Viele Menschen sprechen zwar den Namen des Barbie-Herstellers so aus wie hier geschrieben, also Matél, dennoch sollte ein Handelsblatt wissen, dass die Firma sich Mattel schreibt und nicht Matell. So assoziiere ich zuerst „Metall“.
Kurzer Frühling des Internets?
In der Süddeutschen stand am Wochenende ein seltsamer Text auf der Meinungsseite. Titel: „Der kurze Frühling des Internets“
Darin spintisiert der Autor, ein Feuilletonist:
„Es ist kein Zufall, dass sich einige der klügsten Köpfe in den letzten Jahrzehnten in der Informatik wiederfanden. Und dass zu ihnen einige kluge Menschen gehörten, die während der Ära der Bürgerrechte die Gesellschaft zum Besseren wandeln wollten. Es war gegen Ende der Achtzigerjahre, als die Informatiker vom Media Lab des MIT ein Credo postulierten, das aus den Rechenmaschinen eine Lebenswelt machen sollte. In Zukunft, so hieß es damals, wird es nicht mehr so wichtig sein, wie schnell ein Computer ist, sondern mit wie vielen anderen Computern er vernetzt ist. Das technische Wettrüsten fand damals ein Ende. Die sozialen Experimente begannen.
Es war nur ein kurzer digitaler Frühling. Die klugen Optimisten werden jetzt zu scharfen Kritikern: Jaron Lanier, Evgeny Morozov oder Sascha Lobo prägten Geschichte und Rezeption des Internets. Der allumfassende Zugriff der Geheimdienste auf die neue Lebenswelt zeigte ihnen, dass Freiheit in diesen Netzen nicht möglich ist.“
Nun, erstens fing das technische Wettrüsten damals, um 1990, erst richtig an. Es war Voraussetzung dafür, die Ideen der Leute um Nicholas Negroponte (MIT) und den Kalifornier Jaron Lanier umzusetzen. Sonst wäre heute noch alles textbasiert wie im alten Usenet oder in der Mailbox-Ära.
Zweitens haben die Namen Morozov und Lobo in diesem Kontext nichts zu suchen. Bei sind gewisse helle Köpfe, aber keine Informatiker. Lobo war bis vor ein paar Jahren Werbetexter. In der hier angesprochenen Ära war er Teenager. Morozov war sogar noch ein kleines Kind im zerbröckelnden Ostblock, als Lanier & Co. sich die digitale Zukunft ausmalten. Auf die Idee, die beiden als Optimisten zu charakterisieren, muss man auch erst mal kommen.
Sprachliche Blähungen und optisches Tuning
Was machen Journalisten, die kein Gefühl für die Größe einer Zahl haben? Sie bewerben sich beim Wirtschaftsteil. Wenn sie (oder Sie, liebe Leserin, lieber Leser) Pech haben, hat der Ressortleiter kein Gespür fürs Thema und lässt diese Schreiber gewähren. Für beide Kollegen ist Relevanz auf jeden Fall eine quantitative Dimension. Zahlen müssen möglichst groß sein. Dabei kommt dann oft eine „allein“-Formulierung heraus, die allein dazu da ist, einer Zahl das nötige Mindestgewicht zu verleihen. „Optisches Tuning“ nannte man diese Art von Wichtigtuerei beim Manta mit Heckspoiler und Rallyestreifen. Also meldete kürzlich die Süddeutsche:
„Auf Twitter gab es allein im zweiten Quartal dieses Jahres 263 Millionen Einträge zu Fernsehsendungen.“
Nun hat das Jahr allein im zweiten Quartal 91 Tage. An einem gewöhnlichen Tag muss man also von den 263 Millionen Einträgen allein 90 Einundneunzigstel abziehen, um sich der Größenordnung der Menschen anzunähern, die diese Einträge verfassen. „Sprachliche Blähungen und optisches Tuning“ weiterlesen
Das Streiflicht war auch schon mal besser…
…als heute. Die Glosse auf Seite 1 der Süddeutschen widmet sich dem Mars-Produkt Raider alias Twix („sonst ändert sich nix“). Twix heißt jetzt, wie die SZ behauptet, wieder Raider. Das ist laider nur die halbe Wahrheit. „Das Streiflicht war auch schon mal besser…“ weiterlesen
Ahnungsloses Agentur-Geschwafel
Beim Zeitungenausmisten entdeckt (Süddeutsche Zeitung vom 16. August):
Da hat wohl weder bei der dpa noch bei der SZ irgendein Redakteur noch mal drübergelesen. Der Zusammenschluss von Kabel BW und Unitymedia schuf also „aus dem Stand den zweitgrößten Kabelnetzbetreiber hierzulande gleich hinter Kabel Deutschland“. Demzufolge hätte es vorher gar keinen zweitgrößten gegeben, gleich hinter Kabel Deutschland wäre ein Platz vakant gewesen und dann ein Dritter gekommen. Eine erstaunliche, gleichwohl unter Kollegen nicht ganz unübliche Logik.
Leider ist das nicht die einzige Peinlichkeit in dem Einspalter. So suggeriert die Überschrift, die Übernahme sei gescheitert. Der Text gibt das nicht her: Danach muss das Bundeskartellamt „das Geschäft neu prüfen“. „Schlimmstenfalls“ müsse der „Deal rückgängig gemacht werden“. Es ist also noch offen, ob es sich um einen Fehlschlag handelt. Tatsächlich ist die Fusion gesellschaftsrechtlich längst durch, die Unitymedia hat schon vor einem Jahr in Unitymedia KabelBW umfirmiert. Und wie teuer eine Rückabwicklung für Liberty-Chef John Malone würde, weiß man auch noch nicht, weil ein anderer Käufer den Laden sicherlich nicht geschenkt kriegen wird.