Kaufering: Qual der Wahl

Unser Bürgermeister ist zu krank, um bis zur nächsten Kommunalwahl im Amt zu bleiben. Deshalb sollen wir am 11. März eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger wählen.

Was das bedeutet, kann man sich vielleicht ausmalen, wenn man die ARD-Serie „Um Himmels Willen“ kennt: Der Bürgermeister – im TV Wolfgang Wöller alias Fritz Wepper – ist ein Macher, der den Gemeinderat vor allem als Gremium wahrnimmt, das seinen Elan bremsen möchte, aber selbst keine relevanten Ideen hervorbringt.

Klaus Bühler, seit 25 Jahren unangefochtener Chef im (Kaufe)ring, ist freilich keiner, der versuchen würde, Nonnen ihr Kloster abzuluchsen, und sein Charakter ist weiß Gott dem der Wepperschen Karikatur eines bayerischen Kommunalgranden haushoch überlegen. Andererseits ist er eine so dominante Persönlichkeit, dass schon lange niemand von Format mehr den Ehrgeiz entwickelt hat, gegen ihn anzustinken. Kommunalpolitik als One-Man-Show mit Beisitzern und einer hilflosen Opposition: das hat Kaufering mit Kaltental schon irgendwie gemeinsam. Man übertreibt nicht, wenn man über Bühler sagt: Sein Wille geschah, und oft – freilich nicht immer, der Mann war bisweilen wirklich zu forsch und eigensinnig – sahen die Bürger, dass es gut war.

Wie es so ist, wenn starke Figuren plötzlich abtreten müssen: Niemand war darauf vorbereitet, vor 2014 für ein Bürgermeisteramt zu kandidieren.

Dennoch erschienen vier Aspiranten und eine Aspirantin auf der Bühne, die sich das Amt irgendwie zutrauen. Zumindest die Namen der Herren sagen einem nichts. Der Kandidat der Bürgermeisterpartei UBV (Unabhängige Bürgervereinigung) leitet das Seniorenheim und ist weder rot noch schwarz noch grün noch gelb, sondern farblos. Der Rote signalisiert den älteren und konservativeren Bürgern durch geschmückte Ohrläppchen, dass er auf ihre Stimmen keinen Wert legt, und kann höchstens auf seine Freunde aus dem Fußballverein zählen. Hinzu kommt, dass die Bedeutung seines derzeitigen Jobs innerhalb der Hierarchie der Münchner Schulverwaltung aus seiner eigenen Sicht ein wenig höher ist, als neutrale Beobachter dies zu erkennen vermögen. Kurzum: manche halten ihn für einen Angeber (andere, die ihn näher kennen, allerdings für einen netten Kerl). Der Schwarze macht schöne Fotos, war mal Manager, gilt aber schon aufgrund seiner jetzigen Tätigkeit als chancenlos: Er ist selbständiger Immobilienmakler und hilft seiner Frau in ihrer kleinen Naturkosmetik-Manufaktur. Für die Freien Wähler tritt ein Verwaltungsangestellter an, den man zwar im Gartenbauverein kennt, den die meist älteren Gartler aber trotzdem eher nicht wählen werden, allein schon weil er die fixe Idee verfolgt, er könne etwas für die Energiewende tun, wenn er mit anderen Lechtaler und Lechrainer Bürgermeistern der Eon AG die Staustufen mit ihren Wasserkraftturbinen abkauft.

Bleibt die grüne Kandidatin, eine Sportlehrerin, die nach eigenem Bekunden gar keine Grüne ist, sondern eine Alternative. Bei uns gibt es ja keinen Ortsverband der Grünen, sondern nur eine Grün-Alternative Liste. Ob die Alternative wirklich eine Alternative zu den wenig überzeugenden Herren ist? Okay, die Dame, die als Wahlgeschenk rote Schokokäfer (nicht Bio!) verteilt, kann kommunalpolitische Erfahrung vorweisen, schließlich hat sie sich viele Jahre lang als ungekrönte Oppositionsführerin im Gemeinderat am Dynamiker Bühler abgearbeitet. Allerdings fällt es vielen Bürgern schwer, sie sich nach all ihren Neins – auch zu des alten Bürgermeisters guten Ideen – in einer Rolle vorzustellen, in der sie daran gemessen wird, wozu sie Ja sagt. Zu der Schnapsidee mit der Energieautarkie durch den Kauf abgeschriebener Wasserkraftwerke sagt sie nicht, dass es Quatsch ist, Steuergeld in ein energiewirtschaftliches Nullsummenspiel zu versenken, sondern dass sie die Idee auch schon hatte, bevor sie einsah, dass das keine realistische Option ist. Dass sie keine weiteren Freiflächen-Solaranlagen auf Gemeindegrund sehen will, begründet sie nicht wirtschaftlich (was angesichts der sinkenden Einspeisevergütung nahe läge), sondern landwirtschaftlich: Die wunderbaren Böden seien zu schade dafür. Als sei es besser, wenn die Bauern Mais für Biogas pflanzen.

Nein, ich weiß wirklich nicht, wen ich wählen soll. Dass die fünf Möchtegern-Gemeindeoberhäupter nett und freundlich auftreten, genügt mir nicht. Dass innerhalb von nur drei Monaten ein neuer Amtsinhaber aus dem Hut gezaubert werden soll, der dann sechs Jahre im Amt bleiben darf, ist ein Konstruktionsfehler der bayerischen Gemeindeordnung. Über eine Probezeit von zwei Jahren bis zur nächsten regulären Kommunalwahl könnte man ja reden.

Bevor ich jemanden wähle, der mich nicht überzeugt, uns aber sechs Jahre erhalten bleibt, mache ich lieber etwas, das ich noch nie getan habe:

Ich werde wohl den Wahlzettel durchstreichen.

 

Pfui, Matuschke!

Eigentlich höre ich ja den Matuschke ganz gern. Nicht nur weil er sich traut, auf  Bayern 3 den guten alten Hugo Strasser (91) zu spielen, sondern auch wegen seines konsequent bekloppten Moderationsstils.

Aber das nehme ich ihm doch krumm:

 

Mediamarkt gibt sich Mühe… die Online-Rivalen lächeln zu lassen

Netter Versuch? Nein. Das hat jemand gemacht, der’s nicht kann. Oder bei der Konkurrenz arbeitet.

Rechtsdrehendes Wasser, Engel-Germanium und das Presserecht

Gerade fällt mir ein Heftchen in die Hand, das eine Augsburger Unternehmerin namens Julia R. neulich in der Region hat verteilen lassen – das „MESSE Magazin“ zu ihrer Veranstaltung „Energetika“.

Die Energetika ist nicht etwa eine Messe über erneuerbare und/oder fossile Energien, sondern ein Treff für Eso-Jünger verschiedenster Art. Das Spektrum der Aussteller auf dieser in kleinstädtischen Mehrzweckhallen abgehaltenen „alternativen Gesundheitsmesse“ reicht vom halbwegs bodenständigen Fitnessstudio bis zu den absonderlichsten Scharlatanten und Scharlaonkels.

Ob das wohl vereinbar ist mit dem Pressegesetz? Mediadaten des Energetika-Messemagazins mit Tarifen für den redaktionellen Teil. Anzeigen werden im Heft übrigens nicht gekennzeichnet.

Dieses Heftchen (das kein Impressum enthält, obwohl es wie eine Zeitschrift aufgemacht ist) hat mir geholfen, das Geschäftsmodell der Verschwörungstheorie-Branche zu begreifen. „Rechtsdrehendes Wasser, Engel-Germanium und das Presserecht“ weiterlesen

„Nette“ Ebayern (3)

Manche eBay-Käufer scheinen derart gebrannte Kinder zu sein, dass sie immer sofort von der Schlechtigkeit der Welt ausgehen. Das merkt man als Verkäufer: Mein Sohn braucht in seinem Alter keine Legos mehr und Star-Wars-Lego-Bausätze sind gefragt. Also hat er sie zusammengebaut, ich habe sie versteigert, meine Frau hat sie verpackt und Herr Filius konnte das Geld in seinen neuen PC investieren.

Bei einem Jedi-Flieger hat der junge Mann offenbar zwei oder drei konstruktiv unwichtige 08/15-Legosteinchen vergessen. Der Käufer fragte aber nicht einfach nach, ob es sein könnte, dass da noch ein bisschen was fehlt. Nein, er drohte sofort schriftlich mit negativer Bewertung. Er hätte anrufen können, und wir hätten ihm die Teile auch so geschickt. Aber nach meinen Erfahrungen mit den „netten“ Ebayern 1 und 2, die streng genommen schon mindestens Nr. 4 und 5 waren, kann ich diesen Vater auch irgendwie verstehen.