Was die Gamerszene mit der NRA gemeinsam hat

Eine Woche nach „Halle“ eine kleine Frage in die Runde: Erinnert sich noch jemand, wie das war mit „Winnenden“? In der Stadt im schwäbischen Rems-Murr-Kreis sowie im nahen Wendlingen ermordete ein psychisch gestörter 17-Jähriger vor zehn Jahren 15 Menschen und verletzte elf weitere. Die Schusswaffen hatte Tim K. seinem Vater gestohlen, einem Sportschützen, der ein ganzes Arsenal davon zu Hause gelagert und nicht sicher weggesperrt hatte. Weil der Sohn die im Kleiderschrank notdürftig versteckte Beretta gefunden hatte, wurde der Vater später wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen verurteilt. Er kam mit einer anderthalbjährigen Bewährungstrafe und einer halben Million Euro zugunsten der Opfer davon.

Völlig zu Recht mussten Deutschlands Sportschützen damals ertragen, in die – pardon, die Floskel passt einfach zu gut – Schusslinie der Kritik zu geraten. Da sich der oberste Schützenfunktionär in NRA-Manier mehr darum sorgte, man könne seinen Mitgliedern großkalibrige Schießeisen wegnehmen, als um die Innere Sicherheit in diesem unserem Lande, und da ihm in Sandra Maischbergers Talkrunde nichts Dämlicheres einfiel als die Forderung, schon Grundschülern Knarren in die Hand zu drücken, „Was die Gamerszene mit der NRA gemeinsam hat“ weiterlesen

Ein Rant zum Stichwort „Lügenpresse“

Wie oft habe ich in den letzten Tagen oder Wochen etwas von „Staatsmedien“ und „Lügenpresse“ gehört oder gelesen? Nur mal fürs Protokoll, falls sich ein Pegidist hierher verirrt: Russia Today ist ein Staatsmedium – nur halt keines von unserem Staat, sondern von einem Staat, in dem kritische Journalisten Angst haben müssen, wenn sie sich mit der Staatsgewalt anlegen.

Hierzulande gäbe es die Deutsche Welle und das Deutschlandradio. Gemeint sind aber auch die normalerweise nicht. Die Skandierer hören und schauen doch wohl eher andere Programme.

Womit wir bei ARD und ZDF sowie den ebenfalls verunglimpften Printmedien SZ, FAZ, Zeit und Spiegel wären (warum werden eigentlich Welt und Bild eher selten als Staatsmedien kategorisiert?). Die Anstalten mögen immer wieder unter Parteieneinfluss leiden, aber auf Beispiele für solchen Machtmissbrauch warten die besagten Zeitungen und Magazine nur. Im ZDF, sogar im Bayerischen Rundfunk können sich diverse Redaktionen inzwischen leisten, beide Berliner Regierungsfraktionen sowie die bayerische Staatsregierung nicht offen nur zu kritisieren, sondern nach allen (oder selbst gegen alle) Regeln der Kunst zu verhöhnen, ohne dass die Sendung abgesetzt würde oder dem Verantwortlichen das EdeKa droht. Das war noch vor wenigen Jahren anders.

Ruft die Staatskanzlei im Sender an, steht es am nächsten Morgen als Skandal in der Zeitung. Sieht so Staatsfunk aus?

Ich habe in den vergangenen 40 Jahren selten weniger um die verfassungsmäßige Staatsferne der Anstalten bangen müssen als heute. Wer sich aufregt, ist entweder zu jung, um die Zeiten miterlebt zu haben, als viele Westbürger nicht wussten, dass die Tagesschau nicht vom Regierungssprecher gesprochen wird – oder er lebte im Tal der Ahnungslosen, wie das gegenüber den Westfernseh-Sendemasten abgeschattete sächsische Elbtal einst hieß. Wo liegt nochmal Dresden? Und wo sind die größten Aufmärsche?

Ja, und die Zeitungen: Woher wissen denn die neunmalklugen Spaziergänger überhaupt von den Missetaten der Geheimdienste und der Vorzeigeeuropäer wie Jean-Claude Juncker? Wenn die Presse löge, wäre Juncker doch ein kleiner Unschuldsbengel und in Brüssel, Straß- und Luxemburg alles okay. Eon würde nicht dem Steuerzahler seine Schrott-AKWs aufs Auge drücken, der ADAC wäre ein sauberer Verein, Gustl Mollath noch im Knast, Uli Hoeneß eher nicht, bayerische Abgeordnete würden noch ihre Familien auf unsere Kosten alimentieren, Christine Haderthauer in München weiter staatskanzleiern und Sigmar Gabriel nicht der Braunkohle Vorrang vor Erneuerbaren geben.

Und die Berichte, dass überhaupt Flüchtlinge nach Deutschland kommen, wären natürlich auch unwahr, wenn die Presse eine Lügenpresse wäre.