Antwort auf pressw0rds

Dieser Blogpost richtet sich vor allem an die Leser des Blogs pressw0rds, das die Berichterstattung zum „Kolibri“-Akku zum Thema hat und sich darum kürzlich mit meinem Brandeins-Text „Kurzschluss“ befasste.

3. Juli, 10:20 Uhr: Mr. oder Mrs. Pressw0rds ist offenbar weder Eule noch Lerche. Mal sehen, wann der Blogpost freigeschaltet wird. Er oder sie hat es schon mal vergessen oder versehentlich den Löschbutton geklickt…

Liebe Mitleser, insbesondere lieber Hmmmm,

unser aller anonymer Gastgeber schrieb a.a.O. einiges, was ich gerne kommentieren möchte:

Es gibt zahlreiche neue Informationen und etliche bekannte Infos, von denen sicherlich einige von pressw0rds inspiriert sind 🙂

Mehr von Kommentatoren, ehrlich gesagt. Auf pressw0rds haben einige kluge Köpfe Antworten gepostet, die der Hausherr (oder ist es eine Hausdame?) durchaus hätte ernster nehmen dürfen. Besten Dank dafür.

Eine Personalie, die pressw0rds ruhig hätte herausstellen dürfen.

Auch wenn teilweise nicht schlecht recherchiert wurde stecken doch viele Fehler im Bericht… „Antwort auf pressw0rds“ weiterlesen

Saftlos in den Stillstand

Vorsicht bei mobiler Elektrizität! Wer sich auf Ladestandsanzeigen verlässt, ist verlassen.

Neulich vor dem Badezimmerspiegel habe ich endlich kapiert, was „Memory-Effekt“ heißt. Bisher dachte ich, der Terminus technicus beziehe sich auf das Gedächtnis des berüchtigten NiCd-Akkus. Dieser Elefant unter den wiederaufladbaren Batterien merkt sich bekanntlich, wie weit ich ihn zuletzt ge- und entladen habe, und sagt fortan schon an diesem Punkt: „Ich mag nicht mehr.“ Nein, es geht um mein Gedächtnis. So hatte ich mich bemüht, den Akku meines Bartstutzers strikt nach Anleitung zu pflegen: möglichst weit entladen, erst dann wieder ans Netz. Nach sieben bis acht Stutzungen sollte man genau hinhorchen, ob der Sound noch kräftig genug klingt.

Leider hatte ich vergessen mitzuzählen – und plötzlich, ssssrrrrrr-rrr-rr-r-p!, stand ich da mit meinem Likurela-Bart: links kurz, rechts lang. Die nächsten 14 Stunden konnte ich nicht unter Menschen gehen. „Saftlos in den Stillstand“ weiterlesen

Rasen mit reinem Gewissen?

Ist der Elektroflitzer Tesla alltagstauglich? TR-Autor Ulf J. Froitzheim hat die Probefahrt aufs Exempel gemacht.

Ein Roadster ist kein Vernunftauto und ein 100 000-Euro-Zweisitzer natürlich ein Spielzeug für neureiche Angeber. Mit diesen Vorurteilen gewappnet, klettere ich – Inbegriff des unauffälligen VW-Kombi-Fahrers – in München in den knallroten Tesla. An diesem Vormittag werden die Leute mich für einen Großkotz halten.

Das Gefühl, etwas furchtbar Dekadentes zu tun, reicht bis zur dritten Ampel – etwa gleich weit, wie ich brauche, um mich mit den Eigenheiten des Akku-Autos vertraut zu machen.

Ausparken: Hat der denn keine Servolenkung? Nein, die macht das Auto schwer, und es ist ja ein Roadster. Ich drücke die R-Taste, prompt wirft die Rückfahrkamera den Bordcomputer aus dem Display. Die Weitwinkellinse hängt tief: So muss ein Dackel die Welt sehen. Taste D gedrückt, die Reichweitenanzeige kehrt zurück. Bremse gelöst – und los geht’s in Fahrradlautstärke.

Ab Ampel Nummer vier habe ich mich an die Rekuperation gewöhnt: Der Wagen rollt nicht aus, wenn man den Fuß vom Strompedal hebt, sondern nutzt den Dynamoeffekt zum Kraftrecycling. Er bremst, ohne dass ich bremsen muss – und das viel stärker als gedacht. Auf der A96 rollen wir mit Tempomat dahin, bei 100 Sachen macht nur der Wind Lärm. Der E-Motor säuselt. Als ein Audi-Rowdy hinter uns Druck macht, genügt ein kurzer Kick, um ihn in ein Betatier zu verwandeln. Aber Tesla-Fahrern wird es schnell langweilig, Q7er und 911er zu deklassieren.

In der Community gilt der etwas, der mit einer Ladung am weitesten kommt. Außerdem flitzt man, wenn man kein Zwerg ist, besser mit Mütze: Ab Tempo 120 wird’s stürmisch.

Zum Raser werde ich auf der Landstraße, ziehe am Stinkediesel-Pritschenwagen eines Lumpensammlers schneller vorbei, als ich im VW die Kupplung treten würde. Schlechtes Gewissen? Ach was, wir haben ja Ökostrom getankt. Und beim Überholen heißt Beschleunigung Sicherheit. Jetzt ist mir klar, warum manche Tesla-Käufer ihren als Zweitwagen gekauften Roadster als Erstwagen nutzen.

Erschienen in der Technology Review 8/2011

Die Volkswagnis-Wirtschaft

Platfuss-Audi-Kunstwerk vor dem Brandenburger Tor
Platfuss-Audi-Kunstwerk vor dem Brandenburger Tor

Die Menschen der industrialisierten Welt leben in einer zerbrechlichen Symbiose mit der Autoindustrie

Kaum hatten die Bürger die Erkenntnis verdaut, dass das Wirtschaftssystem der westlichen Welt in zwei höchst gegensätzliche Sphären namens „Realwirtschaft“ und „Finanzwirtschaft“ zerfallen war, stifteten Wendelin Wiedeking und Holger Härter neue Verwirrung. Der ewige Vorstandschef der Porsche Holding SE und sein mit „Finanzminister“ weit unter Marktwert beschriebener Majordomus hatten mit der Raffinesse von Schachgroßmeistern die Manager einst mächtiger Hedgefonds und Banken in die Kapitulation gezwungen. Diese hatten im Börsencasino mit enormen Einsätzen darauf gesetzt, die Porsche-Strategen würden sich beim Angriff auf die Mehrheit der Volkswagen-Stammaktien selber matt setzen. Zu spät merkten sie, dass es ein Vabanque-Spiel war.

Seit diesen Tagen Ende Oktober ist klar, dass die vor gut 70 Jahren von Ferdinand Porsche aufgebaute Zentralwerkstatt der deutschen Volkswirtschaft zum wohl größten Familienbetrieb der Welt mutiert – kontrolliert von den Enkeln des Käfer-Erfinders. „Die Volkswagnis-Wirtschaft“ weiterlesen

E-Autos? Nein, tanke!

Lobbyisten tun, als dürften wir bald CO2-frei fahren. Dummerweise tut die Politik, als nähme sie das ernst.

Mein alter Passat-Kombi ist eigentlich ganz prima – bequem, geräumig, spurtstark. Wäre da nicht das prähistorische Antriebskonzept: Ein Fossilmotor braucht viel Sprit, regelmäßig Ölwechsel und Ersatz für so manches Verschleißteil, das es im elektrifizierten Auto der Zukunft gar nicht mehr geben wird.

Wäre ich Berliner, könnte ich versuchen, an einen dieser netten kleinen Stromflitzer zu kommen, mit denen die Kraftwagen- und Kraftwerkskonzerne rings ums Regierungsviertel ihr Image polieren. Aber sind die Akku-Kleinwagen wirklich eine smarte Idee? Machen wir eine gedankliche Probefahrt. Den Mini minimieren die Batterien im Fond zum Zweisitzer, Daimlers Fortwo ist per se ein solcher. Wir sind aber zu viert. Selbst wenn nur noch selten die ganze Familie dasselbe Ziel anstrebt: Wohin mit dem Sohn, dem ein paar Zentimeter und Monate bis zur Beifahrersitzberechtigung fehlen? Und will ich wirklich mein Leergut auf dem Dachgepäckträger zum Getränkemarkt kutschieren?

Vorerst tut’s mein VW-Oldie ja noch. Der hat gegenüber den Volt-Vehikeln, die in Berlin angeblich ihre Praxistauglichkeit beweisen, den unschätzbaren Vorteil, dass ich nicht nur bei Aral tanken kann, sondern auch bei Agip, Esso, Shell & Co. E-Car-Pioniere sind markengebunden – im Smart an RWE, im Mini an Vattenfall, im VW an E.on. Wer für sein entladenes Autoimmobil in fußläufiger Nähe des Fahrtziels eine Ladestrippe findet, hat Glück: 500 Stromtankstellen sollen reichen. Bushaltestellen hat die BVG fast 3000.

Mit den Bedürfnissen von uns Normalfahrern halten sich die Elektropropheten eh nicht auf. Die träumen öffentlich davon, die Akkus Ihres E-Autos über Nacht mit ungenutztem Windradstrom aufzuladen – aber nicht etwa, damit Sie in der Früh CO2-frei ins Büro sprinten können. Nein, sie wollen den geparkten Ökostrom ins Netz zurücksaugen, um morgendliche Bedarfsspitzen abzufedern. Machen Sie sich also gefasst darauf, dass Ihnen die Nachbarn mit ihren Toastern, Durchlauferhitzern und Kaffeemaschinen den Smart leer nudeln. Sie kommen dafür zwei Stunden zu spät zum Dienst, weil Sie das Gefährt erst mit teurem Tagstrom nachladen müssen. Oder Sie starten pünktlich mit halber Ladung und bleiben im Schneetreiben auf der Avus liegen. Und das soll die Zukunft sein? Nein, tanke!

Aus der Technology Review 1/2009, Kolumne FROITZELEIEN