Büro statt Berghütte

WIRTSCHAFTSWOCHE 42/1999

Die Silvesternacht verbringen viele Leute am Arbeitsplatz, um mögliche Crashfolgen zu minimieren.

Nur vier Stunden, dann ist alles zu spät. So lange dauert es, bis ein Betriebsstillstand in einer Aluminiumschmelze einen Totalschaden anrichtet. Wird der Elektrolyseprozeß in den mächtigen, stromdurchfluteten Becken länger unterbrochen, läßt er sich nicht wieder in Gang bringen; die Masse erstarrt. Dann ist nicht nur der wertvolle Rohstoff hin, aus dem sogenannte Walzbarren für die Weiterverarbeitung hergestellt werden, sondern die ganze Anlage.

Ein klassisches Worst-Case-Szenario. Damit es nicht eintritt, hat Harald Kresse mit seinen Mitarbeitern sämtliche Computersysteme im Rheinwerk Neuss der VAW Aluminium AG akribisch durchgecheckt: Steckt irgendwo jenes vermaledeite Kurzdatum mit zweistelliger Jahreszahl? Der EDV-Leiter kann aber nicht mit hundertprozentiger Gewißheit ausschließen, daß irgendwo im Verborgenen ein „Millennium Bug“, ein Jahrtausendkäfer, die Überprüfungen unenttarnt überstanden hat: „Man kann“, sagt Kresse, „nicht alles wirklich testen.“ Es bleibt nichts anderes übrig, als – den Notfallplan im Kopf – im realen Betrieb zu beobachten, wie sich die Systeme tatsächlich verhalten.

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TELEKOMMUNIKATION: Mit hohem Tempo

Die Telekom führt Mitte des Jahres die Datenautobahn für jedermann ein. Die Konkurrenz steht außen vor.

 

WIRTSCHAFTSWOCHE 12/1999

Noch drei Monate, dann schaltet die Telekom den T-Online-Turbolader ein. Am Unternehmenssitz Bonn und in sieben weiteren Großstädten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) können Surfer dann mit zigfacher ISDN-Geschwindigkeit durchs internet brettern. Sie bekommen bis zu einem Megabit pro Sekunde frei Haus. Das neue T-DSL, außerhalb des Konzerns als ADSL (Asymmetrie Digital Subscriber Line) bekannt, läßt selbst die überladensten WWW-Seiten ohne merkliche Verzögerung auf dem Monitor erscheinen. T-DSL funktioniert allerdings nur bei Anschlüssen, die maximal fünf Kilometer von der nächsten Vermittlungsstelle der Telekom entfernt sind. „Mit der schnellen Einführung dieser Technologie nimmt die Deutsche Telekom eine Pionierstellung in Europa ein“, klopft sich Vorstandsmitglied Gerd Tenzer auf die eigene Schulter.

Deutsche Webaholics mögen in den Jubel noch nicht einstimmen. Im Februar sickerte durch, daß der rosa Riese ordentlich hinlangen will wie in alten Monopolistentagen. 250 Mark (128 Euro) monatlich soll die Hochdruckdatendüse kosten. Mit dem happigen Pauschaltarif wären allerdings 25 Onlinestunden abgegolten; für jede weitere Stunde kämen nach diesem Plan sechs oder acht Mark hinzu. Das wäre zwar attraktiv für Telearbeiter und kleinere Firmen, entspräche aber kaum den Budgets von Privatleuten, die sich für „leistungsfähiges Entertainment mit Videoclips, Spielen oder 3-D-Animationen“ interessieren, wie es in der Telekom-Werbung heißt.

Harald A. Summa vom Branchenverband Electronic Commerce Forum (ECO) findet diese Preispolitik fatal: „Solange sich nur Minderheiten ADSL leisten können, lohnt es sich kaum, für deutsche Konsumenten innovative Multimediaangebote zu entwickeln.“ Um beispielsweise einen voll digitalen Vertrieb für Software, Musik, virtuelle Bücher oder Videos aufzubauen, brauche man mehr als die maximal 100.000 Kunden, die die Telekom bis Ende des Jahres mit T-DSL versorgen will. Dabei wäre das Interesse der heute acht Millionen Internetnutzer an schnelleren, erschwinglichen Netzzugängen nach Ansicht von Experten schon heute sehr groß. Der „etwas prohibitive“ Mindestumsatz von 250 Mark diene wohl hauptsächlich dazu, die Nachfrage während der Startphase unter Kontrolle zu halten, vermutet Werner Knetsch, Geschäftsführer beim Beratungskonzern Arthur D. Little in Berlin. „Nächstes Jahr gehen die Tarife spürbar nach unten“, glaubt er.

Amerikanische Carrier führen unterdessen vor, was sie unter einer schnellen Einführung neuer Technik verstehen. Seit dem vorigen Sommer drängen regionale Telefongesellschaften wie Bell Atlantic, US West und SBC vehement mit ADSL in den Massenmarkt. Mit Pauschalpreisen weit unterhalb der künftigen Telekom-Gebühr ködern sie jene Netzbewohner, die zur abendlichen Internet-Prime-Time ganze Ortsnetze an den Rand des Kollapses surfen und chatten.

Das hohe Tempo, das einige Dienstleister bei der Einführung ihrer Megabitnetze an den Tag legen, hat freilich auch damit zu tun, daß ihnen neue Konkurrenten die regionalen Monopole streitig machen. Alle großen Kabelfernsehunternehmen der USA drängen in die Telekommunikation. Mittels Kabelmodem machen sie die Buchse des Kabelfernsehnetzes zur ultimativen Multimediasteckdose, Telefon und Internet inklusive.

Der wichtigste Drahtzieher heißt Michael Armstrong: Der Chef des Fernmeldekonzerns AT&T kaufte dieses Jahr für 48 Milliarden Dollar den führenden Kabel-TV-Netzbetreiber TCI, der wiederum den Kabelmodempionier @Home Networks kontrolliert. So stellt Sanierer Armstrong den Zugang zu den Ortsnetzen wieder her, der seinem Arbeitgeber per Gesetz von 1984 bis 1996 verwehrt war.

Weil die Technik der Kabelmodems größere Datenmengen über weitere Entfernungen transportieren kann als ADSL, entscheiden sich mittlerweile jeden Monat mehrere zehntausend für die Offerten von @Home und dem Time-Warner-Ableger Road Runner. Sie zahlen dafür nur einen Bruchteil dessen, was das langsamere T-DSL kosten soll: Für 39,95 Dollar (36 Euro) gibt es eine „always on“-Verbindung – eine Art Standleitung – zum World Wide Web. Die Telefongesellschaft SBC Communications aus San Antonio/Texas, die derzeit über 500 Vermittlungsstellen mit ADSL-Modems ausrüstet, ist notgedrungen auf den @Home-Preis eingestiegen: Die „Flatrate“ für die permanente 1,5-Megabit-Connection liegt jetzt bei 39 Dollar (35 Euro).

Von solchen Schnäppchen können die meisten deutschen Internetfans nur träumen. Denn bei Hochgeschwindigkeitszugängen zum Internet steht die Telekom trotz Deregulierung praktisch konkurrenzlos da.

Wettbewerber, die ADSL anbieten, brauchen einen Zugang zu den Telekom-Ortsvermittlungsstellen. Daraus wird so schnell nichts. Seit Klaus-Dieter Scheurle, Chef der Regulierungsbehörde, die monatliche Miete, die die Telekom-Konkurrenten für die letzte Meile zum Kunden berappen sollen, oberhalb der Telefongrundgebühr fixiert hat, ist den Wettbewerbern der Appetit aufs multimediale Massengeschäft erst einmal vergangen. Der Ausbau von Lokalnetzen für jedermann, von Mannesmann Arcor noch im Dezember für 1999 angekündigt, liegt vorerst auf Eis. Gerichte sollen jetzt entscheiden, ob die Scheurle-Entscheidung Rechtens war; bis dahin konzentrieren sich die neuen Telefongesellschaften auf das Geschäft mit Geschäftskunden.

Die Alternative, das Fernsehkabel zusätzlich zum Telefonieren und als Zugang zum Internet zu nutzen, wird derzeit nur in Berlin verfolgt. Für 10.000 Mieter im Bezirk Mitte ist das Telefonieren über das Fernsehkabel schon Realität. Als nächstes will die Augsburger Telekabel Service Süd (TSS), die die Berliner Anlage installiert hat und betreibt, schnelle Internetzugänge zu attraktiven Tarifen anbieten.

TSS-Geschäftsführer Peter Stritzl hofft jetzt, das Konzept auf weitere Bezirke der Hauptstadt übertragen zu dürfen. Wenn es nach Scheurles Vize Arne Börnsen geht, könnte er die Genehmigung bald bekommen. Bei einer Visite in Washington verblüffte der Sozialdemokrat seine Gesprächspartner mit der Drohung an die Adresse des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom, Ron Sommer, die beantragten Preissenkungen für Telefon und T-Online könnten nur genehmigt werden, wenn die Telekom endlich mit dem Verkauf ihrer Kabelnetze beginne.

Doch selbst wenn die Verträge sehr schnell unter Dach und Fach kommen, kann die Telekom noch eine ganze Weile ihren Vorsprung mit ADSL ausbauen. Denn es wird lange dauern, ehe die Kabelfernsehnetze zu Datenautobahnen umgebaut sind. TSS-Chef Stritzl ist allerdings sicher, daß sich Interessenten finden, die bereit sind, entsprechend zu investieren. „Wir dürfen Multimedia nicht zu einem Luxusprodukt werden lassen“, warnt Stritzl, „nur um die Aktionäre der Telekom zu befriedigen.“

ULF J.FROITZHEIM

720 STUNDEN GRATIS – FÜR 2164,23 MARK

DEUTSCHE WEB-SURFER ÄRGERN SICH ÜBER HOHE PREISE, AMERIKANISCHE WEB-ANBIETER BEKLAGEN DIE MANGELNDE PROFITABILlTÄT. DOCH JETZT KOMMT IN BEIDE MÄRKTE BEWEGUNG.

» __ Ein Amerikaner, der im Internet auf deutsche Preisübersichten stößt, muß hiesige Onliner für seltsame Wesen halten. Haben die zuviel Geld? Sind sie leidensfähiger, anspruchsloser, ja dümmer als ihre transatlantischen Pendants, die für weniger als 20 Dollar pro Monat, all-inclusive, im Internet surfen, ohne je ängstlich auf die Uhr schauen zu müssen? Wählen sie mit teutonischer Disziplin zielstrebig just diejenigen Seiten an, die sie unbedingt brauchen, und lassen Links links liegen? Oder ist es von allem etwas?

EIN SCHNUPPERANGEBOT FÜR WAHNSINNIGE

„Jeder zweite Internet-Kunde in Deutschland“, triumphiert Knut Föckler, Marketing-Professor in Diensten der Deutschen Telekom, „geht über T-Online ins Netz.“ Aus der unbestreitbaren Tatsache, daß sie dies freiwillig tun, schließt der Ex-Philip-Morris-Manager messerscharf, das „Preismodell der Deutschen Telekom AG“ könne so unattraktiv nicht sein. Sonst „müssten die Kunden zu den zahlreichen Niedrigpreis-Providern wechseln“.

„720 Stunden gratis Online-Zeit“, wirbt Compuserve auf einer CD-ROM. Das Angebot hat einen Haken: Will man alle Freistunden ausnutzen, muß man sie am Stück verbrauchen. Wirklich umsonst kommt auch niemand auf die Info-Autobahn, es sei denn, er schädigte heimlich seinen Arbeitgeber. Wer zum Beispiel den November 1998 komplett am Monitor verbringen will – sei es, um Compuserve nichts zu schenken oder sich im Guinness-Buch der Rekorde zu verewigen – zahlt 2164,23 Mark an die Telekom: Ein 30-Tage-Nonstop-Ortsgespräch entspricht 17888 Einheiten.

„Die Telekom muß die Kosten für den Internet-Zugriff nach österreichischem Vorbild um mindestens 50 Prozent senken“, „720 STUNDEN GRATIS – FÜR 2164,23 MARK“ weiterlesen

TELEFONKARTEN: Kriminell billig

Nepp oder Schnäppchen? Das Angebot an international nutzbaren Karten wird immer bunter.

WIRTSCHAFTSWOCHE 23/1998

Der neue Trend roch so sehr nach leichtem Geld, daß sich John „Junior“ Gotti, Sproß des berüchtigten New Yorker Mafiaclans Gambino, nicht zurückhalten konnte. Der 34jährige Nachwuchspate – seinen einst mächtigen Vater hat das FBI vor ein paar Jahren aus dem Verkehr gezogen – engagierte sich in der Telekommunikation. Genauer gesagt: im Vertrieb von Guthabenkarten, mit denen man von jedem beliebigen Telefon bargeldlos zum Discounttarif im In- und Ausland anrufen kann.

Diese „Prepaid Cards“ – zu Preisen ab zehn Dollar erhältlich an der Tankstelle, am Zeitungsstand oder im Supermarkt – haben sich in den USA binnen kürzester Zeit zum absoluten Renner bei Immigranten und zum Geheimtip unter europäischen Touristen entwickelt. Ihre Tarife liegen meist deutlich unter denen der klassischen Calling Cards von AT&T, MCI oder der Deutschen Telekom, bei denen der Kunde Rechnungen mit Einzelverbindungsnachweis bekommt, und drastisch unter den horrenden Gebühren der öffentlichen Münztelefone oder gar der Hotels (siehe Kasten). Erst 1992 eingeführt, bescheren die Papp- oder Plastikkärtchen der Branche bereits Milliardenumsätze und stattliche Gewinnmargen.

Gotti Junior bekommt von den Penunzen allerdings nichts mehr ab. Die Staatsanwaltschaft hat der Diversifikation des Unterweltunternehmers in die lukrative Wachstumsbranche ein Ende gesetzt. Zusammen mit 39 mutmaßlichen Komplizen landete Gotti im Januar hinter Gittern. Eine der zahlreichen Anschuldigungen lautet, er habe Telefongesellschaften und auch Käufer seiner Telefonkarten um Millionenbeträge geprellt. Der Vorwurf: Die Telefonkarten waren wertlos, weil von den Telefongesellschaften zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits gesperrt. Sie wollten nicht mehr länger auf die von Gotti versprochenen Verkaufserlöse warten.

So schnell kann’s gehen: Noch im vorigen Frühjahr hatte das New Yorker Szeneblatt „Village Voice“ dem Ehrenmann grimmig bescheinigt, seine mit dem Bild der Freiheitsstatue verzierte Liberty Tel Card „scheine tatsächlich zu funktionieren“ und gehöre bei Inlandsgesprächen zu den günstigeren Angeboten.

Die Stillegung des Gotti-Sohnes bedeutet auf keinen Fall Entwarnung für Geschäftsreisende und Touristen. Auf dem liberalisierten Markt tummelt sich zwar alles, was in der Telekommunikation Rang und Namen hat; was weder Rang noch Namen hat, allerdings erst recht. In amerikanischen Medien ist von bis zu 500 Anbietern die Rede sinnlos, da einen bestimmten zu suchen, wenn man gerade telefonieren muß.

Diese Unübersichtlichkeit gibt Betrügern reichlich Gelegenheit, ihr Talent und ihre Kreativität auszuleben. Ihre bevorzugten Opfer sind Ausländer – die wollen ein Schnäppchen machen, haben aber kaum einen Überblick, wer zu den seriösen Anbietern zählt. „Das Wachstum dieser lukrativen Branche“, klagt Bill Clintons oberste Verbraucherschützerin Jodie Bernstein, „macht es den Geschäftemachern allzu leicht, Zehntausende von Karten zu verkaufen und dann einfach zu verschwinden.“

Die Prepaid Calling Cards sind nicht von ungefähr zum beliebten Betätigungsfeld der Ganoven geworden: Im Gegensatz zum in Europa vorherrschenden Verfahren wird das Gebührenguthaben nicht auf einem Chip oder Magnetstreifen gespeichert, sondern im Zentralcomputer einer Telefongesellschaft, deren Name in der Regel gar nicht auf der Karte steht. Der Rechner prüft nur die Bonität des Zwischenhändlers und bucht die verbrauchten Gesprächsminuten von dessen Guthaben ab. Der Endkunde besitzt weder einen Beleg, noch kann er den Restwert erkennen. Hinzu kommt, daß jeder, der die elfstellige Zugangsnummer erspäht hat, auch ohne Karte den gesamten Betrag abtelefonieren kann.

Das macht das Argumentieren fast unmöglich, wenn die Roboterstimme plötzlich behauptet, das Guthaben sei verbraucht, obwohl die Karte neu ist. Solche Fälle kommen immer wieder vor, aber nur selten gelingt den Ordnungshütern ein Coup wie im Fall des indischstämmigen Geschäftsmannes Rajesh Kalra, den Jodie Bernstein von der Federal Trade Commission kürzlich vor Gericht in die Knie zwang. Der Inhaber dreier Calling-Card-Firmen mit tönenden Namen wie Trans American Systems Inc. hatte indische Einwanderer mit Dumpingtarifen dazu verführt, Karten zum Stückpreis von 100 Dollar per Post zu bestellen. Die eingesandten Schecks wurden rasch eingelöst, doch die Karten ließen auf sich warten. Wer die Lieferung anmahnte, den hielten die Call-Center-Mitarbeiter mit Ausflüchten hin. Bei vielen der tatsächlich ausgelieferten Karten verringerte sich wie von Geisterhand das Guthaben, auch wenn niemand telefoniert hatte. Kalra kam zwar mit einer Geldbuße davon, weil sich der kriminelle Vorsatz nicht beweisen ließ. Bevor er sich wieder in der Branche betätigen darf, muß er aber eine Million Dollar als Sicherheit hinterlegen.

Der Imageschaden, den die Goldgräber und Raubritter den seriösen Kartenanbietern zufügen, scheint sich dennoch in Grenzen zu halten. Deren Lobbyorganisation International Telecard Association in Washington rechnet damit, daß sich der Umsatz von 2,4 Milliarden Dollar im vorigen Jahr bis 2001 verdoppelt. Die Prognose ist nicht unrealistisch, denn die großen Supermarkt- und Drugstoreketten haben entdeckt, daß sie mit den Prepaids gute Geschäfte machen können. Branchengrößen wie MCI/Worldcom, Sprint und Smartalk gewähren den Händlern großzügige Gewinnspannen. Zudem eigne sich die Karten als Werbeträger. Künftig sollen Stammkunden der Märkte sogar Gratistelefonminuten als Naturalrabatt erhalten. Der letzte Schrei sind Calling Cards, die erst bei Bezahlung freigeschaltet werden: Wenn die Scannerkasse die Seriennummer auf der Packung erfasst, wird automatisch per Datenleitung der Zentralrechner der Telefonfirma informiert. Die Sicherheitsmaßnahmen und der Marketingaufwand sind allerdings preistreibend. Mit den zu Markenartikeln aufgewerteten Kärtchen telefoniert man zwar durchweg günstiger als mit Münzen, von denen man kaum so viele besorgen kann, daß es für einen Anruf nach Deutschland reicht.

Billiger als mit der aus Deutschland mitgebrachten Otelo-, Telepassport- oder T-Card kommt man aber nicht in jedem Fall davon – ein Preisvergleich, gerade bei Auslandsgesprächen, lohnt sich. USA-Profis fahren deshalb zweigleisig: Wenn ihnen ein Amerikaner eine günstige Prepaid-Karte empfehlen kann, schlagen sie zu – vor allem, wenn sie wissen, daß sie innerhalb der Vereinigten Staaten viele Inlandsgespräche führen müssen. Zur Sicherheit haben sie die konventionelle Calling Card ihrer deutschen Telefongesellschaft dabei.

ULF J. FROITZHEIM

KOSTENSENKUNG: Die Qual der Wahl

Mit der richtigen Telefonkarte lassen sich die Telefonkosten auf Reisen erheblich drücken.

Chipkarten

Vorteile: Das Guthaben ist auf der Karte gespeichert und damit überprüfbar. In vielen Ländern gibt es keine billigere Art zu telefonieren.

Nachteile: Man braucht für jedes Land eine eigene Karte (Ausnahme: Deutschland/Holland). Ärgerlich: nicht vertelefonierte Restguthaben.

Calling Cards

Der Nutzer wählt eine gebührenfreie Rufnummer an, identifiziert sich durch Eingabe seines Kartencodes sowie einer Geheimzahl und erhält dann eine freie Leitung. Die Gesprächskosten werden später vom Girokonto abgebucht. Auch Anbieter wie Otelo, Telepassport und Viag haben Calling Cards im Sortiment. Die Deutsche Telekom hat mit der T-Card einen Zwitter auf den Markt gebracht: Der eingebaute Chip ermöglicht zusätzlich die Benutzung deutscher Kartentelefone.

Vorteile: Mit diesen Karten kann man in einer Vielzahl von Ländern nahezu jedes Telefon bargeldlos nutzen. Der Kunde bekommt monatlich eine Rechnung mit Einzelverbindungsnachweis. Die meisten Karten sind zumindest gegenüber den teuren Telefongesprächen aus Hotelzimmern recht günstig.

Nachteile: Pro Verbindung wird meist eine Grundgebühr fällig (Telekom: 90 Pfennig). Viele Hotels berechnen eine sogenannte Service Charge für die Anwahl von 800er- und 0130er-Nummern. In den USA sind Beträge bis zu einem Dollar üblich, in München beispielsweise reichen die Kosten von null (Maritim) bis fünf Mark (Bayerischer Hof). In einigen europäischen Ländern (zum Beispiel in Österreich) muß man an öffentlichen Fernsprechern eine Münze einwerfen, bevor man die Zugangsnummer anrufen kann. Vor dem eigentlichen Anruf muß man sehr lange Zahlenkolonnen eintippen, es sei denn, man nutzt einen programmierbaren Tonwahlhandsender (bei Otelo und Telekom als Zubehör erhältlich). Gespräche zwischen Drittländern sind extrem teuer: Wer eine amerikanische Karte innerhalb Deutschlands oder eine deutsche innerhalb der USA einsetzt, zahlt das Doppelte des Tarifs für die Verbindung Deutschland-USA. Eine Kostenfalle sind auch die Taktzeiten: Die Telekom berechnet angefangene Minuten, Telepassport schaltet nach 30 Sekunden auf ein 6-Sekunden-Intervall, Otelo rechnet nach der ersten Minute sekundengenau ab.

Prepaid Cards

Seit 1992 gibt es in den USA vorausbezahlte Calling Cards ohne Chip. Das Konzept der Prepaid Card haben mittlerweile auch die Telekom (T-Card Holiday) und andere europäische Anbieter kopiert.

Vorteile: Die Gebühren sind meist günstig. Man braucht sich nirgends anzumelden und hinterläßt keine Datenspuren. Vor allem für Telefonate innerhalb der USA die mit Abstand preiswerteste Lösung.

Nachteile: Gerade bei billigen US-Karten tummeln sich sehr viele schwarze Schafe auf dem Markt. Ohne Empfehlung eines Ortskundigen sollte man von unbekannten Marken die Finger lassen. Bei den als seriös geltenden Anbietern steigen die Preise. Manche Firmen – wie die an der Ostküste weitverbreitete Phone Time Inc. – verlangen neuerdings eine Grundgebühr, weil die Betreiber derTelefonzellen in Washington eine Benutzungsgebühr von 28,4 Cent pro Anwahl einer „gebührenfreien “ Nummer durchgesetzt haben.

Call Back

Der Anbieter ruft zurück und schaltet dem Telefonierer eine Leitung frei. Die Call-Back-Dienstleister erlauben ihren Kunden, auf Reisen den Rückruf auf einen anderen Apparat umzuleiten.

Vorteile: Die Call-Back-Tarife sind in aller Regel die billigste Art, im Ausland zu telefonieren.

Nachteile: Der Anruf bei der Call-Back-Firma zum Umprogrammieren der Nummer ist meist gebührenpflichtig. In Hotels funktioniert Call-Back nur dann, wenn die Zimmer per Direktdurchwahl erreichbar sind. Sonst kann der Concierge auf Ihre Rechnung telefonieren.

UJF

Firmendatennetze: Weltmarkt in Bewegung

Wie schnell sich die Zeiten ändern: Noch im Frühjahr waren Sir lain Vallance und Sir Peter Bonfield sicher, British Telecom habe nur mit fester Verankerung auf dem US-Markt eine  Zukunft. 35 Milliarden Mark war es den Chefs von Aufsichtsrat und Vorstand wert, den BT-Partner MCI vollständig in Besitz zu nehmen. Der Traum-Konzern sollte unter dem Namen Concert zum Weltmarktführer in der Telekommunikation werden.

Heute köchelt das Thema „Going Global“ in London auf kleiner Flamme. Statt in Weltmachtvisionen zu schwelgen, jubeln die beiden Sirs nun über den Milliardengewinn, den ihnen der Verkauf ihrer MCI-Anteile beschert. Der Geldadel in der City ist happy: Seit feststeht, daß die aufstrebende US-Telefongesellschaft Worldcom die schwer defizitäre MCI übernimmt, zog die BT-Aktie kräftig an. Die Analysten applaudieren; British Telecom könne seine Mittel sinnvoller anlegen, als den Zahlmeister für den Aufbau einer zweiten regionalen Netz-Infrastruktur in den USA zu spielen. „Firmendatennetze: Weltmarkt in Bewegung“ weiterlesen