Sack FMCG im asiatischen Netz umgefallen

HB-FMCG

Eine bemerkenswert absurde Überschrift hat sich soeben die Handelsblatt-Online-Redaktion aus den Fingern gesogen: „Asien hängt Europa beim Lebensmittel-Onlinekauf ab“. Das liest sich erstens so, als sei es in irgendeiner Weise ein sinnvolles Ziel für eine Volkswirtschaft, dass die Menschen nicht mehr einkaufen gehen, sondern sich alles vom Postboten liefern lassen, und zweitens so, als gebe es ein Wettrennen europäischer und asiatischer Handelsunternehmen um die Weltmarktführerschaft in der Mini-Mini-Nische des Online-Lebensmittelvertriebs.

Bei genauerem Lesen kommt man dann dahinter, dass in Wirklichkeit gar nicht von Lebensmitteln die Rede ist, sondern von den FMCG, den Fast Moving Consumer Goods, auf gut Altmodisch-Deutsch auch „Güter des täglichen Bedarfs“ genannt (nicht „Dinge“, wie das HB meint). Dazu gehören auch Drogerieartikel wie Seife, Windeln, Waschmittel und Kosmetik, die sich im Gegensatz zu verderblicher und auf eine durchgängige Kühlkette angewiesener Frischware sehr gut im Paket verschicken lassen. Es werden also nicht Äpfel und Birnen in einen Topf geworfen – das ginge ja noch – sondern ungenießbarerweise Äpfel und Nagellackentferner.

Dass in Asien 37 Prozent der Onliner zumindest gelegentlich FMCG im Netz ordern, ist in dieser Oberflächlichkeit – man verzeihe mir die Platitüde, hier passt sie wirklich – so interessant für die Handelsblatt-Leser wie der Sack Reis, der im Befragungsgebiet umfällt.

 

Piratensender Beckedahl

Anfang der Achtziger, vor der Zulassung des Privatrundfunks in Deutschland, gab es so genannte Piratensender. Sie kaperten Funkwellen und wurden von Werbetreibenden finanziert.

Als Piratensender einer neuen Art – nämlich als Haussender von Menschen mit piratistischer Gesinnung – präsentiert sich mehr denn je das Blog des Berliner Unternehmers Markus Beckedahl. Dieses heißt irreführenderweise netzpolitik.org, als handele es sich um eine NGO und nicht um das Hobby eines Mannes mit großem Sendungsbewusstsein, der sich anmaßt, für alle Menschen mit Netzanschluss zu sprechen.

Darüber, dass Beckedahl nicht an einem Diskurs mit anders Denkenden interessiert ist, braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Er hat sich einen Namen gemacht als über jeden Selbstzweifel erhabenes Alphatier. Seine Website ist und bleibt trotz des pseudo-überparteilichen Namens und putziger Spendenaufrufe* ein knallhartes, gelegentlich auch mäßig witziges Propagandainstrument, das gegen alles in Stellung gebracht wird, was nicht des Meisters Vorstellungen entspricht.

Deshalb haben Leute aus seiner Gefolgschaft wie der 34-jährige Nachwuchsprof „Leonido“ Dobusch (ein Doppelabsolvent in Jura und BWL, der sich gerne zu vermeintlichen Urheberrechtsthemen auslässt, dabei aber nichts als vergütungsfreie Nutzerrechte wie ein „Recht auf Remix“ im Sinn hat) Narrenfreiheit in Form eines Schreibzugangs. Im Selbstdarstellungsvideo der Netzpolitik-Crew erklärt Beckedahl, dass er Dobusch & Co. eine Bühne bietet – sprich: Sie erreichen über ihn die Zielgruppe ihrer Botschaften, er füllt mühelos seine Seiten und spart sich das Honorar für den Content.

Inzwischen begnügt sich Monsieur „Netzpolitik c’est moi“ aber nicht mehr damit, nur seine ganz persönlichen Wahrheiten zu verbreiten, die – trotz der Arbeit seiner Kommunikationsagentur newthinking für Gliederungen der Grünen – piratistisch geprägt sind. Er garniert die Seiten auch mit Eigenwerbebannern im Stil von Sixt-Reklame. Die Fotos dürfen aber nichts kosten – wozu gibt es CC-Lizenzen und Quellen wie den Wikimedia-Server?

Der Urheberhinweis wird mal vergessen…NP Ötti

…mal so angebracht, dass man nicht nur als Brillenträger nach der Bildschirmlupe für Sehbehinderte sucht: „Piratensender Beckedahl“ weiterlesen

Netzpolitik und Lobbyismus

Wie ich heute auf Twitter erfuhr, gibt es tatsächlich Leute, die Markus Beckedahl kennen, aber sich wundern, dass er Lobbyist sein soll. Im Netz findet man tatsächlich Hinweise darauf, dass er, der sich (auch) als Autor und Journalist sieht, dieses Etikett als Vorwurf empfindet – vermutlich deshalb, weil es dann schwerer wird, es anderen als Vorwurf anzuhängen.

„Oft wurde mir vorgeworfen ich sei Lobbyist, weil ich für freies Internet und Netzneutralität einstehe. Deshalb wurde mir auch die Akkreditierung für den Bundestag verwehrt.“ Aber nach einigem Geplänkel habe er sie doch bekommen. Beckedahl ist eben einer, der immer einen Weg findet.

Allerdings hat er es oft genug akzeptiert, als solcher einem Publikum vorgestellt zu werden, und er hat sogar schon selbst darüber gesprochen, dass dies einer der Hüte sei, die er abwechselnd trägt. Hier eine kleine Auswahl an Fundstellen. Die jeweilige Quelle ergibt sich aus dem Link im Zitat. „Netzpolitik und Lobbyismus“ weiterlesen

Rechengenies

„Nach ersten Berechnungen der Tester von IHS Technology kostet das 16 GB-Modell des iPhone 6 Plus den Konsumenten 100 Dollar mehr als das iPhone 5s.“

Also schrieb Axel P. vom Handelsblatt. Rechnen wir doch mal nach: Das 6 Plus mit 16 GB kostet vertragsfrei 749 Dollar, das 5S 549 Dollar. Sind das nicht 200 Dollar? Hätte Axel P. vielleicht selbst nachrechnen sollen, statt zu zitieren?

Äh, nein. IHS Technology hat korrekt gerechnet (war ja auch nicht allzu schwer). Das 6 Plus ist 100 Dollar teurer als das kleine Sechser.

Hierauf bezieht sich denn auch der Rest des Absatzes im Handelsblatt:

„Aber die Mehrkosten für Apple belaufen sich nur auf 15,50 Dollar. IHS hat das Smartphone zerlegt und sich die Marktpreise der Einzelteile angeschaut.“

(Nur damit mich keiner missversteht: Ein Journalist kann natürlich mal Fehler machen. Aber es muss jemanden geben, der so einen Unsinn bemerkt, bevor der Content online geht. Wegen so etwas hat unsereiner dann wieder Argumentationsnöte gegenüber Lesern, für die „Qualitätszeitung“ längst ein Spottwort ist.)

Anonymer Discounter

Das Handelsblatt quält seine Online-Leser wieder mal mit einem Ranking, das man nicht auf einen Blick anschauen kann, sondern auf zehn Klicks. Klick Nummer vier hat sich nicht gelohnt: Die viertgrößte Discount-Kette der Welt hat fürs Handelsblatt keinen Namen (sie heißt Dollar General). Klar ist aber immerhin: Walmart ist kein Discounter mehr.
Handelsrateblatt