Interview: Zlatko kauft den Börsen-Ratgeber

Der Shop-Test-Gewinnner BOL ist selber weit davon entfernt, ein perfekter Online-Händler zu sein. Der Deutschland-Geschäftsführer hat aber konkrete Vorstellungen, wie das zu erreichen ist.

Eckhard Südmersen (42) begann seine berufliche Laufbahn nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1985 als Unternehmensberater bei Arthur Anderson. In den folgenden Jahren übernahm er die Geschäftsleitung unter anderem bei der Vereinigten Verlagsauslieferung und wurde Chef der Falk-Verlagsgruppe. Seit Oktober 1999 ist er Geschaftsführer von BOL Deutschland.

Welche Websites außer BOL schauen Sie sich gerne an?

Vor allem Reise-Sites: Travelchannel, Lufthansa, LTU. Bei Shopping 24 schaue ich ab und zu rein; und damit der Spaß nicht zu kurz kommt, in den Kleinen Kolonialwarenladen. Da kann man ein Glas Wasser bestellen oder einen Beutel Sand vom Spielplatz.

Was sind Ihre Qualitätskriterien für einen guten Shop?

Visuell ansprechend muss er sein. Der Kontakt kommt ja über das Auge zustande. Der Kunde muss sich spontan wohlfühlen. Die Kompetenz des Anbieters muss rüberkommen, außerdem die inhaltliche Vielfalt, die er bietet. Und unterhaltsam muss das Ganze sein.

Nach unserem Testbefund ist auch BOL noch nicht perfekt. Was wollen
Sie besser machen?

Unser Ziel ist, dass jeder User entsprechend seiner Präferenzen und seiner technischen Ausstattung sein eigenes BOL konfigurieren kann. So will der eine gar keine Bilder, sondern nur eine schnelle Such maschine. Der andere möchte, wenn er schon einen Medienshop anklickt, Entertainment geboten bekommen. Der Anfang ist, dass man bei uns parallel zum Shoppen Radio hören kann. Die Seiten der verschiedenen Musik-Kategorie werden sich künftig deutlicher voneinander unterscheiden als heute. Auf unseren neuen Genre-Sites bieten wir eine Mischung aus Information, Entertainment und Electronic Commerce – in Zusammenarbeit mit Inhalteanbietern.

Mit den Hörproben in Ihrem CD-Shop kopieren Sie im Prinzip den stationären Handel.

Ein Online-Einkauf kann bis auf das haptische Erlebnis sehr viel besser sein. Der Kunde bekommt ungefiltert die besten Informationen, neben den Marketinginfos des Verlags etwa Kritiken und Renzensionen. Kein Verkäufer kann über alle Waren in seinem Laden so viel wissen.

Wollen Sie sich auch außerhalb des Medienbereichs engagieren? Ihr Konkurrent Amazon versucht ja, zum Vollsortimenter zu werden.

Eine klare Positionierung bestimmt die Erwartungen der Kunden: Wenn ich C&A höre, denke ich an Bekleidung. Das gilt auch im E-Commerce.

Was im stationären Handel seinen Platz hat, hat ihn also auch im Netz?

Nicht unbedingt. Wenn Sie nur eine einzige Produktgruppe haben – etwa nur Musik – wird das nie profitabel. Die Margen sind zu schlecht. Besser ist eine Auswahl an Produkten, die einen logischen Zusammenhang haben – wie Bücher und Musik.

Sie sind Haupt-Sponsor von Big Brother. Deren Star Zlatko singt: „Goethe oder Shakespeare, die sind mir doch scheißegal!“ Der kauft vielleicht CDs, aber keine Bücher.

Vielleicht bestellt er das Börsen-Einmaleins. Wir wissen aus dem Clubgeschäft, dass es eine signifikante Überschneidung gibt an Leuten, die beides kaufen. Uns geht es um das Branding, nicht so sehr ums Target-Marketing. Wir erreichen damit eine junge Bevölkerungsgruppe, die einen Großteil unserer Kunden ausmacht. Sonst tut man sich als Buchhändler eher schwer, Jugendliche auf sich aufmerksam zu machen.

Wann werden Sie so bekannt sein wie Amazon?

Dafür nehmen wir uns schon noch ein paar Jahre Zeit.

Aus der Erstausgabe von <e>MARKET (20/2000).

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