Stadler und die Raubmandanten

In Freising sitzt und bloggt ein Rechtsanwalt namens Thomas Stadler, der sich rühmt, er sei ein Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Wenn man liest, was diese Zierde des juristischen Berufsstandes so alles mit Fleiß verzapft, bekommt man freilich den Eindruck, Stadler sei ein Fachanwalt gegen Urheberrecht. So fordert er mit gespielt wirkender Entrüstung eine „Entideologisierung der Debatte“ und eine „sprachliche Abrüstung“. Im gleichen Atemzug gibt er sich aber selbst als Ideologe zu erkennen, der nicht nur mit einiger Verve Positionen verficht, die man aus dem piratistischen Lager sattsam kennt, sondern dabei sogar das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verhöhnt:

„Erschreckend ist für mich zunächst, dass sich intelligente Menschen wie Elke Heidenreich, Roger Willemsen, Martin Walser oder Charlotte Roche – um nur einige der Erstunterzeichner zu nennen – in einer derart plumpen und ideologisierten Art und Weise in die Urheberrechtsdebatte einmischen.“

Kürzt man die heuchlerische Kampfrhetorik und Nebensächliches weg, schreibt Stadler eigentlich zweierlei:

Erstens: „Mist, ich hatte nur mit Dummköpfen gerechnet.“

Zweitens: „Da mischen sich doch tatsächlich Urheber in die Urheberrechtsdebatte ein!“

Und so etwas geht natürlich gar nicht: dass wir Frösche mitquaken, wenn unser Sumpf trockengelegt* werden soll.

* Urheberrechtshinweis: Ob diese Metapher von Franz Josef Strauß persönlich stammt oder das Werk eines Redenschreibers war, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Als gäbe es keinen Art. 5 GG, spricht der Anwaltsliebling der entrechteten und geknechteten Downloader- und Sharer-Community uns Urhebern sodann das Recht ab, von geistigem Eigentum zu sprechen, indem er es zur „juristischen Fiktion“ erklärt, und verweist vorsorglich noch auf Art. 14 Abs. 2 GG, der das geistige Eigentum – gäbe es dieses denn vielleicht doch – einer „besonders stark ausgeprägten“ Sozialpflicht unterwerfe.

Die unter berufsethischen und standesrechtlichen Aspekten ausgesprochen fragwürdige Anbiederung des Juristen an potenzielle Mandanten bedient sich der fadenscheinigen, bei Piratisten freilich sehr beliebten Methode der Ausgrenzung erfolgreicher Urheber:

„Erstaunlich ist ferner, dass der Aufruf vorwiegend von Schriftstellern und Autoren unterzeichnet worden ist und damit von einer Gruppe, die von Urheberrechtsverletzungen im Internet im Vergleich zu Musikern eher wenig betroffen ist.“

Das Muster ist hinlänglich bekannt von der Hetze gegen die Tatort-Drehbuchautoren. Wann immer prominente und mutmaßlich gut verdienende Urheber das Wort ergreifen, wird ihnen unterstellt, dass sie dies nicht aus Solidarität mit ihren wirtschaftlichen schwächeren Kollegen täten, sondern aus Angst um ihre Pfründen oder weil sie sich vor der „Contentmafia“ (dieses Wort gebraucht Herr Stadler nicht) prostituierten. Jede genre-übergreifende Solidarisierung von Künstlern und Journalisten birgt inzwischen ein großes Shitstorm- und Mailbomb-Risiko. Auch wenn Thomas Stadler sich im Vergleich zu den Trollen aus der Pseudonymisten-Szene ziemlich gemäßigt ausdrückt, bestärkt er die selbstgefälligen Selbstbediener in ihrem Hass gegen die Urheber. 

Dafür servierte ihm ein Blog-Kommentator namens „Jonas, der letzte Defekt“ nun eine grandiose Replik:

„Ich glaube auch nicht, dass Herr Stadler so glücklich wäre, wenn ihm in Zukunft seine Mandanten die Bezahlung verweigern, mit der Begründung, sie hätten zwar seine Erfahrung, sein Wissen und sein Handeln in Anspruch genommen, aber ihm nicht weggenommen. Denn das hätte er ja immer noch, insofern sei ihm kein Schaden entstanden wie bei einem Raub.“

Das Konzept des Raubmandanten hat was. Das könnte superschlauen Advokaten, die als geistige Trittbrettfahrer des gesellschaftlichen Trends zur Urheberenteignung Honorare scheffeln, an der empfindlichsten Stelle treffen.

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3 Antworten auf „Stadler und die Raubmandanten“

  1. Ach, der Stadler ist eigentlich einer der Guten, der vor vielen Jahren schon bei Freedom for Links mithalf.

    Daß er sich mal vergaloppieren kann, ist menschlich und mir immer noch lieber, als er wäre ein Abmahnanwalt, der irgendwelchen bei Tauschbörsen eingestellten Musikschrott abkassiert, den außer geschenkt auch niemand nehmen würde.

    Daß auch Autoren beklaut werden und nicht nur Musiker, zählt halt bislang leider nicht zum Allgemeinwissen, schert auch Verlage wenig (wenn eine PR-Meldungen verschickende Agentur meine Texte bei Heise klaut, ist Heise das schietegal, wenn ich aber eine PR-Meldung dieser Agentur verwende, ist das „Plagiarismus“ – wie willste da erwarten, daß das irgendwer noch richtig auf die Reihe bringt?!?) und die VG Wort sollte unbedingt PR-Arbeit machen, um der Allgemeinheit ihren Zweck und den Unterschied zu GEZ und GEMA klar zu machen, und auch, daß bei ihr eben die „Kleinen“ auch was bekommen und nicht nur die „Großen“.

    (Da fehlt jetzt ein Artikel von Jo auf Netpolitik…)

      1. Du mußt bedenken, es handelt sich hier um einen Anwalt…

        Was bei unsereins total kalkuliert und herzlos erscheinen würde, ist bei Juristen im Dienst noch „menschlich“ und „nicht richtig nachgedacht“.

        Herr Yogeshwar hat mal die Juristerei neben der Mathematik als Idealberuf für Autisten dargestellt.

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