Covid-19: Was wir über „Corona“ wissen und was nicht

Klopapier gibt’s wieder, sogar meine Marke. Hefe liegt auch wieder im Kühlschrank. Nur Hirn ist offenbar aus. Zumindest hat der Herr schon lange keines mehr vom Himmel geworfen. Wenn aber schon der liebe Gott mit Lieferengpässen zu kämpfen hat, müssen wir hier unten improvisieren und unseren Grips anstrengen. Dazu braucht man einen Überblick über Fakten und Fakes. Deshalb sortiere ich hier mal das, was im Netz und in den Medien über die Covi-Seuche 19 an Informationen, Halbwissen und gezielten Desimpformationen* grassiert.

Wie überträgt sich das Virus SARS-CoV2?

Was wir wissen: Der Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion. Tröpfchen, die Viren enthalten können, verlassen unseren Mund und unsere Nase nicht nur beim Niesen (da sieht man sie zum Teil sogar) und beim Husten, sondern auch beim Sprechen, beim Singen und sogar beim ganz normalen Ausatmen. Die Größe der Tröpfchen ist jedoch sehr unterschiedlich. Sehr kleine Tröpfchen, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann, halten sich länger in der Luft, bilden also eine Art dünnen Nebel, während dickere Tröpfchen quasi abregnen. Sie fallen zu Boden, so dass die Gefahr gebannt ist, sie einzuatmen. Man sollte sich dann aber, salopp gesagt, noch mehr als sonst davor hüten, auf die Schnauze zu fallen. Denn solange die Viren feucht sind, ist davon auszugehen, dass sie noch aktiv sind. Schmierinfektionen sind aber nach allem, was man weiß, eher die Ausnahme. Klar ist, dass man sich nicht ins Gesicht fassen sollte, wenn man einen Türgriff oder den Griff eines Einkaufswagens angefasst hat. Erst mal Hände mit Seife waschen (s.u.)!

Was wir nicht wissen: Es gibt noch keine verlässlichen Informationen dazu, welche quantitative Rolle die nebelartigen Kleinsttröpfchen spielen. Da es ernst zu nehmende Hinweise darauf gibt, dass ihre Bedeutung bisher unterschätzt wurde, ist dieses Nichtwissen ein Grund zur Vorsicht. Auch die Forschung zur Bedeutung von Schmierübertragungen ist nicht abgeschlossen.

Spielt es eine Rolle, ob ich mich im Freien oder in geschlossenen Räumen aufhalte?

Was wir wissen: Im Prinzip ja. Wie bei allen Tröpfcheninfektionen spielt die Physik eine wichtige Rolle. Eine hohe Luftzirkulation verteilt die Cluster an Wassermolekülen, die die Körpersekrete und mit ihnen die Erreger transportieren, recht schnell in einer größeren Menge Luft. Die Konzentration nimmt ab. Gleichzeitig gilt, dass warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte. Damit ist sie aufnahmefähiger für Coronaviren, die ja huckepack auf Wasserpartikeln von Mensch zu Mensch fliegen. In kalter Luft schlägt sich Wasser relativ rasch nieder. Demnach ist in engen, schlecht belüfteten und warmen Räumen, in denen die Luft „steht“, die Wahrscheinlichkeit höher, Viren einzuatmen, als „an der frischen Luft“. Deshalb raten Experten dazu, vorsorglich alle Räume, in denen verschiedene Menschen (auch solche mit Gesichtsmaske) sich begegnen, so gut bzw. so oft wie möglich zu lüften.

Was wir nicht wissen: Es gibt keine gesicherten empirischen Erkenntnisse zur Mindestzahl an Viren, die man einatmen müsste, um sich anzustecken. Genausowenig kann man bislang ausschließen, sich im Freien anzustecken.

Ist man bei einem Abstand von 1,50 Metern hinreichend geschützt?

Was wir wissen: Es wurde untersucht, wie schnell und wie weit sich ausgeatmete, ausgenieste, ausgehustete oder ausgebrüllte Tröpfchen in geschlossenen Räumen mit und ohne Mundschutz verteilen. Daraus sind die Empfehlungen abgeleitet. Das ist aber eher so zu verstehen, dass kürzere Abstände das Risiko erheblich steigern, und nicht, dass alles darüber risikolos wäre.

Was wir nicht wissen: Es lässt sich auf Grund der großen Zahl mathematischer Unbekannter nicht vorhersagen, wie sich Tröpfchen im Freien verhalten, und es lässt sich auch nicht exemplarisch in einer Weise messen, dass sich daraus Verhaltensregeln ableiten ließen. Deshalb lässt sich nicht völlig ausschließen, dass bei der Begegnung zweier Jogger im Freien im Abstand von 1,50 Metern ebensoviele Viren den Wirt wechseln wie in einem Raum oder dass eine Windböe eine von Jogger A ausgestoßene Virenwolke Jogger B ins Gesicht pustet, während dieser gerade tief einatmet.

Wie sieht es mit größeren Menschenansammlungen im Freien aus?

Was wir wissen: Wenig. Die bisher bekannten Fälle von Ansteckungen vieler Teilnehmer einer Veranstaltung betrafen jedoch Zusammentreffen in geschlossenen Räumen.

Was wir nicht wissen: Wie sich die möglicherweise virengeschwängerte Luft auf den Rängen eine Fußballstadions verteilen würde, hängt von zu vielen Faktoren ab, als dass sich dies sinnvoll simulieren ließe. Nimmt man an, dass nicht nur ein stiller Überträger im Publikum sitzt, wäre denkbar, dass die Viren genauso anderen Menschen ins Gesicht geweht würde wie der Rauch von Zigaretten. Was das heißt, kann man sich vorstellen, wenn man sich daran erinnert, wie es beim letzten Verlassen eines Wirtshauses war, vor dessen Tür sich die Süchtigen versammelt hatten.

Sind die Auflagen für Sport im Freien sinnvoll?

Was wir wissen: Entscheidend ist die Möglichkeit, anderen Personen aus dem Weg zu gehen. Bei Mannschaftssportarten wie Fußball oder Handball ist dies schwierig bis unmöglich. Golf hingegen böte eigentlich reichlich Raum, jeden geforderten Mindestabstand einzuhalten. Dies spricht dafür, bei künftigen Allgemeinverfügungen für unterschiedliche Sportarten differenzierte Vorgaben zu erlassen.

Was wir nicht wissen: Das Übertragungsrisiko bei Wassersportarten, wobei insbesondere Schwimmen interessant wäre, müsste noch untersucht werden. Eine Frage wäre, ob gechlortes Wasser – Standard-Prophylaxe gegen Infektionen – die Viren (schnell genug) tötet oder ob schon die Verdünnung des Speichels in einem großen Bassin genügt, die Konzentration auf ein ungefährliches Maß zu senken. Da man nicht mit Mund-Nasen-Schutz schwimmen kann, müsste auf jeden Fall noch geklärt werden, wie ein Bademeister die Einhaltung des Mindestabstands sicherstellen könnte. Zu prüfen wäre, ob man selektiv Pubertierenden und jungen Männern aufgrund des gruppentypischen Verhaltens den Zutritt zu Freibädern verweigern kann.

Hilft Händewaschen oder müssen wir Desinfektionsmittel benutzen?

Was wir wissen: Nicht jedes Desinfektionsmittel wirkt gegen Coronaviren. Da Covid-19 hauptsächlich über Tröpfchen übertragen wird, ist Desinfektion – also ein gegen Schmierinfektionen gerichtetes Verfahren – im Alltag nicht das Dringendste. Es spricht aber nichts dagegen, Türgriffe oder Griffe von Einkaufswagen zu desinfizieren. Hingegen empfehlen alle Experten unisono, sich die Hände gründlich mit Seife zu waschen. Ob das Wasser warm ist, spielt übrigens keine Rolle: Kein thermisches Sterilisierungsverfahren arbeitet mit Temperaturen unter 70 Grad Celsius, ganz sicher ist man erst beim Abkochen. Bei 70 bis 100 Grad möchten nicht einmal Saunafans ihre Hände waschen. Ärzte haben genug zu tun, sie brauchen keine Patienten mit Verbrühungen an den Fingern.

Was wir nicht wissen: Wir wissen nicht, wie relevant Schmierinfektionen in der Praxis sind (s.o.)

Ist das Tragen von Handschuhen sinnvoll?

Was wir wissen: Handschuhe geben ihren Trägern ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Latex-Einmalhandschuhe sind bei falscher Handhabung sogar sinnlos bis gefährlich, denn ihre Oberfläche bindet keine Keime, sondern wirkt eher wie ein Pinsel: Ausgehustete Tröpfchen können so von einer Oberfläche gewischt und auf den nächsten angefassten Gegenstand übertragen werden. Eine Gefahrenquelle ist das Ausziehen, denn dabei muss man oft etwas nachhelfen, indem man mit dem noch behandschuhten Finger der einen Hand unter die Krempe des anderen greift. Und schon sitzen die Keime auf der Haut am Handgelenk. Manche Träger vergessen zudem, dass sie Handschuhe anhaben, und fassen sich mit der Hand ins Gesicht. Das wäre sogar mit nackten Händen weniger riskant, da Schmutz und Schmiere auf rauher Haut besser haften als auf glattem Latex. Hinzu kommt, dass in Tests herauskam, dass selbst für Kliniken zugelassene Latexhandschuhe oft nicht dicht sind. Bedenkt man, dass in den Handschuhen bei stundenlangem Tragen ein keimfreundliches Klima entsteht, erscheint die Praxis vieler Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien und Metzgereien zumindest fragwürdig. Der Nutzen des Händewaschens dagegen ist sicher.

Was wir nicht wissen: Ob die Nachteile nicht die Vorteile überwiegen und das Tragen in der Gesamtabwägung kontraproduktiv ist. Zumindest müsste untersucht werden, wie man die beruflichen Nutzer von Handschuhen so schulen könnte, dass sie sie sinnvoll verwenden.

Wann wird es eine Impfung geben – und hilft das wirklich?

Was wir wissen: Gegen Viruserkrankungen wie Covid-19 kann man sich grundsätzlich mit einer Impfung schützen. Impfstoffe sind in der Entwicklung. Allerdings müssen sie erst noch klinisch getestet und zugelassen werden. Ob die Tests erfolgreich verlaufen, werden wir in ein paar Monaten wissen. Die Zulassung wird auch bei einem beschleunigten Verfahren Wochen dauern, so dass es unrealistisch ist, noch 2020 eine Massenproduktion zu erwarten. Immerhin braucht man bei einer Pandemie mit einer so breiten Risikogruppe mehrere Hundert Millionen Impfstoffdosen allein für die am stärksten gefährdeten Personen – und für eine echte Massenimpfung Milliarden davon. Bis also auch nur rein logistisch eine „Herdenimmunität“ durch das Impfen von 70 bis 90 Prozent der Bevölkerung erreicht sein kann, dürfte mindestens ein Jahr vergehen.

Was wir nicht wissen: Niemand weiß bisher, ob eine dauerhafte Immunität aufgebaut werden kann. Normale Erkältungen werden zum Teil von Viren derselben Klasse verursacht; SARS-CoV2 ist ja nur eines von vielen Corona-Viren. Bekanntlich kann jemand, der sich schon mal erkältet hatte, jederzeit wieder eine Erkältung bekommen. Da der Arzt aber bei harmlosen Erkältungen nicht untersucht, welches Virus der Auslöser war, gibt es kein Datenmaterial dazu. Forscher müssen sich daher erstmals intensiv mit der Fragen befassen, unter welchen Voraussetzungen sich bei einem konkreten Corona-Virus Immunitäten herausbilden – und ob dies mit dem Krankheitsverlauf zusammenhängt, der in diesem Fall ja extrem unterschiedlich sein kann.

Welche Rolle spielen die Pharma-Industrie, die WHO und Bill Gates?

Was wir wissen: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die eigentlich von den UN-Mitgliedsstaaten finanziert werden müsste, erhält tatsächlich beträchtliche Drittmittel von der Bill & Melinda Gates Foundation. Ein wesentlicher Stiftungszweck ist die Ausrottung von Infektionskrankheiten insbesondere in ärmeren Ländern. Die Gates-Stiftung stopft somit Löcher, die von Staaten wie den USA gerissen wurden, die derzeit ihren Mitgliedsbeitrag gar nicht mehr überweisen. Um diesen Faktenkern herum haben Impfgegner und Erfinder von Verschwörungstheorien (zwei weitgehend deckungsgleiche Gruppen) Gerüchte gewoben, wonach Gates und die Pharmaindustrie ein geschäftliches Interesse an der Pandemie hätten und die WHO mit ihnen unter einer Decke stecke. Deutsche, die sich besonders hervortun beim Verbreiten solcher Gerüchte, sind zum Beispiel der sich als Fachjournalist ausgebende Molkereimeister und Aktivist Hans Tolzin sowie der Kauferinger Homöoparzt ohne Kassenzulassung Rolf Kron. Wie bei den meisten Verschwörungstheorien fehlt es freilich an einer schlüssigen Begründung, warum etwas an der Behauptung dran sein sollte. Selbst jemand mit der kriminellen Energie eines James-Bond-Filmbösewichts würde keinen Erreger in die Welt setzen, solange es noch gar nicht den Impfstoff gäbe, mit dem er sich dann dumm und dämlich verdienen könnte. Wir wissen auch, dass Bill Gates kein Bösewicht dieser Sorte ist. Er war schon vor vielen Jahren so reich, dass er nicht mehr wusste, wohin mit seinem ganzen Geld. Er gibt seither ziemlich viel davon für Impfungen aus. Nicht einmal die linksextremsten Klassenkämpfer unterstellen ihm, er wolle sich an der Seuche bereichern. Sie beklagen höchstens aus prinzipiellen Gründen die finanzielle Abhängigkeit der WHO von seinem Geld. Denn dass er so reich werden konnte, dass sogar UN-Organisationen ihn anbetteln müssen, kann ja nur bedeuten, dass er es geschafft hat, Jahrzehntelang zuwenig Steuern zu bezahlen.

Was wir nicht wissen: Wir wissen nicht mit Gewissheit, wer sich den ganzen Unsinn ausdenkt. Ein Pulitzerpreis-gekrönter US-Journalist hat aber neulich Indizien dafür gefunden, dass Profi-Trolle aus dem Umfeld von Vladimir Putin sowie dessen unter Staatskontrolle stehendes Medienkonglomerat involviert sind. Dies ist insoweit bemerkenswert, als Putin im eigenen Land nicht als Impfgegner bekannt ist, ganz im Gegenteil.

Ist die Kritik an den Medien berechtigt? 

Was wir wissen: Zeitungen und Rundfunkanstalten wurden zuletzt nicht nur von Bürgern kritisiert, denen die Berichterstattung über die Pandemie zu regierungsnah erschien, sondern auch von mehreren Kommunikationswissenschaftlern. Tatsächlich fanden aber in den Medien durchaus unterschiedliche Sichtweisen ihren Platz, auch solche, nach denen das Grundrecht auf Körperliche Unversehrtheit (sprich: staatlichen Schutz vor tödlicher Bedrohung) zurückstehen müsse hinter dem Recht auf Bewegungsfreiheit und ungehindertes Geldverdienen. Die Behauptung, die „Mainstream-Medien“ seien faktisch gleichgeschaltet, hält also – wie sonst auch – einer näheren Betrachtung nicht stand.

Fakt ist aber zugleich, dass die Qualität der Berichterstattung sehr starkt abhängt von der naturwissenschaftlichen Kompetenz der Berichterstatter und – damit korrelierend – ihrer Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen. Hier ist anzumerken, dass die Frage durchaus legitim und diskussionswürdig ist, ob Ministerpräsidenten wie Armin Laschet und Markus Söder sich ausschließlich von der Sorge um die Gesundheit der Menschen leiten lassen oder ob im Fall von Laschet persönliche Ambitionen den Ausschlag dafür geben, ein größeres Risiko einzugehen. Defizite gibt es auf jeden Fall bei der Einordnung von Statistiken, wie sie das RKI oder die Johns-Hopkins-Universität auf ihren Websites führen. Journalisten berufen sich regelmäßig auf diese Quellen, ohne zu berücksichtigen, dass die Erhebung der Daten keiner einheitlichen Systematik folgt, so dass die Zahlen aus unterschiedlichen Ländern nur mit starken Einschränkungen vergleichbar sind.

Zudem lässt sich mittlerweile anhand von Leserkommentaren feststellen, dass der Journalismus als ganzer noch keine Lösung für das Problem der Selektiven Wahrnehmung und des Confirmation Bias gefunden hat. Viele Rezipienten (Leser, Hörer und Zuschauer) picken sich gerne das heraus, was ihnen am besten gefällt und am wenigsten Veränderungsbereitschaft abverlangt. Dies lässt sich beispielhaft an der hohen Zustimmung erkennen, die Hendrik Streeck mit seinen eher optimistischen Einschätzungen erfährt, während die regelmäßig unbequemeren Äußerungen von Christian Drosten oft Abwehrreflexe auslösen. Die Tatsache, dass einige Medien ihren jeweiligen Lieblingsvirologen pflegen, stützt den Vorwurf, dass auch Journalisten sich manchmal von Bauchgefühlen oder gar von positiver oder negativer Resonanz bei der Zielgruppe leiten lassen.

Was wir nicht wissen: Eine Menge. Seriöse Journalisten geben zu, dass sie genau wie die Politiker nicht wissen können, welche Experten das Risiko eher über- oder unterschätzen. Im Zweifelsfall wissen aber erfahrene Wissenschaftsjournalisten besser mit Forschungsergebnissen und akademischen Diskursen umzugehen als Allrounder aus der Politik-, Nachrichten- oder Wirtschaftsredaktion. Rivalitäten zwischen unseren Berufssparten sind kontraproduktiv: Wenn wir Wirtschaftsjournalisten nur auf die ökonomischen Folgen eines Lockdowns schielen, aber nicht verstehen, was exponentielles Wachstum bei einer erst halb erforschten Viruserkrankung bedeutet, machen wir unseren Job nicht richtig. Unsere Wissenslücken schließen wir am besten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit anstelle von Ressortdenken.

Ergänzung 27. April: 

Wie soll das mit den Masken klappen – etwa bei Allergikern?

Was wir wissen: Wirklich in beiden Richtungen dicht sind nur die professionellen klinischen Virenschutz-Masken des Typs FFP3, die knapp und deshalb dem Fachpersonal (Ärzte, Pflegepersonal, Rettungskräfte) vorbehalten sind. So eine hätte ich gerne, weil sie mich sogar vor Pollen schützen würde. Alles andere bietet nur einen eingeschränkten Fremd- und Eigenschutz, dessen Umfang von den Materialeigenschaften, von der Passform und von der mehr oder weniger sachgerechten Anwendung abhängt. So bremst ein geeigneter Stoff (dicht und saugfähig) dickere Tröpfchen, die wir sonst aufgrund unserer feuchten Aussprache in Richung unserer Gesprächspartner emittieren würden. Der Druck, mit dem wir sie herausschleudern, dürfte zumindest zu gering sein, um nicht nur unsere eigene Maske zu durchdringen, sondern auch noch die einer Person in einer Entfernung von 1,5 Metern. Wenn alle Menschen, die einander begegnen, damit ausgestattet sind, addieren sich die begrenzten Schutzwirkungen, so dass sich die seit heute geltende Maskenpflicht gewiss auf das Argument „besser als nichts“ stützen kann.

Was wir nicht wissen: Erstens, welchen Anteil die Masken an den Eindämmungserfolgen jener Länder hatten, die früh rigorose Maßnahmen ergriffen hatten. Zweitens, wie wir mit den gekauften oder selbstgenähten Masken im Alltag umgehen sollen. Zu diesem Thema gab es heute morgen auf Bayern 2 ein Interview, dessen Fazit man mit „leichter gesagt als getan“ zusammenfassen kann. Im Prinzip läuft es auch hier wieder auf das Kernproblem hinaus, dass das Wissen über die Ansteckungswege lückenhaft ist. Entscheidend ist die Frage, welche Gefahr von den Aerosolen (also dem unsichtbaren Dampf aus unserem Atem) ausgeht und von den Niederschlägen auf glatten und saugfähigen Oberflächen – und dies noch kombiniert mit dem Unterdruck, den wir beim Atmen unter der Maske erzeugen. Saugen wir die Luft wirklich so stark ein, dass sich dabei kontaminierte Wasserpartikel von der Außenseite der Maske lösen und durch den Stoff hindurch in unseren Atemwege gelangen? Oder was passiert, wenn die Maske mit der Zeit so feucht wird, dass wir den außen haften gebliebenen Virenschnodder, den andere Leute ausgeatmet haben, an die Finger bekommen, sobald wir den Mundnasenschutz absetzen? 

Von diesen Faktoren hängt zumindest indirekt ab, welche Verhaltensweisen der Maskenträger bedenklich sind und welche eher nicht. Wie der Arbeitsmediziner im Radio so richtig sagte, können wir uns beim Einkaufen oder im Bus ohnehin nicht 100-prozentig korrekt verhalten. Sonst müssten wir jedesmal vor dem Einsteigen oder vor dem Betreten eines Ladens mit frisch gewaschenen Händen eine sterilisierte Maske aus einer ebenso sauberen Tasche nehmen und sie anschließend sorgfältig entsorgen (oder in einen Schmutzwäschebeutel stecken) und gleich wieder die Hände mit Seife waschen. Analog gilt das auch für die Benutzung von Taschentüchern. Nicht nur ich als Heuschnupfengeplagter kann sagen: Geht nicht. Es gibt Tage, an denen muss ich alle drei bis fünf Minuten niesen oder mir die Nase putzen und/oder die Augen abtupfen, weil ich sonst vor Tränen nichts mehr sehe. Niese ich in eine Maske, die auch nicht mehr Feuchtigkeit aufsaugt als ein großes Stofftaschentuch, ist sie nach wenigen Niesanfällen klitschnass, und zum Hineinschneuzen taugt das Ding auch nicht. Also muss ich im Geschäft (oder Bus) die Maske absetzen und doch das Taschentuch nehmen. Egal, ob ich ein Stoff- oder Tempotuch nehme: Dieses ist danach spürbar feucht, so dass ich mir sofort die Hände waschen müsste, bevor ich etwas anfasse. Nur: Welcher Laden hat denn heute noch ein Waschbecken?Kundentoiletten sind eine Rarität. Bei dm zum Beispiel hat die große Filiale in Landsberg zwar eine (anders als die kleine hier in Kaufering), aber man muss jemanden vom Personal rufen, um sie aufzusperren. Rewe hat ein Klo, Lidl und Aldi nicht. Und jetzt übertragen wir die Szene aus dem weitläufigen Super- oder Drogeriemarkt in den Bus oder Nahverkehrszug, wo jemand direkt neben mir steht oder sitzt und ich keinen Mindestabstand einhalten kann. Niemand konnte mir bisher verraten, wie ich mich da verhalten kann, ohne mich strafbar zu machen. Kann es sein, dass in der Politik und den Ministerien keine Allergiker arbeiten? 

 


Bonustrack:

Hat 5G-Mobilfunk irgendetwas mit Viren zu tun?

Was wir wissen: Es hat nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Das hirnrissige Gerücht, das ein paar paranoide Vollidioten in Großbritannien schon zu Brandstiftungen an Sendemasten getrieben hat, ist vergleichbar mit der Behauptung, die Erde sei eine Scheibe (was leider auch viel zu viele Zeitgenossen sich haben einreden lassen). Allein der Gedanke, Funkwellen  könnten Infektionskrankheiten auslösen, ignoriert alle Gesetze der Naturwissenschaft. Und wer will, kann sich leicht davon überzeugen, dass das neuartige Corona-Virus weltweit grassiert und die meisten Infektions-Hotspots fernab der wenigen 5G-Netze liegen, die überhaupt schon installiert wurden. Das Gerücht wird jedoch seit Wochen immer weitergesponnen. Es liest sich wie aus einem drittklassigen Science-fiction-Roman. So sind die Erfinder dieser Räuberpistole an dem Punkt angelangt, an dem sie schon die Covid-19-Impfung vorwegnehmen, die es noch lange nicht gibt, und behaupten, den Impfstoffen würden irgendwelche Nanochips beigemischt, mit deren Hilfe die Bürger künftig flächendeckend überwacht würden. Es würde hier den Rahmen sprengen, diesen Unfug nach allen Regeln der Kunst zu zerpflücken – auf technischer, logischer, politischer Ebene. Es genügt zu wissen, woher er kommt: aus den Reihen der Impfgegner, die in den vergangenen 25 Jahren eine große Erfahrung im Schüren unbegründeter Ängste gesammelt haben und wissen, dass kein Schmarrn zu blöd ist, dass ihn nicht doch Tausende von Menschen glauben würden. Man braucht sich nur die Auflagen von Büchern aus dem Kopp-Verlag oder Esoterik-Pamphleten wie „raum & zeit“ anzuschauen, dann weiß man, dass die Dummen nicht alle werden.

Was wir nicht wissen: Wie die Gehirnwäsche funktioniert, mit der man Menschen so einen Schwachsinn glaubhaft macht.

* Desimpformation ist ein Kunstwort aus „Desinformation“ und der Impfgegner-Wortschöpfung „Impformation“. Ich verwende es, um Desinformationen aus der Impfgegnerszene zu bezeichnen.

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