitig links und rechts angelegte Parkbuchten erreichen, an deren hinterem Ende jeweils ein Pflanzkübel steht.
  • Die Problemkreuzung Bahnhofstraße/Iglinger Straße kann auf keinen Fall so bleiben. Ob es schlau wäre, auch hier einen Kreisel anzulegen – einen Präzedenzfall gibt es bei der Grundschule mit Europas vermutlich kleinstem Roundabout – ist die Frage. Aber es spricht nichts dagegen, hier einfach zur alten Lösung zurückzukehren. Die alten Haltelinien, die in einer 30er-Zone nichts zu suchen haben, könnte man dann einfach lassen. Sonst müssen sie dringend geschwärzt werden, weil sie im Widerspruch zur Ausstattung einer verkehrsberuhigten Zone stehen.

„Meine Antwort zur Tempo-30-Bürgerbefragung“ weiterlesen

Der gemeine Wähler ist ein Sado-Masochist

Die Wahl ist gelaufen, und das Ergebnis ist nah dran am Worst Case Scenario, das sich kundige Pessimisten vorgestellt haben. Die Kauferinger haben sich mehrheitlich gegen frischen Wind und gegen ein konstruktives Miteinander entschieden – also für einen Gemeinderat, in dem die Fetzen fliegen werden. Wie zu erwarten war, hat die Kauferinger Mitte (KM) der UBV kräftig Stimmen abgejagt. Beide Gruppierungen sind mit je vier Mandaten gleich stark, wenn auch jeweils schwächer als CSU (sechs) und Grüne (fünf). Die SPD hat drei Leute durchgebracht, die Freien Wähler zwei.

Erststimme

 

Obwohl die Kauferinger Mitte durchaus Persönlichkeiten auf der Liste stehen hatte, mit denen man gut in der Sache diskutieren kann, haben die Gewohnheitstiere unter den Wählern (darunter insbesondere unsere Senioren*) für Polarisierung gesorgt. So sind die beiden alten Herren Bühler und Sepp gewählt, wenn auch mit vergleichsweise bescheidenen 1662 und 1373 Stimmen. „Der gemeine Wähler ist ein Sado-Masochist“ weiterlesen

Gegendarstellung per Hauswurfsendung

Meine junge Kollegin Janina Reich, die für den Kreisboten über Kauferinger Lokalpolitik berichtet, hat mit ihrem Bericht von voriger Woche (siehe Bild) die Kauferinger Mitte wohl noch mehr in Unruhe versetzt als der Meinungsaustausch hier im Blog.

Gemeindeübernimmt

Heute fand ich im Briefkasten die (vermutlich) letzte Hauswurfsendung der Kauferinger Mitte zu der morgigen Wahl. Auf der Rückseite des von Helmut Kraus verantworteten Flyers äußert sich Klaus Bühler „in eigener Sache“ zu dem angeblich „reißerisch“ aufgemachten Artikel. Er wolle „die Rolle der örtlichen Presse im Wahlkampf andeuten“. Nun, wer erwartet, dass Bühler irgendwelche publizistischen Missetaten aufdecken würde, wird enttäuscht: Die Fakten bestreitet er nicht. Hätte in dem Text irgendeine auch nur vermeintlich falsche Tatsachenbehauptung gestanden, so hätte Bühler vom Kreisboten ja auch eine Gegendarstellung verlangen können. Diese hätte sogar noch in dieser Woche, also vor der Wahl erscheinen können. Im Blatt war aber keine solche. Amüsant ist, dass Bühler selbst den Begriff „reißerisch“ in Gänsefüßchen setzt, „Gegendarstellung per Hauswurfsendung“ weiterlesen

Verwählen Sie sich nicht!

Endspurt: Am Sonntag wird in Bayern kommunalgewählt. Falls Sie nicht schon gebriefwählt haben, noch ein Hinweis zu einem verbreiteten Missverständnis: Häufeln ist nur ratsam, wenn man damit leben kann, dass die Stimmen für einen schlecht gelisteten Wunschkandidaten (weibliche Version bitte mitdenken) am Ende doch einem nicht so genehmen Frontmann zufallen. Wie auch mir erst durch die Diskussionen in den Kommentarspalten richtig klar wurde, besteht die einzige Methode, einen vermutlich chancenreichen Bewerber, den man nicht will, nicht doch noch zu unterstützen, darin, dass man überhaupt niemanden auf seiner Liste wählt.

Gebe ich beispielsweise dem netten Kandidaten Josef drei Stimmen und dem Kandidaten Norbert keine, weil ich den auf keinen Fall im Gemeinderat sehen will, werden zunächst der Liste, auf der beide stehen, drei Stimmen gutgeschrieben. Aus dem Verhältnis der addierten Stimmen aller Kandidaten dieser Liste zu den Gesamtstimmen sämtlicher Listen ergibt sich dann, „Verwählen Sie sich nicht!“ weiterlesen

Nur zwei Wiederwahlen

Weil es so schön passt, eine kleine Presseschau zum Tage. Kassian Stroh, Bayern-Redakteur der Süddeutschen Zeitung, schreibt auf der Meinungsseite der Donnerstagsausgabe des Blattes über bayerische Bürgermeister (wobei er zwar in erster Linie, aber nicht allein Christian Ude im Blick hat):

„Demokratie braucht Wechsel. Sie lebt vom Wettstreit der Ideen. Und dafür braucht es gelegentlich neue, dafür braucht es einen anderen Blick und frischen Wind. Eine Altersgrenze bewirkt das nicht. Aber die Zahl der möglichen Wiederwahlen müsste auf zwei begrenzt werden, damit nach spätestens 18 Jahren Schluss ist – auch mit unvermeidlichen Verfilzungen und Verkrustungen. In München, das einen neuen Oberbürgermeister bekommen wird, haben sich die aussichtsreichsten Kandidaten schon festgelegt: Im Falle eines Erfolgs, versichern sie alle, wollten sie höchstens zwölf Jahre amtieren.“