Warum der BJV jetzt gute neue Leute braucht

„Tu Gutes und rede darüber“ lautete der Titel eines 1961 erschienenen Standardwerks über Öffentlichkeitsarbeit. Geschrieben hat es Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim, der sich jahrzehntelang im DJV für „Journalisten in Wirtschaft und Verwaltung“ engagierte. Sein altes Motto sollte eigentlich auch „mein“ Landesverband leben – der BJV, der vor 75 Jahren gegründet wurde und das Jubiläum nicht begangen hat. Man kann durchaus darüber streiten, ob es etwas zu feiern gegeben hätte, denn der Verband schrumpft seit Jahren vor sich hin, und weil das nichts Gutes ist, redet man ungern darüber. Ich halte es aber lieber mit dem Kollegen Stefan Primbs, der dafür plädiert, das Versäumte mit einem „Fest der Begegnungen, des Kennenlernens, des Vernetzens“ nachzuholen: Eine Jubliläumsfeier kann ein Anlass sein, sich alter Stärken zu besinnen, neue Pläne zu schmieden, Aufbruchstimmung zu verbreiten und sich in Erinnerung zu rufen, dass „der BJV“ nicht die Funktionäre und die Geschäftsstelle sind, sondern wir alle. 

Bitte anmelden, vormerken, kandidieren: Am 29. Oktober wählt die BJV-Fachgruppe Freie ein neues Vorstandsteam! *

Was ist eigentlich unser Problem? Warum bleibt der BJV seit einiger Zeit so unter seinen Möglichkeiten? Darüber müssen wir reden. Die viel zu kurz angesetzte und noch dazu „hybride“ Mitgliederversammlung im September bot für so einen Diskurs nicht den Rahmen. Sie machte aber allein schon durch die Abwesenheit von 98,7 Prozent der Mitglieder eines klar: Damit ein Journalistenverband Gutes tun kann, über das zu reden sich lohnt, braucht er nicht nur Geld – davon hat der BJV wahrlich mehr als genug auf turmhoher Kante – sondern in erster Linie mehr Aktive und Engagierte. Leute, die mit anpacken, die ihren inneren Schweinehund bezwingen, die nicht am „Lass-lieber-mal-die-Anderen-machen“-Syndrom leiden, das in der Ehrenamtlerei leider überall grassiert, vom Elternbeirat bis zu den alten Volksparteien. Es kann nicht wahr sein, dass man oft schon froh sein muss, wenn es überhaupt genügend Kandidaten gibt für die zu besetzenden Ehrenämter. Früher oder später führt solcher Mangel dazu, dass nicht nur die Besten, Qualifiziertesten und Kreativsten gewählt werden, sondern dass Vereinsmeier und Gschaftlhuberinnen sich mit einem Pöstchen schmücken können, von denen sich niemand repräsentiert sehen will. Wenn wir also mehr sein wollen als eine in die Jahre gekommene Gewerkschaft, die sich um Tageszeitungs- und BR-Redaktionen kümmert, nämlich eine starke, moderne Interessenvertretung aller in Bayern journalistisch Tätigen, dann müssen auch alle ihren Teil dazu beitragen, denen das am Herzen liegt. Je mehr Kolleginnen und Kollegen quer durch alle Generationen etwas Zeit in die gemeinsame Sache investieren, desto weniger Arbeit lastet dann auch auf den Schultern Einzelner. Dann wird unsere alte Gewerkschaftstante BJV auch automatisch attraktiver für Jüngere, die es uns Boomern zeigen (oder auch das eine oder andere von uns lernen) wollen. Dann können wir auch unsere Nachwuchsprobleme lösen, den Schrumpftumskurs verlassen und ihn womöglich sogar umkehren. (Ich meine, wenn das sogar die SPD schafft, sollten wir uns nicht wie die CDU benehmen.)  „Warum der BJV jetzt gute neue Leute braucht“ weiterlesen

DJV auf dem richtigen Weg

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat schwierige Jahre hinter sich. Pünktlich zu seiner 70-Jahr-Feier vorige Woche wurde er aber ein Problem los, das ihm seit 2004 wie ein Betonklotz am Bein hing. In der Hauptstadtregion, also Berlin mit Brandenburg, gibt es nun wieder einen starken Landesverband, nicht mehr zwei, die mit jeweils halber Kraft auftraten und sich gegenseitig Konkurrenz machten. Die junge Generation trat auf dem Verbandstag in Berlin nicht nur sehr selbstbewusst auf, sie ist auch im neuen Bundesvorstand vertreten. Bei den Freien geht der DJV in die überfällige Offensive. Nicht zuletzt haben sich ein paar Persönlichkeiten verabschiedet, die sich schon lange nicht mehr durch konstruktive Mitarbeit hervorgetan hatten, sondern nur noch durch persönliche Schmähungen und intrigantes Verhalten. Die Voraussetzungen sind also gut, um gemeinsam und kollegial etwas zu erreichen. Hierzu noch ein paar Anmerkungen von einem, der den Laden kennt.

Freier Journalismus läuft: Anne Webert vom FA Freie mit Staffelstab am Rednerpult in Berlin

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Rezo, der DJV und die lieben Kollegen

Ein ganz normaler Sommertag im Netz. Ein verdammter normaler Sommertag der späten Zehnerjahre, sollte ich dazusagen, denn ich kenne das Netz noch anders, aus den Zeiten, als die Modem-Verbindung 20 Pfennig pro Minute kostete und man die wertvolle Onlinezeit nicht damit verplemperte, anderen vorzuwerfen, sie benähmen sich daneben, während man sich gerade selbst danebenbenimmt. Als teilnehmendem Beobachter in den sozialschwachen Medien fällt mir nur noch ein Dreierpack rhetorischer Fragen ein, den man nicht schreiben kann, ohne sich als hoffnungslos altmodisch zu outen: „Wie reden Sie mit mir? Was glauben Sie, wen Sie vor sich haben? Was bilden Sie sich eigentlich ein?“ Womit ich übrigens einem Twitterer bereits wieder Anlass zum Hassen gegeben habe. „Boar, wie ich Leute hasse, die im Internet das Sie nutzen“, schrieb irgendein Christian. (Ich hasse Leute, die solche Tweets in die Welt setzen.)

Aus meiner Twitter-Timeline

Ursprünglicher Auslöser der absurden Wortfechtereien, in deren Verlauf ein junger DJV-Kollege sich zu der Äußerung verstieg, seinetwegen könne man den Vorsitzenden seiner eigenen Gewerkschaft gerne „schlachten“, war Rezo. „Rezo, der DJV und die lieben Kollegen“ weiterlesen

VG Wort: Hier wird nichts verschenkt

So schön es ist, dass mehr Kollegen das Urheberrecht für sich entdeckt haben, so schade ist es, dass manche von ihnen zu „meinem“ Thema fantasievolle Beiträge leisten, für deren Lektüre man – freundlich formuliert – einen robusten Humor braucht.

Wer männlich und 60plus (ein paar Monate) ist und keinen Migrationshintergrund hat, der ist was? Richtig, ein alter weißer Mann (AWM™). Wo dieses Stereotyp auftaucht, ist gemeint: Da ist jemand, der zum alten Eisen gehört und am besten die Schnauze hält, weil er – wenn auch unverschuldet – drei Eigenschaften in sich vereint, die ihn zumindest in dieser Kombination disqualifizieren. Das war anfangs durchaus lustig, weil ein paar meiner Altersgenossen durch ihre altväterlichen, arroganten, machohaften Sprüche intelligenten jungen Frauen (mit oder ohne dunkleren Teint) gute Gründe für den Stoßseufzer geliefert hatten. Franz Josef Wagner ist quasi der Prototyp des AWM, denn er bedient das Klischee des Kerls, der nicht mehr lernt und nicht mehr lernen will, in welcher Welt wir leben, ständig aufs Neue.

Rein formal bin ich natürlich auch ein AWM. Aber noch nie hat mich eine junge Frau so genannt. Bis zum Rentenalter (siehe Screenshot) muss ich noch fünfeinhalb Jahre arbeiten. Ich denke auch nicht, mich wagnerhaft benommen zu haben. Deshalb war ich in jeder Hinsicht überrascht, als mich neulich mein Kollege und Zeitgenosse Peter W. öffentlich so titulierte. Glaubt man seinen Tweets, bin ich nicht nur ein AWM, sondern sogar einer, der „das Geld der Autoren“ – meines, seines, Ihres? – den Verlegern schenkt und sich eine Zensur des Internets herbeiwünscht. Dass er mich nicht als Masochisten darstellt, der sich wie ein Flagellant täglich die Geißel über den Rücken zieht, ist alles.

Um das bemerkenswerte Kommunikationsverhalten des Kollegen W. einordnen zu können, sollte man wissen, dass er ein weißer Mann ist, aber noch nicht alt. Erst nächstes Jahr stößt er an die unsichtbare Grenze, die Alt von Jung trennt, diese Schallmauer mit der großen 60 drauf. Vielleicht will er das Stereotyp unbedingt noch benutzen, solange es für ihn noch nicht zu spät dafür ist. Kraft meiner frisch erworbenen Altersweisheit und eingedenk der weiteren Umstände tendiere ich indes zu der Einschätzung, dass W. ein verkannter Witzbold ist, einer mit Hang zur Selbstironie und skurrilem Humor. Otto Waalkes hat ja einst auch Ostfriesenwitze gerissen. „VG Wort: Hier wird nichts verschenkt“ weiterlesen

BJV: Money for Nothing

In einer idealen Welt, in der alle Menschen fair und respektvoll miteinander umgehen, wären Berufsverbände und Gewerkschaften überflüssig. Alle Selbständigen und Angestellten würden mit ihrer Arbeit genug Geld verdienen, um einer Familie einen angemessenen Lebensstandard zu bieten. Leistung würde adäquat honoriert, niemand über den Tisch gezogen. Keiner würde die Macht des Stärkeren ausspielen. Wer sagt, dass das leider eine Utopie bleiben wird, ist kein Pessimist, sondern Realist.

Ergo können wir auf Berufsverbände und Gewerkschaften nicht verzichten. Wir brauchen sie, und sie müssen stark sein. So stark, dass sie als Lobby der im jeweiligen Beruf Tätigen ernst genommen werden. So stark, dass sie sich genügend Hauptamtliche leisten können, die ihren Mitglieder Service bieten, die sie juristisch beraten und vertreten. So stark, dass sie, wenn gar nichts anderes hilft, auch mal einen Streik durchstehen, an dem sich dann aber auch alle (!) Mitglieder beteiligen.

Und was heißt stark? Nicht nur finanzstark, sondern auch mitgliederstark. Alles steht und fällt mit dem Organisationsgrad. Egal, ob Berufsverband oder Gewerkschaft: Wer den Anspruch aufgibt, als legitimer Vertreter und Sprecher aller Angehörigen des Berufs anerkannt zu werden, gibt sich selbst auf und kann eigentlich zusperren.

Und was ergibt sich daraus wiederum zwingend? Dass sich alle, die in diesem Beruf ihren Lebensunterhalt verdienen oder ihn erlernen, die Mitgliedschaft auch leisten können müssen.

Bayerischer Beitrag galoppiert dem Preisindex davon

Wer mich kennt, weiß, wem ich hier predige – schließlich lautet der Untertitel meiner Wortpresse „Journalismus unter Druck“ – aber vielleicht nicht, warum gerade jetzt. Ein paar Dutzend meiner lieben Kolleginnen und Kollegen im Bayerischen Journalisten-Verband haben vor einer Woche entschieden, dass unser Mitgliedsbeitrag um 54 Euro pro Jahr steigen soll, auf dann 408 Euro. „BJV: Money for Nothing“ weiterlesen