Journalisten sind das Letzte…

…für manche Leserbriefschreiber, die dank der Erfindung des zeitungseigenen Onlineforums jetzt endlich anonym ihr Gift verspritzen können.

Beim "Standard" in Wien tobt sich eine dieser feigen Intelligenzbestien unter dem ach so lustigen Nickname "Papst Benedikt" aus. Was er durch die Wahl dieses Anonyms – als Pseudonym kann man es ja nicht bezeichnen, wenn jemand sich den Namen einer bekannten Persönlichkeit überstülpt – ausdrücken will, erschließt sich zwar nicht. Auf jeden Fall bedarf es einer gehörigen Portion Nächstenliebe, diesen komischen Heiligen zu ertragen. Wenn er meint, was er sagt (und andere echoen), dann gehört für ihn der hauptberufliche Journalismus nicht verbessert, sondern wegen seiner manipulativen Schandtaten sofort komplett abgeschafft und durch hehren, objektiven, kostenlosen und überhaupt viel besseren Bürgerjournalismus ersetzt.

Würde sein Wunsch erfüllt, hätte dieser Troll allerdings kein Forum mehr, auf dem er diese freie Meinungsäußerung einem nennenswerten Publikum darbieten könnte. Er und seine Gesinnungsfreunde haben bislang auch jeden Hinweis darauf ignoriert, dass die heutige Möglichkeit, sich im Internet kostenlos über das Geschehen auf der Welt zu informieren, nicht den Bloggern zu verdanken ist.

Als Instrument, den Diskurs zu einem ganz bestimmten Thema zu verfolgen, sind Blogs sicherlich wertvoll, wenn man denn weiß, aus welcher Richtung die Informationen kommen, mit welchen Interessen sie also verknüpft sind.

Würden die verhassten Massenmedien ihre Arbeit einstellen, worauf es diese Leute ja anlegen, wäre aber sehr schnell Schluss mit dem schnellen Nachrichtenüberblick. Nicht nur Google News hätte nichts mehr zu melden, auch den Bloggern ginge ein Großteil ihres Stoffs aus.

Wenn das WWW heute ein Push-Medium ist, das in der Tradition von Zeitung und Rundfunk auch Nachrichten über relevante Themen verbreitet, nach denen niemand von sich aus suchen würde, dann nur deshalb, weil Journalisten in Verlagen sich die Arbeit machen. An sich ist das Web nämlich ein Pull-Medium, das nur herausgibt, was man aktiv sucht. Streicht man die Journalisten aus dem Spiel, bleiben nur PR und Werbung.

Dann wird alles, was man im Web findet, ohne danach aktiv gesucht zu haben, Reklame sein – oder Verschwörungstheorien.

Womit wir bei der Frage wären, welche Verschwörer hinter solchen Anti-Journalismus-Kampagnen stehen. 😉 Und warum viele Tageszeitungschefredakteure tatsächlich so dumm sind, wie diese Trolle behaupten: In der gedruckten Zeitung hätten sie nie zugelassen, dass ein ihnen unbekannter Angreifer auf Verlagskosten geschäftsschädigende Äußerungen verbreitet, die übler und wirksamer sind als jede frei erlogene Gegendarstellung. Kaufmännisch und journalistisch konsequent wäre es, solche Leute an die Anzeigenabteilung zu verweisen. Das bringt zum einen Geld, zum anderen kennt man dann den Namen des Trolls.

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