„Schreiben nach Zahlen“ überschreibt ein Kollege einen in Berlin und Frankfurt erschienenen Text über „data-driven journalism“, in dem er sich darüber wundert, dass Journalisten „in Zukunft“ angeblich Datenbanken durchsuchten, und feststellt: „Coole Detektivarbeit ist das nicht.“
Obwohl „Verlinkt“ über der Kolumne steht, enthält diese keinen einzigen Link, anhand dessen man checken könnte, was der gute Mann, der seine IT-Kenntnisse bescheiden auf dem Niveau des „unfallfreien“ Schreibens am PC verortet und heute dennoch freiwillig als Online-Redakteur werkelt, ja sogar twittert, da wohl falsch verstanden hat.
Dass er bei der Lektüre der New York Times etwas falsch verstanden hat, ist auch ohne investigative Virtuosität und große Computerkenntnisse ersichtlich, schreibt er doch in Gänsefüßchen:
„Reporter müssen wissen, wie man Computer manipuliert, um die Geschichten schreiben zu können, die für ihre Leser am wichtigsten sind.“
Anschließend zitiert er einen Professor Henning Schulzrinne, „der an der Columbia University lehrt und forscht“, aber dies nicht gesagt hat. Das Zitat stammt von einem Kollegen Schulzrinnes, dem Lehrbeauftragten Nick Bilton. Womit dann auch der Eindruck hinfällig ist, es habe ein des Deutschen mächtiger Prof ernsthaft von Manipulationen gesprochen. Also sprach Bilton, in indirekter Rede übrigens und keineswegs auf Leser einer Zeitung beschränkt, sondern auf das gesamte crossmediale Publikum bezogen:
…reporters need to know how to manipulate computers in order to tell the stories that matter most to their audiences.
Wie unser aller Freund Leo verrät, kann „to manipulate“ nämlich auch etwas völlig Harmloses bedeuten, das ganz nah am lateinischen Ursprung ist (manus = die Hand): „handhaben“ oder „betätigen“. Eine so freie wie korrekte Übersetzung hätte also gelautet: Reporter dürfen heute nicht mehr wie der Ochs vorm Computer stehen, wenn sie relevante Geschichten schreiben wollen. Sie müssen auch mal in der Lage sein, Daten auszuwerten und, ja, auch mal in Datenbanken zu stöbern.
Zur Ehrenrettung des jungen Kollegen sei angemerkt, dass der Redakteur der New York Times nicht ganz unschuldig war: Die Headline lautete „Hacks into Hackers“. Ein genial doppeldeutiges Wortspiel. „Hacks“ können u.a. „Schreiberlinge“ sein, mit dem Verbum „turn“ hieße es also: „Aus Schreiberlingen Hacker machen.“ Hack im Britischen ist hingegen der Ausritt. Dann wäre die Überschrift auch als „Ausritte zu den Hackern“ zu deuten. Und: Klassischen Hackern genügte es, sich Zugang zu Daten zu verschaffen. Daten heimlich zu verändern, war ein Verstoß gegen den Kodex der Zunft.
Offensichtlich waren solche kriminellen Cracker in dem NYT-Beitrag auch nicht gemeint. Während der Journalistenausbildung sollte man demnach also einfach mal einen Ausflug zu den IT-Profis gemacht und ihnen über die Schulter geguckt haben.
Was daran neu oder bemerkenswert sein soll?
Keine Ahnung.
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