Live Blogging aus Berlin: Saboteure im Estrel

Journalisten können entgegen anderslautenden Gerüchten aus der Blogosphäre normalerweise bis zehn zählen und sind auch in der Lage, eine blauen von einem grünen Stimmzettel zu unterscheiden.

Also war es wohl kein Versehen, dass beim Verbandstag des Deutschen Journalisten-Verbandes ein eklatant falscher Stimmzettel in der Urne im zweckentfremdeten Sektkübel landete: Bei der Wahl der drei Beisitzer aus vier Kandidaten warf ein Teilnehmer statt des grünen Kärtchens Nr. 7 Jg. 2009 unbemerkt ein blaues Kärtchen mit der Nummer 10 aus dem Vorjahr ein. Da die Gewählten nicht auf dem Kärtchen selbst, sondern auf einem gesonderten DIN-A4-Bogen aufgeführt waren, ließ sich beim Auszählen nicht eruieren, welcher Stimmzettel ungültig war.

Folge 1: Der Wahlgang muss wiederholt werden – und zwar sicherheitshalber per Hammelsprung…

…bei dem alle Schlange stehen müssen. Strenge Wahlbeobachter an der Tür passen auf, ob die Delegierten auch brav den rosa Stimmzettel und das grüne Stimmberechtigungskärtchen in die beiden separaten Urnen werfen.

Folge 2: Es bleibt weniger Zeit für Diskussionen über die eigentlichen Themen des Verbandstags.

Wenn es nicht so peinlich wäre, sollte man fast die Gelegenheit nutzen, dass das Hotel Estrel nicht nur DJV-Tagungshotel, sondern Haupt-Quartier der zum 9. November in die Hauptstadt abkommandierten Polizisten ist: Der Täter dürfte Fingerabdrücke auf dem blauen Stimmkärtchen hinterlassen haben. Die Handschrift der Sabotageaktion, sagen viele Teilnehmer, komme ihnen allerdings ziemlich vertraut vor.

Staatsknete für die Presse?

Preisfrage: Wer denkt sich so etwas aus?

Öffentliche Aufgabe der Medien bedingt öffentliche Finanzierung

Die Medien und ihre Journalisten haben im demokratischen Staat eine wichtige öffentliche Aufgabe. Öffentliche Aufgaben müssen auch öffentlich, d.h. durch den Staat finanziert werden. Eine Pflicht Privater, öffentliche Aufgaben wahrzunehmen und zu bezahlen, gibt es nicht. Soweit eine öffentliche Aufgabe von Privaten – Verlagen oder Journalisten – tatsächlich wahrgenommen wird, hat der Staat entsprechende Subventionen zu gewähren. Diese können – und müssen – in Privilegien (z.B. Abschaffung der Umsatzsteuer für Presseerzeugnisse, keine GEZ-Gebühr für Journalisten, Freibeträge bei Lohn- und Einkommensteuer, etc.) oder direkten Zuschüssen bestehen. Der DJV duldet es nicht, dass der Staat unseriöse Banken und kriminelle Börsenzocker mit Hunderten von Milliarden alimentiert, Journalisten aber der Verelendung überlässt – Journalisten und Medien sind „systemrelevant“. „Staatsknete für die Presse?“ weiterlesen

Brandenburger Schenkelklopfer

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) soll Transparenz nicht nur fordern, sondern auch leben – fordert das Schlusslicht in der DJV-Mitgliederstatistik*, der wahrhaftig überregionale "Landesverband" Brandenburg**.

So sei es. Es wäre nämlich wirklich schade, wenn der Außenwelt verborgen bliebe, mit welch fantasievollen Beschlussvorlagen die Brandenburger Kollegen die Delegierten des DJV-Bundesverbandstags 2009 beglücken. Sollten all ihre einschlägigen Anträge durchgehen, könnte es künftig mehr Zuschauer als aktive Delegierte bei solchen Jahresversammlungen geben. Das Publikum hätte echt was zu lachen, „Brandenburger Schenkelklopfer“ weiterlesen

Transparenz in eigener Sache

Was Qualitätsjournalismus ist, will der DJV Brandenburg vom Bundes-DJV wissen . Nun ja, dazu gehört auf alle Fälle gute Recherche. Die hätte zum Beispiel dazu geführt, dass der DJV Brandenburg sich folgenden populistischen Verbesserungsvorschlag in dieser Form verkniffen hätte:

Tantiemenabführung durch DJV-Funktionäre

DJV-Mitglieder oder -Funktionäre, die Mandate des DJV in anderen Organisationen wie Gremien von Rundfunkanstalten, Verwertungsgesellschaften, Versorgungswerken, Versicherungen, etc. ausüben, haben ihre damit verbundenen Einkünfte (Tantiemen) zu 90 Prozent und unverzüglich nach Zufluss an den DJV abzuführen.

Antrag E 29 an den DJV-Verbandstag 2009, eingebracht vom Landesverband Brandenburg

Die Verwertungsgesellschaft Wort, in deren Verwaltungsrat ich (DJV-Mitglied) sitze, funktioniert ganz anders „Transparenz in eigener Sache“ weiterlesen

Warum der DJV sich wieder mal mit sich selbst beschäftigen muss

Für manche Kollegen bin ich ein berufspolitischer Masochist. Sie belächeln mich, weil ich mir nicht abgewöhnen kann, im Deutschen Journalisten-Verband mitzumischen. Zwar bin ich kein richtiger Funktionär mehr, nur noch bayerischer Delegierter zum Verbandstag in Berlin (8.-10. November). Aber selbst für die niedrigste Stufe des ehrenamtlichen Engagements (die Gewählten stellen sich einmalig für 48 Stunden zuzüglich Anreise in den Dienst der Gemeinschaft) muss man ein gewisses Quantum an Leidensbereitschaft mitbringen.

Das hat damit zu tun, dass die übervolle Tagesordnung von, wie es so schön amtsdeutsch heißt, "innerverbandlichen" Themen dominiert wird – eine quälende Vereinsmeierei, die übrigens nicht der Vorstand zu vertreten hat, sondern ein paar Möchtegern-Rebellen, die auf ihre alten Tage den Reiz des Marschs durch die Institutionen entdeckt haben, aber sonst alles andere als Achtundsechziger sind. „Warum der DJV sich wieder mal mit sich selbst beschäftigen muss“ weiterlesen