Türkische Arbeiter, Udo Ulfkotte will Euch Eure Schwarzgeldkonten in Liechtenstein wegnehmen

Dass der Schriftsteller Udo Ulfkotte seltsame Dinge schreibt, wusste ich. Diese Angewohnheit hatte er auch schon, als er noch als Redakteur arbeitete. Bei ihm muss man beispielsweise darauf gefasst sein, dass er von Immigranten Schadenersatz für die ihnen leider misslungene Integration fordert, die „uns“ Zig- oder auch Hunderttausende gekostet habe. Gegen sein schwarz-weißes Weltbild ist Thilo Sarazzin ein Meister der Grautöne, ja sogar der Farbnuancen.

Auf der befremdlichen Website des Kopp-Verlags habe jetzt ich rhetorische Ulfkotte-Fragen entdeckt, die derart daneben sind, dass man sie für eine Persiflage halten muss. Allerdings sind sie wohl als Reklame für sein im September erschienenes Buch „Kein Schwarz. Kein Rot. Kein Gold: Armut für alle im »Lustigen Migrantenstadl«“ gedacht.

Ich versuche mal darauf zu antworten.

„Wussten Sie, dass Migranten laut Armutsberichten immer ärmer werden und zugleich von Jahr zu Jahr mehr Milliarden ins Ausland schaffen?“

Nein, aber es klingt interessant. Den Trick möchte ich lernen: knapp bei Kasse zu sein und doch viel Kohle auf die Seite zu schaffen. Ich fürchte nur, dass Ulfkotte zweierlei Migranten in einen Zusammenhang presst, in den sie nicht gehören. Der nicht sonderlich beliebte Ausländer Joe Ackermann zum Beispiel dürfte jedes Jahr einige Euros in die Schweiz schaffen, sein Dax-Kollege Peter Löscher schafft sicher einiges nach Österreich. Aber was soll man dagegen sagen? Es ist ihr Geld, sie haben dafür gearbeitet (wenn auch ein bisschen weniger pro Euro als Siemens-Arbeiter Ali Ö. aus Erlangen).

„Wissen Sie, wie viele türkische Hartz-IV-Empfänger Schwarzgeldkonten in Liechtenstein haben?“

Nein, mit dieser Information kann ich Ihnen auch nicht dienen. Die Zahl ist wohl fürstlich-vertraulich. Ich rate mal: Einer? Übrigens wollte die SPD mal den deutschen Arbeitern ihre Villen im Tessin wegnehmen.

„Wussten Sie, dass deutsche Sozialgerichte Sozialhilfebetrug bei Migranten inzwischen als »kulturelle Besonderheit« akzeptieren und mit dieser Begründung auf Rückforderung der betrügerisch abkassierten Summen verzichten?“

Das erinnert mich daran, dass Sie laut taz einst behauptet haben sollen, Metzger kämen zu Ihnen und erzählten, dass ihnen Muslime freitags im Laden aufs Schweinefleisch spuckten. Immer wieder freitags kommt Cem, der Bezirksschornsteigerfegermeister, stürmt hinter den Tresen und dann… toi, toi, toi?

„Wussten Sie, dass wir seit Jahrzehnten Türken und Mitglieder von Balkan-Großfamilien, die noch nie in Europa gewesen sind, kostenlos und ohne einen Cent Zuzahlung in der gesetzlichen deutschen Krankenversicherung mitfinanzieren?“

Auch  das ist mir tatsächlich neu, überhaupt kann ich mir „Balkan-Großfamilien, die noch nie in Europa gewesen sind“, schwer vorstellen. Sind deren Ahnen etwa aus Serbien nach Australien ausgewandert oder von Albanien nach Kanada? Und wie machen die es, eine deutsche Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen, wenn sie noch nie eine deutsche Arztpraxis von innen gesehen haben? Zumindest schließe ich letzteres aus meinen Geographiekenntnissen, die mir sagen, dass Deutschland ebenso in Europa liegt wie der Balkan.

Oder ist es vielleicht so, dass ein Teil der Familie doch in Deutschland lebt und so brav wie unfreiwillig Beiträge ins solidarische Transfersystem einzahlt? Wo ist dann der Unterschied zu der deutschen Großfamilie, deren nicht erwerbstätige Mitglieder genauso beim Hauptverdiener mitversichert sind? Aber das ist vielleicht jetzt ein bisschen zu kritisch zurückgefragt. Der Autor Ulfkotte spricht ja auch gerne pauschal von „unseren“ Steuern, wenn er die in Deutschland gezahlten Steuern meint, egal, ob sie Deutschen oder Ausländern vom Lohn abgezogen oder als Verbrauchs- (Mineralöl-/Tabak-/Kaffee-/Mehrwert-) -steuer einbehalten werden. Passt scho‘, wie der Bayer sagt: Zoin derfas‘, d’Ausländer, aba wos woin ned.

Wussten Sie, dass die Bundesregierung seit 2003 versprochen hat, diese Benachteiligung ethnischer Deutscher endlich zu beenden, es aber bis heute nicht getan hat?“

Sagen Sie, sind nicht seit 2003 zwei Bundestagswahlen gewesen?  Welche Bundesregierung meinen Sie bloß, die „seit“ 2003 etwas versprochen hat, womöglich gebetsmühlenartig immer wieder bis heute: grün/rot, rot/schwarz, schwarz/gelb?

Kurz zusammengefasst: In welcher Welt leben Sie eigentlich?

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2 Antworten auf „Türkische Arbeiter, Udo Ulfkotte will Euch Eure Schwarzgeldkonten in Liechtenstein wegnehmen“

  1. Admin Ulf, Sie sind ja ein ganz Schlauer bzw. Smarty! Chapeau…exzellent durchschaut, das mit dem geografischen Kontext zwischen Europa und dem Balkan bzw. vice versa.
    Man erkennt in Ihrer Argumentation den Kenner und Durchblicker. Sind Sie auch ein Gutmensch? Wenn so…..na dann BRAVO!!!

    Guten Morgen

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