Lernfähige Software: Raffiniert simpel

Mit Programmen, die ihre Regeln selbst finden, knüpft die Industrie intelligente Netze.

Wenn im kommenden Februar die Raumfähre Columbia dröhnend vom Kennedy Space Center in Florida abhebt, beginnen nicht nur für die beiden deutschen Astronauten an Bord ein paar lehrreiche Tage. Im Weltraumlabor Spacelab, das diesmal die Ladebucht des Shuttle füllt, bekommt auch ein kleiner Rotex-Roboter eine Lektion erteilt. Das Unterrichtsfach heißt „Zugreifen in der Schwerelosigkeit“‚ – schon für den ungleich flexibleren Menschen eine äußerst gewöhnungsbedürftige Sache.

WirtschaftsWoche 41/1992

Rotex funktioniert anders als andere Roboter: Er wird nicht mit den üblichen digitalen Befehlssätzen programmiert, sondern trainiert die kniffligen Griffe nach freischwebenden Bauklötzen selbst mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzes – einer raffiniert simplen Software, die – dem Lernmechanismus des menschlichen Gehirns nachempfunden – auf dem Prinzip
von Versuch und Irrtum aufgebaut ist. Der Weltraumausflug dient vor allem als Test, wie weit Rotex ist. Sein Schöpfer, Professor Gerhard Hirzinger, Co·Direktor des Instituts für Robotik und Systemdynamik bei der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, verfolgt durchaus bodennahe Ziele. „Lernfähige Software: Raffiniert simpel“ weiterlesen

FOTOGERÄTEMARKT: Duales System

Da die highTech-Specials den Anzeigenabsatz ankurbeln sollten, widmete der Verlag sie den großen Messen. Daher war in der Ausgabe 37, die am 4. September 1992 erschien, die Photokina angesagt. Mein Text – Aufmacher des Specials – ist sicherlich interessant für Technik-Archäologen, die nach verschüttetem Wissen über die Anfänge der Digitalfotografie schürfen wollen. Keine Ahnung, warum wir damals vom „digitalen Negativ“ sprachen: Das Pixelbild ist ja eher mit dem Diapositiv verwandt.

WirtschaftsWoche 37/1992
FOTOGERÄTEMARKT: Koexistenz von Film und Elektronik
Koexistenz von Film und Elektronik

Trotz eines Riesenangebots an brandneuen Kameras läuft beim Fachhandel wenig. Jetzt soll das digitale Negativ die Umsätze beleben.

Wenige Wochen vor der Kölner Fachmesse Photokina herrscht bei Japans Kamerakonzernen Katerstimmung. Nicht mal mehr auf die knipswütigen Deutschen, bisher ihre treuesten Kunden, ist Verlaß. Litt der Fachhandel in den alten Bundesländern bereits 1991 unter Stagnationserscheinungen, klagen Branchensprecher mittlerweile über deutliche Umsatzeinbußen. Fotoapparate sind – trotz sinkender Preise – nicht mehr gefragt wie früher. Nur im Osten der Republik geht das Geschäft bislang gut, weil der Nachholbedarf noch immer nicht gedeckt ist.

Die fernöstlichen Produzenten sehen die Flaute im Land der Leica mit höchster Besorgnis. Denn Deutschland ist nicht nur ihr wichtigster Exportmarkt nach den USA. Hier konnten die Japaner bisher auch noch gutes Geld verdienen. In den Vereinigten Staaten dagegen, „FOTOGERÄTEMARKT: Duales System“ weiterlesen

Verpackungen: Ideen im 6er-Pack

Nach Jahrzehnten sorglosen Umgangs mit Blistern, Folien und Schachteln entdeckt die Industrie den Kostenfaktor Verpackung. Neue Konzepte reduzieren nicht nur den Müllberg, sondern verbessern oft auch die Rendite.

 

Top Business 9/1992

Vor den Werbebotschaften des amerikanischen Markenartikels Procter & Gamble (P & G) gibt es kein Entrinnen. Egal, ob in Funk oder Fernsehen, mit Produkten wie Ariel und Pampers, Valensina und Blendamed, Meister Proper und Wick präsentiert sich der Waschmittel- und Fruchtsaftmulti auf allen Kanälen in Überlebensgröße.

Im Handel allerdings macht sich der 30-Milliarden-Dollar-Konzern zusehends dünn. Erst wurden die meterlangen Regale mit seinem Weichspüler Lenor immer kürzer. Dann schrumpfte der Platz in den Supermärkten, den P&Gs Waschpulverpaletten ausfüllten, um mehr als ein Drittel zusammen. Schließlich war sogar beim bekanntesten Produkt des Hauses, den Pampers-Windeln, buchstäblich die Luft raus: Plötzlich stapelten sich die Windelpakete in den Drogeriemärkten nicht mehr an der ganzen Schaufensterfront bis unter die Decke, sondern ducken sich unauffällig in eine Ecke.

Hinter dieser neuen Bescheidenheit an der Verkaufsfront verbirgt sich aber nicht etwa ein Umsatzrückgang des Konsumgütergiganten aus Cincinnati/Ohio auf dem deutschen Markt. Im Gegenteil – „Verpackungen: Ideen im 6er-Pack“ weiterlesen

Heikle Mission

Sage niemand was gegen die gute alte Bundesbahn: 1992 investierte der Staatskonzern in einen hochmodernen, also computergesteuerten Container-Umschlagbahnhof, der die Münchner Innenstadt von viel Güterverkehr entlastete. Was alles dazugehörte, dieses Projekt ans Laufen zu bringen, steht in meinem Bericht für das WiWo-Ressort Technik+Innovation (erschienen in der Ausgabe 36/1992). Bebildert ist der Text übrigens – was bei der WiWo sehr selten vorkommt – mit einem Foto, das der schreibende Reporter selbst aufgenommen hat. 🙂

Containerumschlag München-Riem: Im Minutentakt

Die Bundesbahn testet ein neues Logistikkonzept. Schnelle Abfertigung soll mehr Fracht auf die Schiene locken.

Wenn irgendwann in diesem Spätsommer ein paar hochspezialisierte Informatiker vom hessischen Sulzbach an den Bodensee fahren, dann geht es ihnen nicht um einen harmlosen Segeltörn. Das Team hat eine heikle Mission zu erfüllen. Drei Tage haben die Experten Zeit, mit den fiesesten Tricks eine Software zum Absturz zu bringen, auf die die Deutsche Bundesbahn große Hoffnungen setzt: Das Terminal-Informationssystem, kurz TIS genannt, soll die Spediteure animieren, mehr Fracht auf die Schiene zu schicken.

Einsatzort der berufsmäßigen Hacker aus dem Taunus, die alle im Sold des Computerkonzerns Unisys Deutschland GmbH stehen, ist die Abteilung Planungsberatung der Dornier GmbH in Friedrichshafen. „Heikle Mission“ weiterlesen

AUFTRAGSFORSCHUNG: Innovation als Dienstleistung

„Forschung und Entwicklung“ war das Motto des highTech-Specials in der WiWo 31/1992, das – wie damals alle diese Specials – extern vom Münchner Redaktionsbüro „Editor Network“ produziert wurde. Dessen Inhaber waren die vormaligen Chefredakteure des Magazins highTech, Fritz Bräuninger und Manfred Hasenbeck – und das Netzwerk dieser Editoren waren wir, die früheren Redakteure und Autoren von highTech. Mein Beitrag zum Thema F&E: die Rolle der „Fraunhoferei“ in der industriellen Forschung.

WirtschaftsWoche 31/1992

 

Im Hintertreffen

Vielen Unternehmen reichen die eigenen F&E-Kapazitäten nicht aus. Selbst Weltkonzerne kaufen Kompetenz von außen.

Gemessen an dem elitären Image, das sein Imperium in weiten Teilen der Wirtschaft genießt, klingt Max Syrbes Selbsteinschätzung überraschend nüchtern. „Wir verstehen uns primär als Dienstleister, als ein Unternehmen, das sich nach der Nachfrage aus dem Markt ausrichtet“, reiht der Münchner Manager seinen bundesweit tätigen Konzern bescheiden zwischen Zeitarbeitsfirmen, Steuerkanzleien und Gebäudereinigern ein. Ganz so alltäglich ist dessen Serviceangebot freilich nicht: Syrbe ist Professor und Präsident der gemeinnützigen Fraunhofer-Gesellschaft (FhG). Die Produkte, die erunterdie Leute bringen will, heißen Technologie, Innovation und Fortschritt.

Die Tiefstapelei des FhG-Chefs entspringt keineswegs einem Hang zur Koketterie. Im Gegenteil: Der Forschungsmanager, Chef von 46 über ganz Deutschland verstreuten Instituten der verschiedensten Fachrichtungen, bemüht sich seit jeher, bei seiner Zielgruppe Berührungsängste abzubauen. Wenn die Geschäftsführer vieler kleiner Unternehmen angesichts der Namen prominenter Fraunhofer-Professoren wie Günter Spur, Hans-Jürgen Warnecke oder Ingolf Ruge immer noch in Ehrfurcht erstarren, ist das gewiß nicht Syrbes Absicht. Denn gerade für Mittelständler mit mageren Forschungs- und Entwicklungsetats, so sein Credo, sei die Nutzung externer Kapazitäten „überlebenswichtig“.

Eine große Auswahl an dafür geeigneten Instituten steht den kooperationswilligen Unternehmern in Deutschland allerdings nicht zur Verfügung. Die Fraunhoferei, wie der halbstaatliche technologische Gemischtwarenladen im internen Sprachgebrauch flapsig genannt wird, bietet ihren Kunden nämlich unter dem Strich so günstige Konditionen, daß sich privatwirtschaftlich organisierte Institute fast nur in Nischen etablieren konnten – etwa in der klinischen Pharmaforschung. „AUFTRAGSFORSCHUNG: Innovation als Dienstleistung“ weiterlesen