Lebenselixier Software

Titelgeschichte der mit „Gold“ beim Best of Corporate Publishing Award 2007 prämierten Ausgabe des Kundenmagazins m&it (Menschen und Informationstechnik), Herausgeber: sd&m AG, München.

 

Einstein ist abgehakt, in den Medien gibt Mozart den Ton an. Dass 2006 auch zum „Informatikjahr“ ausgerufen wurde, haben viele gar nicht gehört. Das offizielle Wissenschaftsjahr soll Laien deutlich machen, wie sehr das Wohl der Gesellschaft von Software abhängt – und warum es wichtig ist, besser über IT informiert zu sein. Eine offene Debatte über Ziele und Grenzen des Fortschritts könnte auch der Informatik neue Impulse geben.

Eines haben die Uhus den Bivies voraus: Die etwas reiferen Jahrgänge („unter hundert“) haben bewusst eine Zeit miterlebt, in der ein softwareloses Leben in der Zivilisation möglich, ja sogar alltäglich war. Die „bis vierzig“ Jahre alten Bivies kennen diese graue Vorzeit und ihre Requisiten wie Lohntüte, Wählscheibentelefon, Schreibmaschine, Röhrenradio und Rechenschieber vor allem aus Filmen, Büchern oder TV-Dokumentationen. Wobei Einblicke in die analoge Ära maßgeblich dem Einsatz von Digitaltechnik zu verdanken sind: Wie Buchverlage und Bibliotheken, Fernsehsender und Programmzeitschriften jemals ohne IT klarkamen, finden heutzutage sogar altgediente Medienprofis einigermaßen rätselhaft. „Lebenselixier Software“ weiterlesen

Vernetzt die Nase vorn

PRODUKTIVITÄT. Während die Computerbranche schwächelt, laufen die Anwender ihrer Produkte zur Höchstform auf. Fünf Beispiele, wie clevere IT-Manager deutsche Unternehmen voranbringen.

TEXT_ Ulf J. Froitzheim und Sascha Mattke

Thomas Jäger gaukelt seinem Chef gern Dinge vor. Er tut etwa so, als wäre das Interieur des neuesten Mercedes-Modells schon fertig, und lässt Pkw-Entwicklungsleiter Hans-]oachim Schöpf auf dem Fahrersitz des Autos Platz nehmen, von dem nicht einmal ein Holzmodell existiert. Solche fernsehreifen Illusionen gehören zu Jägers Alltag. Als Leiter des Virtual Reality Centers von DaimlerChrysler in Sindelfingen ist der 37-Jährige ein Virtuose der dreidimensionalen Live-Simulation: Sein Instrumentarium reicht von der Holo-Bench, einer virtuellen Werkbank zur Begutachtung geplanter Kfz-Teile, bis zur holografischen Bühne, die selbst ein S-Klasse-Fahrzeug fasst. Die gewaltigen Digitalprojektoren, mit denen die fast lebensechten Bilder in den Raum gebeamt werden, sind vernetzt mit Computern, wie sie schon Steven Spielberg beim Dreh von »Jurassic Park« eingesetzt hat. „Vernetzt die Nase vorn“ weiterlesen

High-Tech in den Niederungen des Alltags

Aus der Computerwoche-Sonderausgabe zum 25. Geburtstag des Blattes – mit ersten Gedanken zu Google Glass, sprechenden Navis mit Augmented Reality und smarten Kühlschränken

 

Für Innovationen muß die Zeit reif sein. Manche Entwicklung verrät die Abgehobenheit oder die Naivität des Forschers, andere tragen deutlich die Handschrift von Marketiers oder Sensationsmedien.

Von Ulf J. Froitzheim

„Dialyse? Das ist ja finsterstes Mittelalter!“ Angesichts der qualvollen Behandlungsmethoden des späten 20. Jahrhunderts überkommt den Zeitreisenden „Pille“ McCoy spontanes Mitleid mit der alten Patientin. Da muß sogar der schwer verletzte Pavel Chekhov warten, den der Bordarzt und sein Boß Jim Kirk gerade aus den Fängen barbarischer kalifornischer Chirurgen retten wollten. Bevor der Gast aus dem 23. Jahrhundert durch bloßes Auflegen eines elektronischen Apparats auf die Stirn des Russen dessen lädiertes Gehirn repariert, steckt er der maladen Greisin heimlich eine Tablette zu, die ihr im Nu eine neue Niere wachsen läßt.

Für eine spätere „Startrek“ -Generation haben die Drehbuchautoren die beiden zukunftsträchtigsten Wissenschaften unserer Epoche miteinander vermählt. Die Liaison der Informationstechnik mit den „Life Sciences“ macht auf dem intergalaktischen Forschungskreuzer Voyager den Arzt überflüssig: Die holographische Projektion eines Doktors – ein lebensechtes, dreidimensionales Phantom mit dem vereinigten Wissen sämtlicher Koryphäen der Medizingeschichte – flickt Patienten jedweder humanoiden Spezies wieder zusammen.

Bei Bedarf ist das Retortenwesen, das auf den drögen Namen „medizinisches Programm“ hört, 24 Stunden am Tag fit. Damit es nicht gar so übermenschlich wirkt, haben die Software-Ingenieure der Sternenflotte ihrem Geschöpf einen Hang zur Larmoyanz in die Algorithmen eingeflochten: Ständig nölt Dr. med. Allwissend über irgendeinen Mißstand – nicht zuletzt über den, daß man ihn einfach abschaltet, wenn gerade niemand krank ist.

Eine bessere Dauer-PR als die nicht enden wollende Startrek-Saga hätten sich die Forscher und Entwickler aus Amerikas IT-Industrie kaum wünschen können: Da manövriert uns der Computer an Plätze, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Er beamt unsere biochemischen Moleküle als Quantenstrom durchs All und kocht uns als Replikator in der Bordkantine blitzschnell das Mittagessen. Paart sich menschliche Cleverness mit kühler Logik und High-Tech, das lehren uns Kirks spitzohriger Freund Spock und Jean-Luc Picards bleichgesichtiger Adjutant Data, sind wir bald alle Sorgen los: Vorsprung durch Technik. Nichts ist unmöglich. Alles wird gut.

Oder auch nicht. „High-Tech in den Niederungen des Alltags“ weiterlesen