Rechtsdrehendes Wasser, Engel-Germanium und das Presserecht

Gerade fällt mir ein Heftchen in die Hand, das eine Augsburger Unternehmerin namens Julia R. neulich in der Region hat verteilen lassen – das „MESSE Magazin“ zu ihrer Veranstaltung „Energetika“.

Die Energetika ist nicht etwa eine Messe über erneuerbare und/oder fossile Energien, sondern ein Treff für Eso-Jünger verschiedenster Art. Das Spektrum der Aussteller auf dieser in kleinstädtischen Mehrzweckhallen abgehaltenen „alternativen Gesundheitsmesse“ reicht vom halbwegs bodenständigen Fitnessstudio bis zu den absonderlichsten Scharlatanten und Scharlaonkels.

Ob das wohl vereinbar ist mit dem Pressegesetz? Mediadaten des Energetika-Messemagazins mit Tarifen für den redaktionellen Teil. Anzeigen werden im Heft übrigens nicht gekennzeichnet.

Dieses Heftchen (das kein Impressum enthält, obwohl es wie eine Zeitschrift aufgemacht ist) hat mir geholfen, das Geschäftsmodell der Verschwörungstheorie-Branche zu begreifen. Neben Julia R., die die Messen organisiert, gibt es auch einen Friedbert R. Dieser kümmert sich um „Werbung und Verkaufsförderung“ – aber nicht nur bezüglich der Aussteller, sondern auch in eigener Sache. Er vertreibt „Energieprodukte“, die die vorgeblich kaputte Welt wieder heile machen sollen:

„Verwendung

…Direktes Entstören von Chemtrails (vom Menschen hervorgerufene Wetterstörung), Haarp (vom Menschen erzeugte elektromagnetische Bewußtseins-Manipulationsfrequenz) Elektrosmog durch Strom, Handy, Mikrowelle“

Die in diversen Foren der Esoteriker- und Verschwörungstheoretiker-Szene geschürten Ängste nützen also unmittelbar dem Geschäft des Herrn R., der gemeinsam mit dem bei Dinkelsbühl wohnenden Einzelunternehmer  Julius C. (steht unter „Welt im Frieden“ im Telefonbuch) eine Art esoterischen Zauberstabs auf den Markt gebracht hat:

„Mit diesem Stab der Sieben Elemente eröffnen wir eine Zeit jenseits unseres Verstandes.“

Unverhohlener und unverfrorener als in der Werbung für diesen Stab mit „Engel-Germanium“ kann man nicht sagen, dass man eine Käufer-Zielgruppe anspricht, die ihren Verstand wenn nicht verloren, so doch irgendwie hinter dem Hier und Jetzt zurückgelassen hat.

Die jenseits des Verstandes Lebenden erhalten für 550 Euro den Anti-Elektrosmog-Phallus – oder für nur 285 Euro eine Version, die das Leitungswasser „energetisiert“ (wer sich an die geniale Geschäftsidee des Johann Grander erinnert fühlt, kennt sich aus in der Branche):

„Der Wasserstab “Die Lebensquelle” wird mittels Adapter und einem speziellen Klettband von Außen an die Leitung angebracht. Die Füllung des Stabes, z.B. energetisiertes Wasser, Germanium und spezielle Energie-Kristalle garantieren Ihnen einen spürbaren Erfolg / ca. 690 Tsd. Bovis-Einheiten. Schon direkt nach der Montage bemerken Sie es – das Wasser schmeckt anders und viel besser!“

Hokus, Pokus, Fidibus! Außerdem passiert etwas, das ich bisher nur von Milchsäurebazillen kannte:

Energetisiertes Wasser wird rechtsdrehend

Ich denke, ich bleibe beim linksdrehenden Wasser.

Falls Sie auch so ein Messe-Heftchen erhalten haben, schauen Sie doch mal nach, ob bei Ihnen auch das Impressum fehlt. Ob das nach §7 des Gesetzes über die Presse in Bayern zulässig ist,  mögen Juristen entscheiden. Ich habe meine Zweifel.

 

Sie sind der oder die 3302. Leser/in dieses Beitrags.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert