Artikel 13 für Dummies

Wer diese Seite liest, hat wahrscheinlich einen Link auf Facebook oder Twitter angeklickt und möchte wissen, was es mit den drei furchtbar schrecklichen Artikeln der EU-Richtlinie zum Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt auf sich hat. Hier geht es um den meistgefürchteten, den Artikel 13, dort um Artikel 11 und unter diesem Link um Artikel 12.

Was nicht drinsteht: Upload-Filter.

Worum es nicht geht: Upload-Filter.

Worum es nicht geht: Nutzungen zu blockieren oder zu verhindern.

Worum es nicht geht: Zensur, Einschränkung der Meinungsfreiheit oder irgendeine Vorab-Kontrolle der hochgeladenen Inhalte.

Worum es nicht geht: Foren, Foto-Communities, Bildungsangebote oder irgendwelche nicht-kommerziellen Websites, auf denen User eigene Beiträge hochladen können.

Worum es nicht geht: Unmögliches oder Unzumutbares von Betreibern kleinerer und nicht-kommerzieller Plattformen zu verlangen.

Worum es geht: Uploads zu erlauben, ohne dass der Uploader Abmahnbriefe befürchten muss. „Artikel 13 für Dummies“ weiterlesen

Stiftung Warentest, Heise und Bibliotheken gegen die Urheber?

Volker Rieck hat mich mit seinen Recherchen über den Lobby-Filz, dem wir einen nicht unbeträchtlichen Teil der laufenden Anti-Urheberrechts-Kampagne verdanken, dazu inspiriert, mir die Mitgliederliste der Organisation Copyright4Creativity mal näher anzuschauen. Es ist verblüffend, wer sich da alles mit der IT-Industrie und den Internet-Riesen ins Bett gelegt hat: Verbände, denen zum Beispiel Hochschul-Bibliotheken angehören oder die Stiftung Warentest, aber sogar Medienunternehmen wie Heise. Wenn Ihr, liebe Miturheber, jemanden kennt, den Ihr hier findet, sprecht ihn drauf an und fragt, warum er Leute unterstützt, die sich pro Google und contra Urheber engagieren.

„C4C bündelt und vertritt die Interessen diverser Verbände – von Industrieverbänden bis zu Verbraucherschutzverbänden – und erweckt allein schon durch den wohlklingenden Namen den Anschein einer gesellschaftlich umfassenden Graswurzelbewegung zur Rettung von Urheberrechten und Kreativität. Dabei geht es ihr um alles andere als das. Denn anders als der Name es vermuten lässt, sind keine Kreative oder Kreativ-Verbände Mitglieder dieser Initiative. Wenn man die Agenda von C4C ansieht, verwundert das kaum. So wird z.B. gleich auf der Startseite des Webauftritts der Value Gap* als Mythos bezeichnet. In der Erklärung ihrer zentralen Ziele taucht das Wort Urheberrecht nicht ein einziges Mal auf. C4C führt damit die Tradition vermeintlicher Graswurzelbewegungen weiter, sich mit einem nett klingenden Namen zu schmücken, der aber das eigentliche Ziel der Bewegung ins Gegenteil verkehrt.“                                          Volker Rieck

* Wertschöpfungslücke zu Lasten der Urheber

Hier die interessantesten Funde aus der Mitgliederliste:
BEUC – The European Consumers’ Organisation

Deutsche Mitglieder: Verbraucherzentrale Bundesverband, Stiftung Warentest „Stiftung Warentest, Heise und Bibliotheken gegen die Urheber?“ weiterlesen

Urheberrichtlinie: Artikel 13 auf Deutsch

Alle reden über den „Uploadfilter“-Artikel, gelesen hat ihn kaum einer. 

Die Urheberrechtsreform ist – „dank“ enormer Lobbyarbeit von Google und massiver Schützenhilfe seitens der letzten Brüsseler Parteipiratin Julia Reda und ihres Fanclubs – zu einem großen politischen Aufreger geworden. Seit sich Justizministerin Katarina Barley, angestachelt unter anderem vom Youtube-affinen SPD-Nachwuchs-MdEP Tiemo Wölken, öffentlich auf die Seite der Reformgegner geschlagen hat und damit auf Konfrontationskurs zu Bundeskanzlerin Angela Merkel gegangen ist, fabuliert die sozialdemokratische Twitter-Community vom Auseinanderbrechen der Koalition. Schließlich dürfe sich die SPD das Machtwort von „Mutti“ nicht gefallen lassen, stehe doch im Koalitionsvertrag ausdrücklich drin, dass die Bundesregierung Uploadfilter ablehne. Barley wird sogar verbal verdroschen, weil sie die – Achtung, neuer Hashtag im AfD-Stil! – #merkelfilter nicht verhindern konnte.

Nun ist der Kompromissvorschlag, der nach dem Trilog vorgelegt wurde, nicht geheim. Seit ein paar Tagen kursiert er im Netz, seit gestern ist er öffentlich und kann unter anderem bei der Initiative Urheberrecht heruntergeladen werden.

Weil das Juristenenglisch nicht leicht verdaulich ist, habe ich den Artikel 13 mal in das Online-Übersetzungsprogramm DeepL gekippt, das ganz gut mit Amtsdeutsch und angelsächsischer Juristenprosa umgehen kann. Ein paar Stellen habe ich ein bisschen redigieren müssen, weil die Bandwurmsätze schon im Original so holpern, dass man sie dreimal lesen muss, um zu kapieren, wo sie klemmen. Eigentlich würde ich das ja gerne gründlich umschreiben, damit man es wirklich auf Anhieb versteht, aber das könnte mir als Manipulationsversuch ausgelegt werden. Schließlich bin ich ja – wie ich in den letzten Tagen in den „sozialen“ Medien lernen musste – nicht etwa der schreibende Kreativ-Kleinstunternehmer, der an der Seite von Fotografen, Schriftstellern, Übersetzern, Komponisten, Songwritern, Drehbuchautoren und Filmemachern dafür kämpft, dass globale Werbe- und Datensammelkonzerne unsere Werke nicht mehr ohne Bezahlung für ihre Zwecke ausschlachten können. Nein, ich bin offenbar ein Lobbyist der bösen Verwertermafia. „Urheberrichtlinie: Artikel 13 auf Deutsch“ weiterlesen

Neoarchäologie mit Google Street View

Schön, wenn einen die Kollegen nach Jahren bestätigen. 2007 schrieb ich in der Technology Review:

Das alte Bild der Erde

IRGENDWIE BERUHIGEND: GOOGLE EARTH & CO. ZEIGEN NIE DIE WAHRE LAGE IM HIER UND JETZT.

2010 habe ich nachgelegt und mit dem Teenager Google geschimpft:

Street View ist für dich nur ein Kinderspiel, das dir wahrscheinlich rasch wieder langweilig wird. So wie dein angestaubtes Fotoalbum Google Earth: Da sehe ich von oben ganz genau, wessen Vormieter sein Gerümpel im Garten hat liegen lassen – vor acht Jahren.

Die Süddeutsche Zeitung (Print, 11.9.2013, München, Thema des Tages) hat mal wieder nachgeschaut und herausgefunden, was man sich denken konnte – schließlich wurde schon lange kein Streetview-Auto mehr in München gesichtet:

„Wie Google Street View veraltet:

Heute ist immer gestern

Die Schwabinger 7 steht noch, der Arnulfpark wächst erst heran, und das Oktoberfest hört niemals auf: Im Internet wird ein Bild von München konserviert, das fünf Jahre alt ist. Denn der Internetkonzern Google will seine Straßenansichten nicht aktualisieren. Das lässt einen Überraschendes entdecken – ein virtueller Spaziergang“

Sieh an, der Kollege hat tatsächlich eine Antwort auf die Frage bekommen, ob Google gedenkt, die Bilder mal irgendwann zu aktualisieren: Nein, das ist also nicht geplant. So dynamisch die Welt ist, so statisch ist der Welterklärer. Google entwickelt sich zum virtuellen Museum für neuzeitliche Archäologie.

Google, der Wert der Fotografie und der Fellow

Beim Computeraufräumen stieß ich gerade noch einmal auf einen nicht mehr ganz frischen Blogeintrag von Tobias Schwarz. Das ist dieser junge Typ, der sich mutwillig „Isarmatrose“ nennt, obwohl (1.) er an der Spree wohnt, (2.) es auf der Isar mangels Schiffbarkeit nur Flößer gibt und (3.) für ein gestandenes Münchner Mannsbild allenfalls „Eisbachsurfer“ ein satisfaktionsfähiger Web-Nick wäre.

Für alle, die ihn noch nicht kennen: Tobias Schwarz sieht aus wie ein Knallroter zur Zeit der Ostermärsche, diente mal (nomen erat omen) den Schwarzen, und während seine Gesinnung in auffälligen Orangetönen schillert, verdingt er sich heute bei den Grünen – als Kreisgeschäftsführer Berlin-Lichtenberg sowie Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Netzpolitik.Als Werkstudent hat er schon in der Öffentlichkeitsarbeit des scheingrünen Lobbyverbandes CO2ncept plus (dessen industrielle Mitglieder sehr froh waren, von der EEG-Umlage entlastet zu werden) sowie bei McKinsey gastiert, was allein wegen seines Äußeren jedes linke Vorurteil über die Mäckies ins Wanken bringt. Vielleicht wuchsen ihm Mähne und anachronistischer Zottelbart ja auch erst später, oder Mitarbeiter ohne Kundenkontakt dürfen das. Wie auch immer: Ein CV mit 18 Positionen binnen fünf Jahren zeigen außer ihm nicht viele im Netz (vielleicht auch deshalb, weil mehr manchmal weniger bedeutet).

Also sprach Tobias Schwarz:

„Fotografie existiert nicht deshalb, weil damit Geld verdient werden kann.“

Tja, liebe, arme Fotografen und Bildjournalisten, wie Ihr seht, zäumt hier ein Teilzeit-Urheber (Online-Fachautor und sogar stolzer Inhaber eines VG-Wort-Wahrnehmungsvertrags) gewaltsam den Pegasus vom Schwanz her auf. Und merkt es nicht in seiner Kurzsichtigkeit.

Es ist nur dummerweise so, liebe Netzgrüne: Hätte man mit Fotografie nie Geld verdienen können, gäbe es sie nicht. Louis Daguerre, George Eastman, Carl Zeiss, „Google, der Wert der Fotografie und der Fellow“ weiterlesen