Abschied von der Froitzelei

Die neue Technology Review ist draußen – und damit die letzte Folge meiner seit November 2006 laufenden Kolumne „Froitzeleien“. Ab März wird es am alten Platz im Heft ein neues Format geben, auf das ich sehr gespannt bin. Wer weiß, vielleicht kann ich dazu auch mal etwas beitragen. Im Moment zweifle ich da noch etwas an meinem Talent.

Wer alte Kolumnen nachlesen möchte: Hier sind sie. Die noch fehlenden Ausgaben der letzten Monate stelle ich in den nächsten Tagen online. (Die Abschiedsnummer folgt natürlich erst dann, wenn das Februar-Heft nicht mehr am Kiosk liegt.)

P.S.: Ich möchte nicht versäumen, mich bei meinem kongenialen Illustrator Matthias Hütter für die gute Zusammenarbeit zu bedanken.

Wirtschaftsmagazine, Publikumspresse, Special Interest, Corporate Publishing…

…sind seit langem mein Metier und bleiben es auch in crossmedialen Zeiten. Um Hörfunk und Fernsehen sollen sich die kümmern, die das besser können. Meine monatliche Kolumne mit Lästereien über den technischen Fortschritt ist zwar mittlerweile von den gedruckten Seiten der Technology Review ins Web umgezogen, und ich blogge schon ziemlich lange hier in meiner Wortpresse. Trotz unbestreitbarer Vorzüge des Online-Journalismus schlägt mein Herz immer noch für die Printkultur – und da wiederum reizt mich nicht das hektische (aus Freiberuflersicht auch brotarme) Nachrichtengeschäft. Ich bin & bleibe Spezialist für Zeitschriften, denn ich bin von dieser Mediengattung überzeugt und glaube, dass gut gemachte Magazine — also ein Bruchteil des heutigen Angebots — durchaus eine Zukunft haben, wenn…

…ja, wenn es ihnen denn gelingt, sich aus ihrer übermäßigen Abhängigkeit von Werbeeinnahmen zu lösen und der jeweilige Verlag nicht die Media-Agentin, sondern die Leserin als Königin Kundin betrachtet. (Gender-Disclaimer: Jede Schreibweise steht jeweils für sämtliche realen und gefühlten Geschlechter, und werx meint, Lesx und Kundx sei derdiedas einzig Wahrx, mag es sich vor seinem geistigen Ohr halt so anhören.)

Und worüber schreibe ich? Im Prinzip über alles, was interessant ist, aber es sollte schon irgendetwas mit meinem Motto Das Beste aus Wirtschaft und Technik zu tun haben.

„Wirtschaftsmagazine, Publikumspresse, Special Interest, Corporate Publishing…“ weiterlesen

Das alte Bild der Erde

Irgendwie beruhigend: Google Earth & Co. zeigen nie die wahre Lage im Hier und Jetzt.

Neulich wollte meine Tochter zur Geburtstagsparty einer Freundin in einer Neubausiedlung irgendwo am Rand der Großen Kreisstadt Landsberg. Technikaffin, wie Gymnasiastinnen heute so sind, warf sie ihr Notebook an und rief den Stadtplan der städtischen Website auf. Kaum hatte sie den Straßennamen eingetippt, erschien ein gestochen scharfes Satellitenfoto. Merkwürdig war nur, dass die neue Siedlung darauf exakt so aussah wie die denkmalgeschützte Altstadt – und dass keine Straße den gesuchten Namen trug.

Nun hat man als Chauffeur vom Fahrdienst „Taxi Papa“ seine Erfahrungen mit elektronischen Wegweisern und checkt das lieber noch mal gegen. Und siehe da: Übereinstimmend zeigten Google Earth und Klicktel.de an, dass die Freundin doch nicht im Stadtkern haust, sondern … in einem Bauwagen?

So musste es sein, denn die E-Kartografen hatten die neue Straße, die in der eigenen Stadt noch keiner kannte, zwar schon vektorgrafisch erfasst. In ihrer „Hybrid-Ansicht“ aber er- schien die Fahrbahn nur als Projektion auf einer frisch planierten Kieswüste. In der realen Realität war der Bau der Siedlung freilich schon so lange abgeschlossen, dass in den Gärten alles grünte und blühte. Langsam dämmerte mir, dass die Geo-Informatiker uns Landeier nicht ganz so ernst nehmen wie etwa die Münchner, deren BMW-Welt kurz nach der Einweihung mit frischem Foto in voller Pracht aus der Adlerperspektive zu begoogeln war (Nachtrag: noch mit Baukran). Ich machte die Probe aufs Exempel: Zoom auf Kaufering, unser Stadtdorf mit knapp 10.000 Seelen. Das Haus unserer Bekannten, Anfang 2006 bezogen? Nicht mal eine Baugrube. Das Naturfreibad, 2004 eröffnet? Fehlanzeige. Schwenk zum Sportzentrum, vielleicht entdecke ich ja unseren Bürgermeister beim ersten Spatenstich zur neuen Trainingshalle anno 2001. Aber nein, nichts als grüne Wiese.

Zerstört ist meine Illusion, die Digital-Landkarten der Navis und Routenplaner seien Destillate aus Satellitenfotos. In Wahrheit eilen die Straßendaten dem Bild der Erde um Jahre voraus – was auch erklärt, wieso die Straßen in der Hybridansicht fast immer mitten durch die Vorgärten schnüren. Aber irgendwie ist es auch beruhigend, dass der digitale Globus weiße Flecken hat. Wir von den Datenhamstern Missachteten wissen ja, dass die provinzielle Wüste lebt.

Aus der Technology Review 12/2007, Kolumne FROITZELEIEN