Bürokratie liebevoll nachempfunden

Heute ist es ganz normal, Computer über analoge Alltagsmetaphern zu bedienen. Apple hat es vorgemacht – denkt man. Allerdings waren deutsche Informatiker aus dem Behördenmilieu bereits Anfang der 1990er Jahre auf solche Ideen gekommen: Sie digitalisierten… die Umlaufmappe. So konnte der ganz normale Bürokratenwahnsinn mit sieben Unterschriften und drei Durchschlägen naturgetreu in Software abgebildet werden. Ein Seitenhieb hierauf ist hier zu lesen..

Im selben Special erschien ein sachlicheres Stück über das, was damals in Sachen Büroautomatisierung als „Großer Wurf“ galt. Computer-Telefonie-Integration per ISDN. Papierloses Büro. Heute, da wir ganz andere Würfe gewohnt sind, lächeln wir milde über solche Einschätzungen.

Zur Ehrenrettung der Programmierer sei aber darauf hingewiesen, dass die Idee, sich vor dem Schreiben von Verwaltungssoftware erst einmal Gedanken über die Sinnhaftigkeit und Effizienz der bestehenden Arbeitsabläufe zu machen, damals noch lange nicht Allgemeingut war. Sie setzte sich erst ein paar Jahre später durch, dafür umso nachhaltiger. Workflow Management und Business Process Optimization sind heute nicht nur etablierte Standardwerkzeuge der Betriebswirte. Die Geschäftsprozesse flutschen nur so dank flotter Software, die selbst eine globale Finanzkrise – wie sagen doch die IT-Profis – perfekt „unterstützt“.

Beide Texte waren Teil des WiWo-Specials im Heft 43/1992, das zur Münchener Computermesse Systems erschien. À proposgroße Würfe: Sie finden diesen Text endlos? Ich auch. Aber wir Autoren durften nicht nur weit ausholen, so als schrieben wir Bücher. Wir mussten. Es gab jede Menge Inserate, also auch jede Menge Zwischenraum, den die Redaktionen zu füllen hatten. Ich hatte einen eh schon langen Aufmacher geschrieben, der Redaktion stand noch nicht genug drin; sie fügte noch Passagen eines Kollegen ein. Am Ende erschien eine 100-Seiten-Strecke zu einer Messe, an die sich heute kaum mehr einer erinnert.

Ach, wie nostalgisch.

Sie sind der oder die 1935. Leser/in dieses Beitrags.

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