SZ verschenkt Medienseite

„Auch diese Themenseite wird wieder ganz sinnlos sein.“

Wunderbar wahrer Einstiegssatz des Beitrags „Im Land der verseuchten Begriffe“ von Tobias Kniebe auf der heutigen Medienseite der Süddeutschen Zeitung.

SZ-Medienredakteur Christopher Keil hatte sich in den Kopf gesetzt, mittels fünf Texten – verfasst von ihm selbst, dem Kollegen Kniebe, Heyse-Tochter Katharina Riehl, Martin Zips und Roger Willemsen – zu ergründen, warum das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht besser ist. Dabei hat er lediglich gezeigt, wie unterschiedlich die Erwartungen an das Fernsehen sind. Die Autoren sind sich selbst nicht darin einig, was Qualität, Kultur und Unterhaltung überhaupt sind. Ergebnis: Eine ganze Zeitungsseite ohne neue Erkenntnis, ohne Perspektive, ohne Sinn.

Ausgeplünderte Journalisten

Die Arbeitskraft von Journalisten und ihren Techniker-Kollegen wird heute in einer Weise ausgeplündert wie nie zuvor. … Ich sehe mit Schrecken die Meldungen von den Ausdünnungen der Redaktionen. Ich sehe aber nirgendwo, dass unter den Spitzenkräften unserer eigenen Profession und des Medien-Managements Solidarität gezeigt wird, um unseren für die Demokratie so wichtigen Berufsstand zu retten. Ich sehe mit Zorn, welche Einkommensgrößen in den führenden Positionen der Medienkonzerne erreicht werden, während zugleich die Redakteure mehr und mehr schuften müssen und die Honorare gesenkt wurden. Das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die von Steuergeldern gefüttert werden und sich unglaubliche technische und administrative Apparate leisten – aber an den Honoraren für junge und freie Journalisten sparen. Das darf man sich einfach nicht gefallen lassen.“

Klaus Harpprecht im Medium Magazin (Interview: Annette Milz)

via Ralf Gruber / Google+

Lanz zum Brechen

Es gibt keinen Grund, für Jürgen Fliege eine Lanze zu brechen. Der auf seltsame Abwege geratene Pfarrer ist auch bei mir unten durch. Gäbe es in der evangelischen Kirche eine Exkommunikation, hätte er sich dafür qualifiziert.

Die Art und Weise, wie Markus Lanz gestern abend mit diesem komischen Heiligen umgesprungen ist, war allerdings – man kann es nicht milder ausdrücken – zum Kotzen. Hart, aber unfair. Der Mann mit der offiziellen Jobbeschreibung „Moderator“ bremste die Staatsanwältin von eigenen Gnaden Jutta Ditfurth nicht nur nicht, er gab den Nebenkläger und verweigerte dem Angeklagten jedes rechtliche Gehör. Ditfurth durfte genüsslich ihre gesamte Munition verballern, Lanz war sich nicht zu schade, den Büchsenspanner zu geben. Wenn Fliege auch nur dazu ansetzte, sich selbst um Kopf und Kragen zu schwadronieren, kam er kaum zu Wort.

Schade, sehr schade, ein Armutszeugnis fürs ZDF. Hätte die Sendung einen Moderator gehabt, so hätte der freundlich, aber bestimmt dafür gesorgt, dass Fliege Ditfurths Funktion – nämlich Fliege auf Dauer unmöglich zu machen – selbst übernimmt. Auch Ditfurth hätte er damit einen Gefallen getan, denn sie wäre weniger penetrant-selbstgefällig rübergekommen und hätte ihr eigenes Anliegen nicht beschädigt, einen mutmaßlichen Scharlatan bloßzustellen.

So blieben Zweifel, ob Fliege wirklich der böse Geschäftemacher ist oder ob er nicht vielleicht doch selbst glaubt, was er erzählt. Das wäre tragisch, aber wenn es denn so wäre, hätte eine öffentlich-rechtliche Anstalt ihn vor sich selbst schützen müssen. Lanz hat etwas getan, was gar nicht geht – gerade vor dem Hintergrund, dass er der Nachfolger des Eva-Herman-Anklägers Johannes Baptist Kerner ist: Statt Fliege ganz gelassen selbst ins offene Messer rennen zu lassen, hat er es ihm in den Leib gerammt. Fliege ertrug die Attacken wie einer, der gewohnt ist, die andere Backe hinzuhalten. So hat Lanz notorischen Fliege-Fans keine Chance gelassen, sich ihre eigene Meinung zu bilden, sondern ihr Mitleid mit dem armen Opfer provoziert.

Hätte ihr Idol nur ein, zwei mal wirklich ausreden dürfen, wäre ihnen selbst die Erkenntnis gekommen, wie dumm sie waren, auf einen Kerl hereinzufallen, der so redet, als hielte er sich für einen modernen Jesus, dabei aber so benimmt wie die Händler, die Jesus aus dem Tempel verjagt hat.

Content-Allianz ohne Autoren

Die Politik müsse den Wert medialer Inhalte erkennen, fordert laut Kress die Deutsche Content Allianz, ein Bündnis aus VPRT, ARD, ZDF, BVMI, GEMA, SPIO, Produzentenallianz und Börsenverein. In einer gemeinsamen Erklärung ist auch von „Urheber- und Leistungsschutzrechten“ die Rede. Wenn ich die GEMA mal ausklammere, weil sie Komponisten und Texter als Mitglieder hat, sehe ich in diesem Club weit und breit keine Mitgliedsorganisation, die für sich in Anspruch nehmen könnte, die Interessen der Kreativen und insbesondere der Journalisten zu vertreten. Der DJV-Bundesvorstand sowie die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sind zwar wohl gefragt worden, ob sie mitmachen; die Gremien haben aber noch nicht entschieden. Die VG Wort ist nicht einmal gefragt worden. Dennoch gehen die Initiatoren schon an die Öffentlichkeit und reden in unserem Namen. Diese Abgehobenheit nehme ich Monika Piel, Markus Schächter und Jürgen Doetz wirklich übel. Sie wissen eigentlich um die Bedeutung der Urheber.

2DF duldet keine überzogene Satire

Das 2te Deutsche Fernsehen, kurz 2DF, ist eine erstaunlicher Sender. Chefredakteure müssen dem Ministerpräsidenten des benachbarten Bundeslandes Hessen gefallen, Satiriker dürfen sich aber in der Anstalt hemmungslos austoben und sogar eine Marx-Büste herzeigen.

Das einzige, was Satire in Mainz nicht darf, ist überziehen. Deshalb schaut Urban Priol gegen Ende der Sendung immer hektisch zur Uhr, um dann in hechelndem Dieter-Thomas-Heck-Sprechtempo in letzter Sekunde fertig zu werden, bevor die gnadenlose Regie auf den Abschaltknopf drückt und das wirklich Wichtige on air geht: Programmhinweise.

Oliver Welke hat es gestern abend nicht ganz geschafft. Der Anchorman der Heute-Show hatte anstelle seines üblichen Sidekicks Christian Ehring den schandmäuligen Ober-Bayern Michael Mittermeier am Tisch, „2DF duldet keine überzogene Satire“ weiterlesen