Hoher Geräuschpegel*

* erschienen unter „Geld sparen“

Virtuelle Seminare, Studium per Netz – Reformer wollen den Lehrbetrieb effizienter gestalten.

Studenten kennen das Ritual: Semester für Semester referieren Professoren immer gleiche Texte, deren Inhalt sich in schriftlicher Form viel besser aufnehmen ließe. Für den Saarbrücker Wirtschaftsinformatiker August-Wilhelm Scheer gehört dieser Urtypus des Frontalunterrichts ins Museum. „Die Vorlesung ist antiquiert“, wettert Scheer. „Sie stammt aus der Zeit, als es noch keine Bücher gab.“

Scheer, der an der Saarbrücker Universität lehrt und zugleich ein erfolgreiches Softwareunternehmen führt, ist längst weiter. Sein Lehrbuch über Wirtschaftsinformatik ist komplett auf einem Universitätsrechner gespeichert. Die Studenten können sich die Texte per Datenleitung jederzeit auf den eigenen Rechner laden und durchackern. Zudem hat Scheers Lehrstuhl im Internet eine Plauderecke eingerichtet, in der die Studenten via elektronischer Post (E-Mail) fachsimpeln.

Wie Scheer suchen auch andere Hochschullehrer nach Wegen, den schwerfälligen Lehrbetrieb an den Universitäten effizienter zu gestalten. Dabei setzen die Reformer auf die Nutzung neuester Informations- und Kommunikationstechniken. Ganze Arsenale von multimediafahigen Personalcomputern (PC), leistungsstarken Workstations und Videokonferenzsystemen sollen im Verbund mit schnellen Datennetzen die Dozenten von Routinetätigkeiten entlasten, den Studenten mehr Lernautonomie verschaffen – und obendrein die Kosten senken. „Unsere halb bankrotten Universitäten könnten mit einem systematischen Einsatz moderner Kommunikationstechniken viel Geld sparen“, glaubt Peter Glotz. Der SPD-Vordenker baut derzeit als Gründungsrektor die Universität Erfurt auf.

Die Befürworter sehen weitere Vorteile in der Vernetzung. Die Studenten erschließen sich via Internet das Wissen dieser Welt, statt in der Universitätsbibliothek nach längst inaktuellen Büchern anzustehen. Sie schalten sich von zu Hause aus in Vorlesungen und Seminare ein, statt in überfüllten Hörsälen zu sitzen. Bei den Überlegungen steht das pragmatische Konzept der Fernuniversität Pate: Egal, wo und wann die Studenten lernen – Hauptsache, sie beherrschen hinterher den Stoff.

Der Weg zur virtuellen Universität ist allerdings noch weit. Erst einmal sind multimediale Lehrveranstaltungen selbst Gegenstand der Forschung: Was ist die beste Technik? Welche Konzepte sind unter welchen Bedingungen rentabel? Wie muß sich die Didaktik ändern, damit die technischen Möglichkeiten optimal ausgeschöpft werden?

Ermutigt durch eine Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz, neue Kommunikationsmedien stärker für die Lehre zu nutzen, sammeln einige Universitäten erste Praxiserfahrungen. Ob Seminar, Vorlesung oder Tutorium, ob Hörsaal oder Übungsraum – das gesamte Hochschulvokabular bekommt Doppelgänger mit dem Präfix „Tele-“ oder „virtuell“. Eine Erhebung der Rektorenkonferenz zeigt allerdings, daß der Einsatz elektronischer Lernrnedien in den Fachbereichen noch stark auseinanderklafft. Während Informatiker, Physiker und Mathematiker Computer und Internet beinahe wie selbstverständlich nutzen, machen Juristen und Mediziner kaum davon Gebrauch (siehe Grafik Seite 187).

Im vergangenen März führte der Lernpsychologe Hermann Körndle von der Technischen Universität Dresden auf der Computermesse Cebit beispielhaft vor, wie der Studierplatz 2000 aussehen könnte: Als wäre die Uni ein Dienstleister und der Student ihr Kunde, soll dieser künftig in seiner Wohnheimbude online Zugriff haben auf die gesamte Pflichtlektüre seines Studiengangs. Die Dozenten sind verpflichtet, ihre Skripts mit weiterführenden Quellen im Internet zu verbinden. So verplempern die angehenden Akademiker keine Zeit mehr mit Lektürebeschaffung in Büchereien und Bibliotheken. Sie können tagsüber jobben und unabhängig von Öffnungszeiten und starren Seminarterminen ihr Studium vorantreiben – sogar mitten in der Nacht.

Was Körnle „effizientes Studieren“ nennt, würde den Lehrbetrieb an den Hochschulen völlig umkrempeln. Dozenten und Professoren müßten ihr Lehrmaterial komplett neu aufbereiten, die Studenten ihre gewohnte Rolle als passive Rezipienten verlassen. Per Internet durchstöbern
sie vielmehr Datenbanken auf der Suche nach aktuellem Wissen. Sie bestimmen Lemtempo, Lernort und Lernschwerpunkte weitgehend selbst – ungehindert von übereifrigen oder begriffsstutzigen Kommilitonen.

Mit dieser aktiven Rolle kommen längst nicht alle zurecht. Nach ersten Erfahrungen mit kursbegleitenden Internet-Diskussionsforen attestiert Jürgen Ewert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bank- und Finanzwirtschaft an der Fernuniversität Hagen, den Studenten eine gewisse Medienscheu. Gerade ein Prozent der 8500 eingeschriebenen Teilnehmer habe sich per E-Mail zu Wort gemeldet.

Ähnlich ernüchternde Erkenntnisse sammelte vor zwei Jahren das Institut für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einem virtuellen Seminar. Die Teilnehmer hätten sich über E-Mail „eher selten“ ausgetauscht, resümieren Professor Heinz Mandl und sein Doktorand Nicolae Nistor. Bei einer Befragung am Semesterende stellte sich heraus, daß einige Studenten Angst hatten, sich mit naiven Fragen zu blamieren und dies auch noch schriftlich vor aller Augen zu dokumentieren.

Mittlerweile scheinen sich solche Ängste abzubauen. Die Münchner verzeichnen neuerdings eine „hohe Akzeptanz“ – vor allem bei Studenten, denen erst die freie Zeiteinteilung das Studium ermöglicht, etwa alleinerziehenden Müttern. Nach dem fünften Tele-Semester weiß Nistor aber auch, daß nicht jeder mit dem elektronischen Lernen klarkommt. „Ob die Teilnehmer sich zurechtfinden, hängt mit ihrer Einstellung zum Computer zusammen“, erläutert der Wissenschaftler. „Es brechen vor allem die ab, die diese Art von Kommunikation langweilig finden.“

Tatsächlich müssen die virtuellen Studiosi schon viel Enthusiasmus mitbringen, um nicht vor den Tücken der noch unausgereiften Technik zu kapitulieren. Britta Schinzel etwa, Professorin am Institut für Informatik und Gesellschaft in Freiburg, blieb nichts anderes übrig, als ihre Televorlesung auf die unchristliche Zeit von acht Uhr morgens zu legen. Zu einer späteren Stunde hätte das einsetzende Datengewimmel im Wissenschaftsnetz die Bildübertragung der Vorlesung zum Glücksspiel macht. Zumal auch noch Übertragungskapazität für eine elektronische Tafel benötigt wurde, auf der die Professorin ihre Ausführungen mit Grafiken und Schaubildern erläuterte.

Der Bonner Informatiker Volker Wulf, der das Projekt im Breisgau mit aufgebaut hat, zieht aus dem Engpaß die Konsequenz: „Wir brauchen reservierte Bandbreiten, um virtuelle Vorlesungen zu jeder Zeit störungsfrei abhalten zu können.“ Das Problem: Reservierungen sind im Internet nicht vorgesehen. Der Dresdner Professor Alexander Schill, zuständig für die Rechnernetze an der dortigen Universität, testet zwar mit Unterstützung des Computerherstellers Digital diese Möglichkeit, doch wird sie frühestens zur Jahrtausendwende funktionieren.

Vor allem Bildübertragungen strapazieren die knappen Netzressourcen. Das zeigen Versuche in Bayern und Thüringen, wo sich Universitäten aus Kostengründen Professoren teilen. Damit sie nicht zwischen den Studienorten pendeln müssen, werden Vorlesungen und Seminare via Netz übertragen. Wenn jedoch das Bild etwa des Jenenser Professors in Ilmenau oder Weimar auf der Projektionsfläche erscheint, sind bereits bis zu 30 Prozent der 34-Megabit-Datenrennstrecke des Breitband-Wissenschaftsnetzes (BWin) okkupiert.

Das ist nicht das einzige Problem. Bei der Freiburger Fernvorlesung fiel Mitinitiator Wulf auf, daß ohne Aufsicht die Disziplin in den zugeschalteten Hörsälen schnell flöten ging. Wulf: „Die Studenten waren weniger aufmerksam als in normalen Vorlesungen, der Geräuschpegel war höher, und manche verschickten auf ihren PC lieber E-Mails, als dem Stoff zu folgen.“

Besser sind da die Erfahrungen, die der Saarbrücker Hochschullehrer Scheer mit interaktiven Lerngruppen gesammelt hat, in denen Studenten Themen via Internet gemeinsam bearbeiten. „Die fangen sofort an zu meckern, wenn das System mal acht Tage lang nicht aktualisiert worden ist“, berichtet Scheer. „Ein besseres Zeichen für die Akzeptanz kann es nicht geben.“

Scheer mahnt die hiesigen Universitäten, nicht den Anschluß an internationale Entwicklungen zu verpassen. So steigen in den USA immer mehr renommierte Universitäten wie Stanford, Harvard oder die wiederbelebte New York University in den Weiterbildungsmarkt ein. Karrierebewußte aus aller Welt können dort via Fernstudium gegen Gebühren Zusatzqualifikationen erwerben. Scheer will mit seinem Institut in diesem Geschäft ebenfalls reüssieren. Aus seiner Beratungstätigkeit, unter anderem für den Walldorfer Softwarekonzern SAP AG, weiß er, daß der Bedarf steigen wird. „Die Firmen verlangen zunehmend, daß sich Mitarbeiter auch in ihrer Freizeit weiterbilden.“ Scheer will die Mühe mit Programmen belohnen, bei denen das Lernen durch die Einbeziehung spielerischer Elemente Spaß macht.

Das wäre allerdings eine Revolution: Mit Unterhaltsamkeit hatten deutsche Professoren sich bislang noch keinen Namen gemacht.

ULF J . FROITZHEIM

 

aus der WIRTSCHAFTSWOCHE NR. 42/1997

Wie Bill Gates sich verspekulierte

Dieser Text über die absehbare kaufmännische und technische Kurzsicht euphorischer Manager aus der Telekommunikationsindustrie erschien 1997 in der August-Ausgabe des Magazins connect!

 

Kommunikationskrieg im Weltall

Handy und Internet heizen das Satelliten-Fieber bei Microsoft & Co. an. Für 50 Milliarden Dollar wollen acht Konsortien über 500 Satelliten in den Orbit schießen. Um die besten Plätze im Weltall und bei den Finanziers ist ein regelrechter Guerillakrieg entbrannt.

 

Iridium braucht Geld. Enorm viel Geld: Fünf Milliarden Dollar (8,5 Milliarden Mark) wird der Aufbau des ersten weltumspannenden Handy-Netzes verschlingen. Allein die 66 Fernmeldesatelliten, die das Unternehmen aus Arizona dazu bis Ende 1998 in den Orbit schießen will, kosten schon mehr als 1,3 Milliarden Dollar. Dazu kommen die Raketen, die Bodenstationen, die Werbung. „Wie Bill Gates sich verspekulierte“ weiterlesen

Blutleere Begriffe

WIRTSCHAFTSWOCHE 28/1997

Ein Computerprogramm der Kölner Universität enttarnt hohles Geschwätz.

Wenn Hans Messelken wieder einmal einen umfangreichen Text begutachten soll, nimmt er ihn am liebsten mit nach Hause in die Eifel. Nicht weil der Kölner Universitätsprofessor dort mehr Ruhe zum Lesen fände. Nein, sein eigener Computer erledigt diesen Job viel schneller als die betagten PCs am Seminar für Deutsche Sprache und ihre Didaktik.

WirtschaftsWoche 28/1997

Reichlich Rechenpower ist ein Muß für Messelken und seinen Assistenten Matthias Ballod. Die beiden Sprachwissenschaftler haben nämlich ein Programm namens Cut (Abkürzung für Computerunterstützte Textanalyse) entwickelt, das alle Arten von Text seziert und auf ihren Gehalt prüft – vom literarischen Klassiker bis hin zur profanen Bedienungsanleitung eines Videorecorders.

Dabei liefert Cut auf Knopfdruck nicht nur eine knappe Inhaltsangabe der Schrift, sondern vermittelt auch Wertungen über deren Verständlichkeit. Cut geht vor allem Schaumschlägern an den Kragen: Autoren, die ihre Leser mit blutleeren Begriffen strapazieren, werden unbarmherzig geoutet. Prominentes Opfer: Jürgen Rüttgers, mit dessen Presseverlautbarung zum Thema „Klonierung beim Menschen“ Messelken seinen Rechner für die Wirtschaftswoche gefüttert hat (siehe Grafik Seite 66). Die programmgenerierte Wertung in den Worten Messelkens: „Die abstrakten, meist undefinierten  Begriffe vermindern die Eindeutigkeit der Aussage.“ Die Frage, ob man klonen dürfe, komme überhaupt nicht vor. Urteil des Professors: „Sprache im Leerlauf.“

So klug die digitale Prüfung, von Messelken verständlich ausformuliert, auch anmutet: Von Künstlicher Intelligenz (KI) will der Wissenschaftler in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Zwar sei das Programm vollgestopft mit linguistischem Expertenwissen; es mache aber Forscher, Lektoren, Redakteure oder Kritiker keineswegs überflüssig. „Verstehen ist letztlich ein Willensakt“, ist Messelken überzeugt.

Zum Beweis der Leistungsfähigkeit der Software fütterten die Kölner kürzlich auch den umfangreichen Bestseller „Hitlers willige Vollstrecker“ in den Rechner. Cut lieferte schon nach wenigen Minuten eine aussagekräftige Zusammenfassung des Textes von Daniel Goldhagen. Schon träumt Verständlichkeitsforscher Messelken vom Einsatz seiner computerisierten Textanalyse in Wirtschaft, Medien und Verwaltung. Marketing- und PR-Manager könnten beispielsweise über eine Art Controlling der schriftlichen Korrespondenz sicherstellen, daß alle Mitarbeiter der Kundschaft gegenüber eine einheitliche Sprache sprechen. Lektoren in Schulbuchverlagen könnten Texte dem erlernten Vokabular der jeweiligen Jahrgangsstufe besser anpassen. Und Redakteure hätten es leichter, eine Nachricht aus aufgeplusterten Politikerreden zu destillieren, ohne sich mit leeren Floskeln herumquälen zu müssen.

In vereinfachter Form eignete sich eine solche Software sogar zur Selbstkontrolle, glaubt Messelken: Redenschreiber, Schriftsteller und Journalisten kämen ihren eigenen rhetorischen Marotten auf die Spur. Und bei entsprechender Computerkapazität könnte eine automatisierte Textanalyse sogar die Trefferquote von Suchdiensten in Datennetzen steigern.

Sollten die Bürger dann wirklich via PC und Internet den Politikern auf den Mund schauen, müßte sich Minister Rüttgers hinter seiner Staatssekretärin Elke Wülfing verstecken. Die versteht – sagt Cut – das Kommunikationshandwerk viel besser als ihr Ressortchef. Nur in Behörden, die Messelken gern zur Zielgruppe seines Produkts zählen würde, läßt sich Cut nicht einfach einsetzen: Die vielen Abkürzungen im typischen Amtsdeutsch reduzieren die durchschnittliche Wortlänge derart, daß der Computer einen Text für verständlicher halten würde, als er ist.

Um die tatsächlichen Marktchancen zu eruieren, stellen die Kölner Cut bald ins Netz: Ab dem 15. Juli können Interessenten eigene Texte via Internet einreichen, die mit dem Cut-Prototyp auf Herz und Nieren geprüft werden (http://www.uni-koeln.de/ewfak/cut).

ULF J. FROITZHEIM

Sprache im Leerlauf

Hans Messelken: Textauszüge bekannter Autoren und ihre Computerauswertung

Franz Kafka: „Auf der Galerie“

Wenn irgendeine hinfällige, lungensüchtige Kunstreiterin in der Manege auf schwankendem Pferd vor einem unermüdlichen Publikum vom peitschenschwingenden Chef monatelang ohne Unterbrechung im Kreise rundum getrieben würde, auf dem Pferde schwirrend, Küsse werfend, in der Taille sich wiegend, und wenn dieses Spiel unter dem nichtaussetzenden Brausen des Orchesters und der Ventilatoren in die immerfort weiter sich öffnende graue Zukunft sich fortsetzte, begleitet vom vergehenden und neu anschwellenden Beifallsklatschen der Hände, die eigentlich Dampfhämmer sind, vielleicht eilte dann ein junger Galeriebesucher die lange Treppe durch alle Ränge hinab, stürzte in die Manege, riefe das Halt! durch die Fanfaren des immer sich anpassenden Orchesters.

Da es aber nicht so ist, eine schöne Dame, weiß und rot, hereinfliegt, zwischen den Vorhängen, welche die stolzen Livrierten vor ihr öffnen; der Direktor, hingebungsvoll ihre Augen suchend, in Tierhaltung ihr entgegenatmet. vorsorglich sie auf den Apfelschimmel hebt, als wäre sie seine über alles geliebte Enkelin, die sich auf gefährliche Fahrt begibt; sich nicht entschließen kann, das Peitschenzeichen zu geben; schließlich in Selbstüberwindung es [ … ]

Wertung*: Die extreme Häufung von Wortformen, die ein einziges Mal vorkommen (169 von 205), deutet auf einen schwer zu verstehenden Text hin: Üblicherweise versucht ein Autor, die wesentlichen Punkte mehrfach beim Namen zu nennen. Die vielen Variationen zeugen jedenfalls von einer starken ästhetischen Ausdruckskraft, auf die es bei literarischen Texten ankommt. Etwa jedes vierte Wort ist texttypisch, nicht zuletzt weil Kafka aus alltäglichen Wörtern ungewöhnliche Zusammensetzungen bildet, die in den Wortschatz-Datenbanken nicht enthalten sind (etwa „lungensüchtig“ statt „lungenkrank“ oder „schwindsüchtig“). Besonders auffällig ist die Häufung von Partizipien.

❏ Daniel Goldhagen: „Hitlers willige Vollstrecker“

Wie einzigartig Höchstädters cri de coeur in seiner Nüchternheit, seiner „Unnormalität“ und auch seiner Hilflosigkeit ist, wird deutlich, wenn man ihn neben die antisemitischen Außerungen der Bischöfe, Kirchenführer und anderer bekannter Kirchenmitglieder stellt – etwa neben die Bemerkung von Pastor Martin Niemöller, des berühmten NS-Gegners, die Juden vergifteten alles, was sie berührten; oder neben die von Bischof Dibelius überlieferte Hoffnung, die jüdische Gemeinde würde aufgrund ihrer niedrigen Geburtenrate aussterben und Deutschland so von ihrer schädlichen Gegenwart befreien; oder neben die Versicherung von Bischof Wurm, er „bestreite mit keinem Wort“ das Recht des Staates, die Juden als ein gefährliches Element zu bekämpfen, das auf „religiösem, sittlichem, literarischem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet“ zersetzend wirke; oder neben die Außerung von Bischof August Marahrens, mit der er nach dem Krieg, im August 1945, sein Bekenntnis der Schuld, nicht für die Juden eingetreten zu sein, ergänzte: „Wir mögen im Glauben noch so sehr von den Juden geschieden sein, es mag auch eine Reihe von ihnen schweres Unheil über unser Volk gebracht haben, sie duften aber nicht in unmenschlicher Weise angegriffen werden.“

Wertung*: Stilistisch entspricht der Text einer gutbürgerlichen Tageszeitung. Er läßt sich ohne große Umstände einfach herunterlesen: Für einen Text mit wissenschaftlichem Anspruch eine bemerkenswerte Leistung. Das Buch enthält jedoch auch syntaktische Problemzonen, die sich durch die Computeranalyse leicht lokalisieren lassen. Der längste Satz etwa erweist sich mit seinen 172 Wörtern als syntaktisches wie lexikalisches Schwergewicht. Allerdings mögen allzu häufige Wiederholungen dem Leser das Gefühl geben, man wolle ihm die sprachliche Botschaft einhämmern, um die Kraft der Argumente noch zu verstärken.

❏ Jürgen Rüttgers: „Klonierung beim Menschen“

Eineiigen Zwillingen darf die Einzigartigkeit und Schutzwürdigkeit ihrer Persönlichkeit nicht bestritten werden. Entscheidend für die Ächtung des Klonierens ist deshalb nicht die Tatsache der identischen Erbinformationen per se. Ethisch zu verwerfen ist die Klonierung deshalb,
a) weil Menschen zu einem bestimmten Zweck geplant und erzeugt werden
b) und weil Menschen sich erheben, über die Zweckgebundenheit noch zu schaffender Menschen
zu entscheiden.

Die Würde des Menschen und die Integrität der Person ergeben sich aber gerade daraus, daß die Menschen in ihrer Persönlichkeitsentfaltung prinzipiell frei und damit auch zweckfrei sind und bleiben. Die Entscheidung über den Zweck anderer Menschen kann nach dem Verständnis unserer Werteordnung niemandem zustehen. Sowohl die Zweckgebundenheit als auch die Fremdbestimmtheit von Menschen sind fundamental als menschenunwürdig abzulehnen. [ … ]

Wir brauchen internationale Vereinbarungen zur weltweiten Ächtung des Klonierens von Menschen. Der Eindeutigkeit der rechtlichen Bestimmungen in Deutschland steht der Handlungsbedarf auf der internationalen Ebene gegenüber.

Wertung*: Beim ersten Blick auf die Daten scheint der Text leicht verständlich zu sein – die Syntax ist einfach, die Satzgewichte nicht zu hoch. Geht man jedoch in die Feinheiten und betrachtet die Wortlisten, ändert sich der Eindruck. Hier häufen sich sogenannte Prinzipalia – Adjektive mit kategorischem Geltungsanspruch, die für die Unverbindlichkeitsprosa des Politjargons charakteristisch sind: etwa fundamental, prinzipiell.

Dieser administrative Stil, zu dem auch viele institutionelle Begriffe wie Handlungsbedarf und internationale Ebene gehören, erschwert den Zugang zum Text. Die abstrakten, meist undefinierten Begriffe vermindern die Eindeutigkeit der Aussage und vermitteln dadurch den Eindruck einer Sprache im Leerlauf.

* Formuliert von Professor Hans Messelken für meinen Beitrag in der WirtschaftsWoche

BITTE WARTEN: Telekom-Rivalen in Zeitnot

Das Ende des Telefon-Monopols rückt näher, doch die neuen Wettbewerber haben ohne Schützenhilfe vom Regulierer schlechte Karten im Kampf gegen die Bonner Telekom.

Die flinken Werbestrategen der Kommunikationskonzerne sind ihren Rechtsabteilungen voraus. Mit kühnen Versprechungen für 1998 wollen sie schon jetzt die Kunden heiß auf den Wechsel machen. Dabei wissen die Vorstände selbst noch nicht, was sie wann wirklich realisieren können. Der Postminister soll nun die Abwehrtaktik der Telekom stoppen.

Fast könnte man meinen, den Zug der Zeit verpaßt zu haben. „Fair statt ungefähr“, springt es den Lesern der Wirtschaftsseiten rot auf blau entgegen, sei die „sekundengenaue Abrechnung im Festnetz“ bei Arcor. Als wäre es längst höchste Eisenbahn für alle, die der Telekom den Rücken kehren wollen, drängeln die Werber der neuen Telefongesellschaft: „Wollen Sie noch mehr Zeit verlieren?“

Die Annonce macht Appetit. Mit dem „völlig taktlosen“ Tarif, der nur Tag und Nacht sowie drei Entfernungszonen kennt, präsentiert die Bahn-Tochter eine attraktive Alternative zum undurchdringlichen Gebührendickicht der Telekom: pfenniggenaue, lineare Abrechnung statt bundespostalischer „Einheiten“, die je nach Ziel, Tag und Stunde für so bizarre Intervalle wie 5,46 oder 21,5 Sekunden stehen.

Indes: Kaum einer der servicehungrigen Leser, denen die – vom DB-Partner Mannesmann gemanagte – Arcor mit dem Inserat Appetit machen will, hat in nächster Zeit Aussicht auf Sättigung. „BITTE WARTEN: Telekom-Rivalen in Zeitnot“ weiterlesen

Wissen isst Macht

Unternehmen lassen wertvolles Wissen ihrer Mitarbeiter brachliegen. Sie könnten diesen Produktionsfaktor leichter erschließen, meint der Organisationspsychologe Lutz von Rosenstiel, wenn Schulen und Universitäten ihre Methoden konsequent modernisierten: Statt Lehrbuch wissen zu pauken, sollen die Schüler lernen, sich jederzeit aktuelles Wissen anzueignen – und es mit anderen zu teilen. Darum macht sich der Münchner Professor, im Nebenjob Prorektor der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), für das neue Studienfach „Wissensmanagement“ stark.

Wenn es nach den Propheten der Informationsgesellschaft geht, liegt das Wissen der Welt vor uns wie ein aufgeschlagenes Bilderbuch. Praktiker klagen aber, in der stetig anschwellenden Datenflut fänden sie nur noch unter größten Mühen die relevanten Informationen. Geht es Ihnen manchmal ebenso?

Natürlich. Auch für uns an der Uni ist die Wissensflut ein Problem. Wir haben 20 Fakultäten mit 120 Studiengängen; da gibt es Berge von Papier, massenhaft Seiten im Internet, und keiner findet mehr durch. Von Kollegen hören wir immer dieselbe Doppel-Klage: Mal heißt es „wir sind nicht informiert worden“, mal „wir ersticken an den vielen Informationen“.

Relevanz wird offenbar unterschiedlich beurteilt: auf der einen Seite ungezügelter Mitteilungsdrang, auf der anderen niemand, der das Mitgeteilte braucht.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, unter dem ich leide: In allen Fakultäten gibt es sehr viele Sitzungen, und viele Fakultäten schicken jedes Sitzungsprotokoll an jedes Mitglied des Rektoratskollegiums. Solche Protokolle haben häufig 15, 20 Seiten. Bei 20 Fakultäten entsteht so jede Woche ein dickes Buch …

Junk-mail auf bürokratisch!

Ja. Das ist genau der Punkt.

Ihre Lösung?

Wir bauen ein internes Netz, wo man diese Texte nach Klassifikationen abrufen kann. Das ist der eine Weg. Der andere sind regelmäßige Treffen des Rektorats mit den Dekanen „verwandter“ Fakultäten; die sieben geisteswissenschaftlichen treffen sich zum Beispiel mit mir. Wir besprechen die relevanten Dinge, da wird wirklich hingehört. Beides ergänzt sich: die direkte zwischenmenschliche und die EDV-gestützte Kommunikation.

Und dabei machen alle mit?

Je nach Bereich und Person ist das unterschiedlich. Zum Teil bevorzugen die Kollegen noch Kärtchen. Einer spielt mit seiner Kärtchenmethode sogar die anderen an die Wand. Weil er genau im Gedächtnis hat, wo was ist. Wir können ihn schlecht auf EDV zwingen. Aber wenn er geht, ist sein Wissen verloren. Dies ist das Dilemma. Wenn ein kompetenter Mensch seinen Arbeitsplatz verläßt, ist sein Wissen dann total verloren? Oder hat die Organisation von ihm gelernt?

Was tut die Uni München, damit der akademische Nachwuchs sein Wissen eben nicht auf Kärtchen hortet?

Für neu angekommene Studenten gibt es jetzt in fast allen Fächern Einführungstage mit Führungen durch die Bibliotheken. Dabei zeigen wir ihnen Programme, die über Such begriffe finden, was man braucht. In der Schule wird dies nicht vermittelt. Leider sind diese Datenbanken fachspezifisch und für interdiszip li näres Arbeiten nicht geeignet. Dies ist ein Grund, weshalb wir einen neuen Studiengang planen: für Wissensmanagement. Da soll man konkret lernen, wie man interdisziplinär Wissen austauschen kann.

Wen haben Sie dabei im Auge?

Psychologen, Soziologen, Informatiker, Wirtschaftswissenschaftler, möglicherweise Kommunikationswissenschaftler. Für Betriebswirtschaftler ist es als Nebenfach interessant, um bessere Manager zu werden.

Ihr erklärtes Ziel, das Wissen von Einzelnen der gesamten Organisation zur Verfügung zu stellen, widerspricht dem gewohnten Führungsprinzip „Wissen ist Macht.

In der Wirtschaft ist das Problem mit dem Herrschaftswissen sicherlich stärker ausgeprägt als bei einer Behörde: An der Uni hat man eine gesicherte LebenszeitsteIle, als Professor gefährde ich mich nicht durch die Preisgabe meines Wissens. Dagegen ist das, was Walter Volpert „Die Enteignung der Experten “ nennt, in der Wirtschaft eine im Extremfall existentielle Bedrohung. Wenn man bedenkt, daß es heute Software gibt, die einen Arzt bei medizinischen Diagnosen übertrumpft oder einen Schachgroßmeister schlägt, kann man verstehen, warum viele Fachleute ihr Wissen lieber für sich behalten. Wenn ich etwas ins Intranet meiner Firma gebe, wird es spontan Besitz der Organisation. Ich verliere die Macht, es dem einen zu sagen und dem anderen nicht. Von daher sind viele Unternehmen nichtgerade Vertrauenskulturen, sondern eher Mißtrauens-, ja Verschlossenheitskulturen.

Wie läßt sich das ändern? Mißtrauenswürdige Abstauber und Trittbrettfahrer mit Talent zur Selbstinszenierung gibt es doch tatsächlich

Sicher.

…und die schreiben nicht in ihren Bewerbungsbogen rein, daß sie sich immer nur mit fremden Federn geschmückt haben.

Das ist wohl wahr. Empirische Studien zeigen, daß junge Führungskräfte, die ihre Kommunikationszeit vor allem darauf verwenden, ihre Mitarbeiter zu fördern, zwar mit ihrer Gruppe gute Leistungen erbringen. Rasch Karriere machen trotzdem diejenigen, die ihre Zeit nutzen für die Bildung von Koalitionen, für Mikropolitik und Beziehungspflege. Die anderen machen weniger Karriere – oder zumindest langsamer. Die Unternehmen fallen auf die Blender rein.

Was soll ein Unternehmen tun, wenn es das Wissen seiner guten Leute – etwa im Intranet – für alle zugänglich machen will?

Es muß dem Konzept „Wissen ist individuelle Macht“ andere Anreizsysteme gegenüberstellen. Werde ich belohnt für individuelle Leistung, wird es leicht ein Nullsummenspiel: Ich erinnere mich an einen Fall, wo ein Kaufhaus-Filialleiter wegen eines solchen Bonussystems lieber mit einem Konkurrenten kungelte, als seinem firmeninternen Rivalen aus der Nachbarstadt zu mehr Umsatz zu verhelfen. Steht aber der Geschäftsprozeß oder das Team im Mittelpunkt, wird das – finanzielle oder ideelle  – Belohnungssystem anders aussehen: Wenn die Belohnung ein Mix ist aus individueller Leistung und Gruppenleistung, dann ist jeder interessiert, sein Wissen einzubringen, um die Gruppe zu optimieren.

Wenn Geld nicht alles ist, was motiviert die Menschen dann, sich zu öffnen?

Freiräume, die man ihnen gibt: Strenge Hierarchien sind weniger konstruktiv und produktiv, weil die Informationskanäle zu lang sind – jede Information muß den Dienstweg einhalten. Ein Doktorand von mir hat in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen zweier großer Elektronikunternehmen untersucht, welche Faktoren Produkt- und Prozeßinnovationen begünstigen. Das Ergebnis: Wichtiger als finanzielle Anreize, wichtiger als Strukturmerkmale der Organisation, wichtiger als Charaktereigenschaften der Personen war die Möglichkeit, außerhalb des Dienstweges mit jedem zu kommunizieren. Und der verstorbene Innovationsprofessor Stephan Schrader aus München hat am Beispiel der amerikanischen Metallindustrie festgestellt, daß besonders erfolgreich diejenigen Unternehmen waren, deren Forschungsmitarbeiter sich mit den Kollegen von der Konkurrenz über aktuelle Entwicklungstrends austauschen durften.

Das setzt das Vertrauen voraus, daß der andere die Informationen nicht ausnutzt und selbst ehrlich Auskunft gibt.

In diesem Fall scheint es geklappt zu haben. Die geheimniskrämerischen Unternehmen waren auch die weniger erfolgreichen. Das ist eine Frage der Kultur. Offenheit darf natürlich nicht Unbedarftheit heißen. Vertrauen bedeutet, in Vorleistung zu gehen mit einer Information, mit der mich der andere schädigen kann. Aber meistens wird dann die Brücke gebaut, auf jeder Seite ein Stein, bis sie sich schließt.

Sind die Amerikaner weniger mißtrauisch als wir in Deutschland?

Scheint so. Studien zur interkulturellen Kommunikation zeigen, daß in Deutschland eher eine Haltung der Verschlossenheit, der formalen Dienstwege herrscht, was natürlich immer Mittelwerte sind. Ausnahmen findet man sowohl bei einzelnen Menschen als auch bei Unternehmen. Es gibt Konzerne, die das Problem erkannt haben. Siemens hat einen Chief Information Officer installiert, Siemens-Nixdorf sogar schon einen Chief Knowledge Officer: Siemens will jetzt – um es mit einem geflügelten Wort zu sagen – offenbar endlich einmal wissen, was Siemens weiß. Die Frage ist natürlich, was eine solche Person tut. Die Einrichtung der Stelle ist zunächst ein Zeichen der symbolischen Führung.

Ein Signal an die Mitarbeiter?

Ja: „Wir nehmen das ernst, es ist uns wichtig.“ Dann wird es komplizierter: Wie müssen die internen Filter aussehen? Welches Wissen ist Spinnerei? Und welches ist wichtig? Gibt es hier Mechanismen, die den Wert des Wissens nicht nur vom Dienstweg und der Position bestimmen, sondern möglicherweise von dem Inhalt, der drinsteckt?

Also muß man Menschen bewerten, kategorisieren, festlegen?

Wissensmanagement beginnt bei der Erarbeitung vernünftiger Kriterien für eine Selektion. Dazu gehört auch, im Sinne der „lernenden Organisation“ das Wissen, das ein einzelner in seiner Zeit der Organisationszugehörigkeit gewonnen hat, ihm beizeiten „abzusaugen“. So könnte derjenige, der bestimmte Erfahrungen gemacht hat, grundsätzlich verpflichtet werden, dies in seinem Kreis zu kommunizieren.

Dies wird nur funktionieren, wenn die Bereitschaft zur Wissensherausgabe die eigene Position festigt.

Wir brauchen ein Leitbild des Spezialisten, der nicht der Wissenshorter ist, sondern der Wissenskommunikator. Das muß belohnt werden. Und das geht in diejährliche Personalbeurteilung ein: „Haben sie Wissen weitergegeben?“

Dazu gehört ein permanentes Monitoring, das doch nur wieder die Angst der Leute schürt: Da oben sitzt jemand, der meine Leistung mißt.

Kultur ist wichtiger als Kontrolle. Es muß eine Selbstverständlichkeit sein: „Wenn wir etwas haben, reden wir drüber. “ Es gibt Kollegen, die, kaum haben sie einen interessanten Artikel gefunden, auch darüber beim Mittagessen referieren. Andere schließen ihn sofort weg, damit kein anderer ihn findet.

Beides klingt nicht ideal. Wenn jeder über alles redet, hat doch auch keiner etwas davon.

Stimmt. Es gibt Firmen, in denen gilt der Grundsatz: Wenn einer eine Nachricht über das Intranet an mehr als sieben Leute schickt, hat er nicht nachgedacht. Oder er will nur Wind machen, „schaut her: ich hab was getan“. Es braucht Disziplin beim Sender und Schutz beim Empfänger. Und das ist auch wieder ein Teil der Kultur. Man sagt: „Gib nicht an! Überleg‘ Dir, für wen das wirklich interessant sein könnte.“

Werden Menschen, Firmen, Organisationen lernen, besser zu unterscheiden zwischen Informationen, die des Langzeitgedächtnisses würdig sind, und solchen, die man sich wegen des kurzen Haltbarkeitsdatums eigentlich nicht über den Tag hinaus merken muß?

Im Augenblick habe ich Zweifel. Die Schule bringt den Schülern den Stoff so bei, als sei er für die Ewigkeit. Sie lernen nicht, sich aktuell wichtige Infos zu beschaffen. Insofern ist die Methode, Wissen zu erwerben und zu verwerfen, als pädagogisches Ziel wichtiger als Wissensspeicherung. In dem Maß, wie Wissen rascher veraltet und immer wieder neu produziert wird, wird die Methode wichtig. Und nicht mehr der Inhalt.

Das spräche doch, trotz aller Einwände von Kulturkritikern, für „Schulen ans Netz.

Durchaus. Aktives Lernen ist eine Voraussetzung, die sich im Beruf auszahlt. Wenn das an den Schulen nicht schnell genug vorangeht, sollten Eltern ihren Kindern einen PC mit Modem und einem Budget für Onlinenutzung zur Verfügung stellen. Das ist eine wichtige Kulturtechnik. Genau wie ich früher Bücher geschenkt gekriegt habe (die sollen sie auch weiter kriegen), gehört das heute einfach dazu.

Erschienen im Microsoft Business Journal 2/1997.