Eine sensationelle Information versteckt die Süddeutsche ganz beiläufig im heutigen Wirtschaftsaufmacher. Es geht um den Apple-Chef und Transplantationspatienten Steve Jobs und seine Erfolgsprodukte.
„Im April 1976 gründete er mit Steve Wozniak eine Computerfirma, nannte sie Apple. Ein Jahr später verkauften sie den ersten Macintosh, den Computer mit der Maus.“
Bisher hatte alle Welt geglaubt, der erste Mac sei 1984 in den Handel gekommen und der im April 1977 vorgestellte Computer, der die beiden Steves zu Millionären machte, habe erstens Apple II geheißen und sei zweitens noch mauslos gewesen.
Aber man lernt ja nie aus. Von dem zweiköpfigen Autorenteam, das sich den interessanten Text aus den Fingern gesogen erarbeitet hat, stammt auch die bemerkenswerte medizinische Einordnung der Jobs’schen Lebererkrankung als „Rückfall“ nach seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Bewunderung verlangt mir auch das Rechenkunststück des Duos ab, die Aktie von Apple habe gestern „an den deutschen Börsen zeitweise fast ein Zehntel ihres Werts“ eingebüßt, „mehr als 15 Milliarden Euro“. Meines bescheidenen Wissens lag der Wert der Aktie eher um die 250 Euro. Der Wert des ganzen Unternehmens wiederum liegt nach Ansicht der wahrscheinlich schlecht informierten Redaktion von Onvista bei 240 Milliarden Euro bzw. 320 Milliarden Dollar. Der zum Starrsinn neigende virtuelle Taschenrechner meines Macbooks behauptet, 15 Milliarden seien 6,25 Prozent von 240 Milliarden, nicht fast zehn Prozent.
Leider kann ich dieses unzuverlässige Gerät nicht mehr umtauschen. Ich meine: SZ-Wirtschaftsredakteure können ja nicht irren, oder?
P.S.: Einen Kommentar hat das Blatt auch noch dazu geschrieben. Darin zieht der (am Bericht nicht beteiligte) Autor einen putzigen Vergleich zwischen Jobs und dem 87-jährigen Hariboss Hans Riegel junior, Bonn. Naja, Vergleich? Bekanntlich ist ja nicht alles, was hinkt… Beim kinderlosen Goldbärentycoon geht es eigentlich nur um die Frage, wer den Laden erbt. Bei Apple geht es vor allem darum, dass Tim Cook das Charisma abgeht und es schwer wird, den Medienhype am Kochen zu halten, falls der Star tatsächlich nicht mehr auf die Bühne zurückkehren sollte. Dass Jobs, der seinen Gesundheitszustand in letzter Zeit wohl kaum ignoriert haben dürfte, nicht vorgeplant haben soll, ist schon eine mutige Unterstellung. Er war halt nie der Typ, der das an die große Glocke hängen würde.
Bei einer Kaltakquise offene Tüen einzurennen passiert auch Tanja Engler eher selten. Als die Marketingchefin der Stuttgarter Softwareschmiede Liquid Air Lab im Hotel Der Zauberlehrling anklingelte, kam sie kaum wieder los. „Ich bin sofort angesprungen“, sagt Hotelchef Axel Heldmann, „auf so etwas hatte ich lange gewartet.“ Er kaufte ein kleines Programm, das sich seine Gäste nun kostenlos auf ihr Smartphone laden können. Wer diese sogenannte App (kurz für Application, auf Deutsch: Anwendung) installiert hat, kann schon vor der Anreise in der Speisekarte blättern oder einen Video- und Fotorundgang durchs Haus machen. Zum Reservieren tippt der Gast auf die angezeigte Telefonnummer, schon ruft das Edelhandy die Wirtsleute an. Demnächst soll auch das Internetbuchungssystem Opentable eingebunden werden; dann zeigt die App den Gästen an, wann ein Tisch frei ist.
Noch im vorigen Jahr wäre so ein Vorhaben für ein inhabergeführtes Hotel ein paar Nummern zu groß gewesen, die Kosten hätten in einem absurden Verhältnis gestanden zur geringen Zahl von Gästen, die ein passendes Handy besitzen. Wer eine attraktive iPhone-App entwickeln lassen wollte, musste sich auf eine Rechnung über 10 000 Euro gefasst machen – plus Zuschlag für die Anpassung an Betriebssysteme von Nokia, RIM (Blackberry) oder Google. „Haste mal ’ne App?“ weiterlesen
Die Erfolgsmarke Apple lebt von ihrem Gründer Steve Jobs: Der Berufsjugendliche agiert professionell als oberster Imagebringer – und wickelt seine Kunden auf der ganzen Welt geschickt um den Finger
Text: Ulf J. Froitzheim
Disclaimer: Bevor es andere tun, erklärt sich der Autor vorsorglich selbst für befangen. Er gehört zur wachsenden Schar derer, die sich nachsagen lassen müssen, sie seien willenlose Fashion Victims, eingelullt von einem egomanen Lifestyle-Guru, der für Allerweltsdigitalien von ergreifender Schlichtheit Mondpreise verlange. Der Verfasser ist jener obskuren Sekte anheim gefallen, die den kalifornischen Milliardär Steven Paul Jobs als Messias des Computerzeitalters verehrt. Jenem harten Kern von Apple-Jüngern, die Web-auf, Web-ab ihren Technopapst Steve I. preisen und jederzeit bereit wären, ihm 199 oder 299 Euro hinzublättern, gäbe er ihnen Gelegenheit, sich die Haare mit einem MP3-Songs dudelnden iFön zu trocknen.
Der 52-Jährige ist eben nicht einfach Gründer und Topmanager eines ziemlich erfolgreichen Hardware-Herstellers; das ist Michael Dell auch. Ein Wunderkind der IT-Pionierzeit, das dank seiner Chuzpe zu Ruhm und Reichtum gelangte? Da denkt jeder zuerst an Microsoft-Gründer Bill Gates.
Nein, diesen beiden Kollegen, die in Texas und Washington weit größere Firmen aufgebaut haben als er, hat der Kalifornier Jobs etwas voraus, das diese sich für kein Geld der Welt kaufen können: das Talent, vor Tausenden von Zuschauern rund um ein ein neues Produkt eine stundenlange Bühnenshow abzuziehen, die von Journalisten und ehrfürchtigen Fans sofort webweit kommentiert und diskutiert wird. Als hätten The Police, Fleetwood Mac und die Stones eine gemeinsame Platte aufgenommen.
Mit dieser Masche eroberte Jobs den Markt für MP3-Player; so bewies er auch, dass Internet-Nutzer bereit sind, für Musik-Downloads Geld zu bezahlen. Und die Ankündigung des tastenlosen Telefons iPhone im Januar war der PR-Coup des Jahres 2007, wenn nicht des Jahrzehnts. Der deutsche Marktforscher Oliver Janssen, bei TNS Infratest für die IT-Branche zuständig, ist sich sicher, dass das Gerät auch in Europa einschlägt, wo es zum Weihnachtsgeschäft erhältlich sein soll – in Deutschland ab dem 9. November bei T-Mobile.
Jobs Wesen des exzentrischen Magiers, der sich vornehmlich auf sich selbst verlässt, wurzelt in frühester Jugend. Von den leiblichen Eltern im Stich gelassen, entwickelt er Durchsetzungsfähigkeit und technische Brillanz zur rechten Zeit am richtigen Ort für eine spätere Karriere in der IT-Industrie. Gleichzeitig prägt ihn die Kultur der Hippiebewegung mit ihren selbsternannten Gurus und Massenhappenings.
Seine Kindheit verbringt er in jenem Obstanbaugebiet südlich von San Francisco, das während seiner Schulzeit zum Silicon Valley mutiert. Dass er dort aufwächst und nicht in Green Bay (Wisconsin), einem Provinznest am Michigansee, verdankt er der Hartherzigkeit seines Großvaters mütterlicherseits, des deutschstämmigen Nerzzüchters Arthur Schieble. Aus Angst vor seiner Ungnade floh dessen Tochter Joanne-Carole, die unstandesgemäß schwanger war von ihrem syrischen Freund Abdulfattah Jandali, ins ferne San Francisco, um in der anonymen Großstadt Adoptiveltern zu suchen. Als Steve am 24. Februar 1955 zur Welt kommt, nehmen ihn Clara und Paul Jobs an Kindesstatt an: sie Buchhalterin, er Schlosser.
Die Jobs tun alles für den kleinen Steve. Sie ziehen wegen einer besseren Schule für den begabten, eigenwilligen Jungen nach Palo Alto und sparen eisern, damit er wie versprochen aufs College gehen kann. Der 17-Jährige darf sich sogar aussuchen wo – und entscheidet sich für das teure Reed College in Portland/Oregon. Über seine Zeit damals spricht Jobs zum ersten Mal als 50-Jähriger (halb-)öffentlich in einer Festrede in Stanford. Über den jungen Steve, der ein schlechtes Gewissen hat und das Studium nach dem ersten Semester abbricht, aber in Portland bleibt. Der keine eigene Bude hat, bei Kumpels auf dem Fußboden pennt und sich ein Taschengeld verdient, indem er Colaflaschen auf der Straße aufliest und das Pfand kassiert. Der Sonntags zu Fuß sieben Meilen zum Hare-Krishna-Tempel pilgert, weil es da gratis ein gutes Mittagessen gibt.
1974 kehrt er ins Valley zurück. Ein Schulfreund vermittelt ihm einen Job beim Videospiele-Hersteller Atari. Der technisch interessierte Jobs, dem der Adoptivvater einst eine eigene Werkbank in der Garage überlassen hatte, schlittert in die anarchische Elektronikbastlerszene hinein. Mit seinem kongenialen Partner Steve Wozniak gründete er 1976 das Unternehmen Apple.
Der Ruf von Steve Jobs als begnadeter Charismatiker, hat viel mit seinen zwei, drei Auftritten pro Jahr zu tun, die er minutiös inszeniert und tagelang probt wie ein professioneller Showmaster
Von seinen leiblichen Eltern und seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Mona erfährt Jobs erst, als er erwachsen ist. Nach wilden Jahren, in denen er angeblich eine Affäre mit der Protestsängerin Joan Baez hatte und auf Sinnsuche nach Indien pilgerte, ist die eigene Firma an der Börse und er selbst Vater einer nichtehelichen Tochter namens Lisa. Nach ihr benennt er 1982 einen PC, als Teenager wohnt sie mehrere Jahre bei ihm. Auch zu seiner Schwester Mona Simpson, die als Schriftstellerin erfolgreich ist, entwickelt Jobs ein freundschaftlich-vertrautes Verhältnis. Nichts deutet indes darauf hin, dass ihm je gelungen wäre, die Distanz zu seiner Mutter abzubauen.
Auch die Nähe zu seinem Publikum, den Kunden, ist im Grunde nur der öffentlich sichtbare Teil seiner Managementphilosophie. Jobs denkt in Audiences, ihm geht es um den Applaus des Publikums – das eröffnet Handlungsoptionen: Ein Fanclub verzeiht seinem Star Fehler. Bislang kann sich Jobs darauf verlassen, dass sich treue Anhänger selbstlos für ihn die Bresche werfen, sobald im Publikum Unmut aufkommt. Als Apple kürzlich per Software-Update alle iPhones unbrauchbar machte, deren Käufer die werksseitige Bindung an AT&T als einzig zulässigen US-Netzbetreiber geknackt hatten, sahen sich die betroffenen Handy-Hacker in Internet-Foren plötzlich einer Flut hämischer „Selber-schuld“-Kommentare ausgesetzt. Ihre Argumentation, sie hätten als Verbraucher das Recht, sich ihr Handynetz auszusuchen, konterten die Jobs-Verteidiger mit derart barschen Hinweisen auf die Garantiebestimmungen, wie sie sich Apple selbst nie hätte erlauben können.
Dass er sich heute wie auf dem Olymp der Informationsindustrie fühlen kann, muss Jobs wie eine hart verdiente Genugtuung erscheinen. Im Gegensatz zu seinen Rivalen Gates und Dell, die nie einen Karriereknick erdulden mussten, kennt er das Gefühl, in den Himmel gehoben zu werden und kurz darauf am Boden zu liegen. Ende der Siebziger war er bereits ein Großer gewesen, schließlich war er es, der 1976 den ersten ernst zu nehmenden PC in die Welt setzte, den Prototyp des Apple I im Holzgehäuse. Doch den unternehmerischen Herausforderungen, die vor ihm lagen, war er nicht gewachsen. Während IBM mit dem ersten PC die Vorherrschaft des Apple II angriff, leistete Jobs sich den Luxus, gleich zwei Modelle parallel zu entwickeln – die „Lisa“ für 10 000 Dollar und den Macintosh, der nur 2 000 Dollar kosten sollte. Software, die auf dem einen Modell lief, funktionierte nicht auf dem anderen. Als die Lisa Anfang 1983 auf den Markt kam, engagierte Jobs in seiner Not den Pepsicola-Chef John Sculley als Apple-Geschäftsführer. Es war eine Mesalliance, die nur zwei Jahre später in einem Machtkampf gipfeln sollte, den der „bezaubernde Tyrann“ – wie ihn sein Ex-Adlatus Andy Hertzfeld nennt – schließlich verlor. Jobs verließ Apple.
Jeder Versuch, „His Steveness“ heute auf seine erste Karriere anzusprechen, ist sinnlos. Einem Reporter, der wissen wollte, welchen Rat der gereifte Unternehmer Jobs dem 25-jährigen Steve geben würde, erwiderte er rüde: „…sich nicht mit dummen Interviews abzugeben! Ich habe keine Zeit für diesen philosophischen Bullshit.“ Die zweite Chance verdankt er seinen Nachfolgern an der Spitze von Apple. In den zwölf Jahren seiner Abwesenheit brachten Sculley, Mike Spindler und Gil Amelio das Unternehmen Apple nicht etwa nach vorn, sondern manövrierten es konsequent in die Bedeutungslosigkeit – während Microsoft mit dem Macintosh-Klon Windows florierte.
Schließlich holte Amelio den Gründer wieder zurück. Wenige Monate und einen Rekord-Quartalsverlust später war Amelio seinen Job los – und Jobs wurde CEO, für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar. Das konnte er sich leisten: Sein unternehmerisches Hobby, die digitale Trickfilm-Werkstatt Pixar („Findet Nemo“, „Ratatouille“; inzwischen an Disney verkauft), war unterdessen zu einem Trendsetter Hollywoods avanciert.
Seit Jobs Wiedereinstieg geht es mit Apple stetig bergauf, doch 2004 scheint dafür das private Glück jäh zu enden: Ärzte entdecken bei dem Familienvater, der mit seiner Frau Laurene drei Kinder hat, damals im Alter zwischen 6 und 13 Jahren, einen Tumor an der Bauchspeicheldrüse. Jobs denkt, er habe noch drei bis sechs Monate zu leben, bevor sich die Geschwulst als gutartig herausstellt. Das unfreiwillige Nachdenken über den Tod, der ihm so nah war, verändert den oft bis zur Unerträglichkeit unduldsamen Unternehmer. „Die Erinnerung an den Gedanken, bald tot zu sein, ist das Wichtigste, was mir hilft, die großen Entscheidungen im Leben zu treffen“, sagt Jobs ein Jahr später bei seiner Rede in Stanford, „alle Erwartungen, aller Stolz, alle Furcht vor Ärger und Versagen fallen weg im Angesicht des Todes. Es bleibt nur, was wirklich wichtig ist.“
Produktneuheiten verkündet niemand anders als der Apple-Chef selbst: auf der Bühne, stets in Bluejeans und meist in schwarzem Rolli – mittels eines im Haus eigens für ihn entwickelten Präsentationsprogramms namens Keynote.
Die Firma gehört eindeutig dazu. Heute, zehn Jahre nach dem Comeback des Gründers, ist Apple stärker denn je auf seinen Boss fixiert – womöglich zu stark. Die internationale Markenberatung Interbrand rühmt das Unternehmen zwar als „Großmeister der Bedürfnisweckung“, doch ihre Zahlen zum Markenwert sind ernüchternd. Gerade einmal elf Milliarden Dollar ist der Name Apple wert, nur ein Elftel des Börsenwerts. Beim Autokonzern BMW dagegen trägt die Marke mehr als 60 Prozent zur Bewertung an der Börse bei, selbst Microsoft schafft es auf über 20 Prozent. Der Vergleich lässt nur einen Schluss zu: Der Charismatiker hat es nicht geschafft, seine Reputation als Innovator und Vordenker der IT-Industrie auf seine Firma zu übertragen.
Das sind allerdings Sorgen von morgen – Sorgen, die jemand wie der von einem Bilanzierungsskandal gebeutelte IT-Unternehmer Dell wohl gern hätte. Im Gegensatz zu ihm hat dem Popstar Jobs das Publikum bis dato noch alles verziehen; eine Affäre um Kungeleien bei Aktienoptionen interessiert seine Jünger längst nicht so wie die Frage, wann das iPhone endlich in einer UMTS-Version fürs schnelle Websurfen auf den Markt kommt. „Apple ist immer noch ein Sympathieträger“, sagt Florian Becker, Werbepsychologe an der Universität München, „die Marke gilt als jung, wild und dynamisch.“ Eine Attitüde, die Jobs clever inszeniert mit Hilfe der Werbeagentur TBWA. Doch das muss man erst einmal wissen: Der übliche klein gedruckte Hinweis auf den Reklamepartner fehlt in den Inseraten. Der Chef hat ein Monopol auf die Außendarstellung der Marke und wird fuchsteufelswild, wenn sich Mitarbeiter oder Dienstleister öffentlich äußern, die nicht dafür bezahlt werden. In Cupertino gibt es sogar einen eigenen Namen für das ganzheitliche Gesamtkunstwerk der Selbstdarstellung: „Media Arts.“ Es wäre allerdings wertlos, wenn nicht die Entwicklung der Produkte nach dem gleichen Prinzip gemanagt würde. „Bei vielen Firmen in unserer Branche ist Design nur ein Anhängsel, das am Schluss alles nett verpacken soll“, sagt Georg Albrecht, als Pressesprecher der Münchner Niederlassung einziger deutscher Mitarbeiter mit Lizenz zum Tönen, „bei uns spricht das Design schon von Anfang bei den Produkten mit.“
Wahrscheinlich hat es das sogar letzte Wort – meint zumindest Psychologe Becker. „Wenn bei Apple eine Entscheidung zu treffen ist zwischen technischem Nutzen und Design, entscheiden sie sich im Zweifelsfall fürs Design.“ Tatsächlich gilt Chefdesigner Jonathan Ive – seit 1992 dabei – als Jobs’ engster Mitarbeiter. Das Gespann liebt minimalistische Gestaltung, wie sie konsequent im iPod umgesetzt ist oder in der Multimedia-Fernbedienung der iMacs und Macbooks: Zwei Drucktasten (Menü, Start/Stop) und ein Kranz mit vier Symbolen (vor, zurück, leiser, lauter) genügen, um alle Funktionen auf den Monitor zu holen. Den Erfolg zeigt – neben dem iPod, mit dem Apple bereits jetzt die Gesamtstückzahl von Sonys Walkmen übertroffen hat – die Verkaufskurve der Mac-Computer. Im dritten Fiskalquartal (April bis Juni) lag die Marke bei fast 1,8 Millionen Stück – Rekord. Besonders gefragt sind die Notebooks, ihr Absatz stieg um mehr als 40 Prozent.
Nur einmal in jüngster Zeit hat der Apple-Gründer, Sanierer und CEO gepatzt. Nämlich als er den Amerikanern 599 Dollar plus Sales Tax für das iPhone abverlangte. Zunächst schien der stolze Preis sogar in Ordnung. Tausende kampierten in der Nacht vor dem Verkaufsstart vor den Apple Stores. Dass an diesem Preis viel verdient war, wusste zwar jeder – die Aktionäre sollten es ja auch wissen. Wie üppig die Bruttomarge war, verriet indes ein Analyst der Marktforschungsfirma iSuppli: Er taxierte den Wert der Bauteile auf 266 Dollar. Zwei Monate nach dem Start sah sich Jobs gezwungen, den Preis um 200 Dollar zu senken.
Was dann geschah, wäre bei jeder anderen Firma unvorstellbar: Empörte Blogger starteten im Internet eine Petition an Apple, den Käufern, die 599 Dollar bezahlt hatten, die Differenz auszuzahlen, die beiden landesweiten Tageszeitungen „USA Today“ und „Wall Street Journal“ stellten den Popstar des IT-Gewerbes in Interviews zur Rede. Er hat die Kurve nochmal genommen. Die Frühkäufer besänftigte Jobs mit Einkaufsgutscheinen oder Song-Downloads, dafür kauften jetzt diejenigen, die auf die Preissenkung gewartet hatten. Triumphierend gab der Media Artist kurz darauf die erste Absatz-Million bekannt. The show goes on.
Die Bilanz hat Sanierer Gilbert Amelio im Griff, die Partnerschaft mit IBM bislang nicht.
Wahre Apple-Fans kann nichts mehr schrecken. Der Umsatz des US-Computerherstellers ging im soeben abgelaufenen Geschäftsjahr 1996 (Ende September) um elf Prozent zurück, sackte im letzten Quartal gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum sogar um fast ein Viertel ab. Der operative Verlust kumulierte sich auf astronomische 1,4 Milliarden Dollar – ein Siebtel der Einnahmen von nur noch 9,8 Milliarden Dollar. Während das gegnerische Gespann Intel/Microsoft Rekordeinnahmen feiert, steht der Branchenpionier aus Cupertino, Kalifornien, mehr denn je als Außenseiter des PC-Markts da. Dennoch ist Archibald Horlitz der Humor nicht vergangen: „Was Apple angeht, bin ich hoffnungsloser Optimist.“
Daß der Berliner Computerhändler, Chef des Macintosh-Discounters Gravis, in der gegenwärtigen „extrem spannenden Phase“ sogar den Kauf von Apple-Aktien empfiehlt, geht auf das Konto des neuen Vorstandsvorsitzenden Gilbert Amelio. Der stille, eher behäbig wirkende Manager – ein harscher Kontrast zu seinem polternden Vorgänger, dem Deutschen Michael „The Diesel“ Spindler – hat das Unternehmen nämlich binnen weniger Monate einer rabiaten Roßkur unterzogen, die jetzt Wirkung zeigt.
So reduzierte Amelio die kurzfristigen Verbindlichkeiten um 60 Prozent, verringerte die Außenstände um mehr als 400 Millionen Dollar und räumte – um den Preis hoher Abschreibungen – die übervollen Läger. Saß Apple vor Jahresfrist noch auf Bergen zugekaufter Bauteile im Gesamtwert von 841 Millionen Dollar, kommt das Unternehmen nun mit einem Lagerbestand von 213 Millionen aus. Die Halden fertiger Produkte schrumpften wertmäßig um mehr als ein Drittel. Zudem brachte der Sanierer Schwung in die Fertigung. „Niemand fragt mich mehr“, klopft sich Amelio auf die Schulter, „ob wir überleben werden.“
Noch ist Apple freilich nicht über den Berg. Zwar konnte Finanzchef Fred Anderson fürs vierte Quartal einen kosmetischen Gewinn von 25 Millionen Dollar ausweisen. Doch indirekt gesteht der Vorstand ein, daß er das nächste Zwischenergebnis wieder mit roter Tinte schreiben wird – nicht zuletzt wegen der kostspieligen Einführung einer neuen Notebook-Baureihe. Erst „ab Ende des zweiten Quartals 1997“, formuliert Amelio vielsagend, rechne er mit einer „anhaltenden Profitabilität“. Selbst wenn der Umsatz 1997 auf neun Milliarden Dollar abrutschen sollte, werde Apple den Break-even schaffen und sich gesundschrumpeln.
Dieses Versprechen wird in der allfälligen Aktionärsmitteilung zum Jahresabschluß gleich wieder durch einen Rattenschwanz von Wenn und Aber relativiert. Denn nach dem großen Kehraus in Cupertino, dem fast die komplette zweite Ebene zum Opfer fiel, hat der promovierte Physiker Amelio seine schwierigsten Hausaufgaben noch vor sich:
❏ Innovative Produkte wie das Betriebssystem MacOS 8 müssen wesentlich schneller marktreif gemacht werden.
❏ Trotz vielversprechender Multimedia-Software hat sich Apple – im Gegensatz zu seinen Kooperationspartnern Sun Microsystems und Netscape – noch nicht als führende Kraft im zukunftsträchtigen Internet-Markt positionieren können.
❏ Apple braucht dringend renommierte Mitstreiter aus dem Hardwarelager, die den in Kooperation mit IBM und Motorola gebauten Power-PC-Prozessor anstelle der marktbeherrschenden Pentium-Chips von Intel einzusetzen wagen.
Die Zeit droht dem Sanierer wegzulaufen. Denn der Umsatzeinbruch des Geschäftsjahrs 1996 ist wesentlich auf den Kurswechsel nordamerikanischer Großkunden zurückzuführen. Chemie- und Pharmakonzerne von Dow Chemical über Eli Lilly bis Monsanto musterten heuer Tausende von Macintosh-Maschinen aus und schlossen sich dem Microsoft-Troß an. Wirtschaftsprüfer wie Ernst & Young und KPMG Peat Marwick gingen fremd oder liebäugelten zumindest mit Bill Gates‘ Windows 95. Allein die kanadische Northern Telecom startete im Frühjahr den Austausch von insgesamt 30000 Apple-Computern gegen Pentium-PC. Nur die Medienbranche erwies sich bisher als resistent gegen die Versuchung, dem Quasi-Monopol nachzugeben.
Auch hierzulande machen Apple-Loyalisten mitunter schwere Prüfungen durch. Der Kemptener Unternehmensberater Gerhard Pleil fühlt sich von Klienten immer öfter als Exot belächelt. Bisher freilich hat er dem Druck nicht nachgegeben. Seine Hoffnung stützt sich auf Gespräche mit Managern anderer PC-Produzenten: „Viele Hardware- und Softwarehersteller würden liebend gerne dem Monopolisten eins auswischen.“ Bisher ist kein Anbieter in Sicht, der einen offenen Streit mit Intel und Microsoft riskieren würde. Welche Folgen Untreue haben kann, erfuhr Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer 1995, als er einen Teil seiner Chips beim Intel-Erzrivalen Advanced Micro Devices (AMD) eingekauft hatte. Zähneknirschend kehrte der Deutsche zurück – sonst hätte er sich bei künftigen Pentium-Versionen hinter deutlich kleineren Konkurrenten anstellen müssen.
Doch die Verhältnisse ändern sich. Im nächsten Frühjahr präsentieren Apple, IBM und Motorola nach jahrelangen Vorbereitungen endgültig ihre PowerPC-Plattform. Dieser gemeinsame Standard macht alle mit diesem Chip-Typ ausgestatteten Rechner miteinander kompatibel. Der Clou: Der Kunde kann damit nicht nur das Mac-Betriebssystem oder Unix-Versionen wie das AIX von IBM verwenden, sondern genausogut das Windows NT von Microsoft.
Wenn sich, wie viele Branchenkenner glauben, NT zum Renner bei mittelgroßen PC-Netzen entwickelt, könnte Apple zumindest als Hardwarelieferant davon profitieren. Doch IBM bietet seinen Power-PC nur im obersten PC-Segment an. Alle Großserien-PCs kommen mit Intel und Windows daher. Power-PCs für den Massenmarkt, so der IBM-Manager Horst Oehler, seien bis auf weiteres nicht geplant. Für Apple-Anhänger Pleil ist diese Haltung ein Witz: „IBM hätte die Kraft, das Monopol von Intel und Microsoft zu beenden.“
Ohnehin sähe Gilbert Amelio sein Unternehmen – ganz in der Tradition seiner Vorgänger – lieber als Softwareunternehmen. Gerade bei neuen Konzepten für die weiche Ware war Apple dem Rivalen Microsoft früher immer um mehrere Nasenlängen voraus. So soll es auch wieder werden. Es wäre doch eine feine Sache, schwärmte Amelio bei seinem letzten Deutschland-Besuch, wenn Apple eines Tages die Hälfte seiner Einnahmen mit Software erzielte.
ULF J. FROITZHEIM
„Eiertanz sorgt für Verwirrung“
Jan Gesmar-Larsen*, General Manager Apple Europe, über das geplante Comeback seines Unternehmens, unzufriedene DV-Manager und die Zusammenarbeit mit IBM.
Herr Gesmar-Larsen, Apple schrumpft in den USA. Die Europa-Tochter kam bisher mit einem blauen Auge davon. Fühlen Sie sich jetzt als Musterknabe des Konzerns?
GESMAR-LARSEN: Als Musterknabe nicht. Aber in letzter Zeit haben wir uns bemüht, verstärkt in Märkte zu verkaufen, die höherwertige Produkte verlangen – etwa in die Medienbranche, in Forschung und Lehre. Dadurch hatten wir hier eine viel stabilere Ertragsgrundlage als in den USA, wo das meiste über die großen Einzelhändler verkauft wird. Allerdings haben auch wir gelitten: Unsere Großkunden wollten abwarten, was bei Apple in den USA passiert, bevor sie zusätzliche
Systeme einkaufen.
Wirkliche Großkunden wie in den USA, die bis zu 30000 Macintosh-Rechner betreiben, haben Sie hier kaum. Waren Sie deshalb weniger verwundbar?
GESMAR-LARSEN: Nein. Wir sind im Prinzip sogar abhängiger von unseren Großkunden wie Bertelsmann oder Springer. Aber zu denen haben wir viel stabilere Beziehungen. Hier gibt es nicht diese internen Computer-Glaubenskriege, wie sie sich in US-Betrieben entzünden.
In Amerika schwenken sogar Apple-gläubige Manager um. Sie glauben, Macintosh zu kaufen, sei ihrer Karriere schädlich.
GESMAR-LARSEN: ln den USA schwingt das Pendel immer sehr weit nach links und nach rechts. An einem Tag ist Apple „great“, am nächsten nur schlecht. Großkunden, die auch in Europa tätig sind – wie KPMG oder Boston Consulting -, sehen das nicht so schwarz-weiß.
Auf die nächste Version Ihres Mac-Betriebssystems, die 1997 kommen soll, wartet die Geschäftswelt ja nicht gerade.
GESMAR-LARSEN: Wir wissen natürlich, daß viele Unternehmen Microsoft NT einführen wollen. Darum werden wir Betriebssystem-unabhängige Computer anbieten, auf denen auch NT läuft. Wir arbeiten gemeinsam mit Motorola an Prozessoren mit bis zu 500 Megahertz Taktfrequenz. Das wäre die Führungsposition in puncto Rechnergeschwindigkeit.
Woher kommt Ihre Zuversicht, daß dieser Kundenkreis ausgerechnet auf Apple-Rechner wartet?
GESMAR-LARSEN: Zur Zeit kann ich mich über mangelnden Auftragseingang nicht beklagen. Wir haben Mühe, alles zu liefern, was die Kunden von uns erwarten. Und wir haben in den vergangenen 18 Monaten gelernt, was Time-to-Market bedeutet.
Wann ziehen IBM und Apple an einem Strang, um dem Kartell Windows-Intel Paroli zu bieten?
GESMAR-LARSEN: Da rühren Sie an einen wunden Punkt. Die IBM ist eine so komplexe Organisation, daß sie zwangsläufig viele Ziele gleichzeitig verfolgt. Die Halbleiterleute ziehen mit Motorola und uns an einem Strang. Sie kämpfen Tag und Nacht, damit wir Monate vor Intel schnellere Prozessoren auf den Markt bringen. Aber IBMs PC Company arbeitet nun einmal eng mit Microsoft zusammen und kann deshalb gar nicht gegen die Wintel-Welt antreten. Dieser Eiertanz hat für einige Verwirrung im Markt gesorgt. Aber wer Hardware verkaufen soll, kann nicht zu 100 Prozent die gleichen Ziele haben wie jemand, der ein Betriebssystem vermarkten will.
ULF J . FROITZHEIM
* Jan Gesmar-Larsen, 36, ist seit Juni 1996 als Vice-President und General Manager Apple Computer Europe, Middle East and Africa verantwortlich für das Europa-Geschäft. Ende 1992 kam Gesmar-Larsen zur Apple Computer GmbH in Ismaning bei München, deren Geschäftsführung er im April 1994 übernahm. Ende 1995 wurde er Vice-President Sales & Customer Service für Europa.
Das Internet stellt den Erfolg der neuen Angebote schon jetzt in Frage. Denn: Wer will freiwillig die Gebühren zahlen?
Der Ort der Party war mit Bedacht gewählt. Nirgendwo hätte Apple den Neustart seines bislang glücklosen Online-Dienstes eWorld besser zelebrieren können als im Cybersmith Café, dem trendigen Treffpunkt computerbesessener Harvard-Studenten. Doch wer erwartet hatte, der kalifornische Computerkonzern werde an diesem Abend in Cambridge ein Füllhorn raffinierter Interaktiv-Dienste öffnen, sah sich getäuscht. Marketingvorstand Daniel Eilers hält es nämlich für sinnvoller, dem Publikum den bislang ziemlich steinigen Weg ins World Wide Web (WWW), den wichtigsten Dienst im Internet, zu ebnen, als sich selbst mit der aufwendigen Entwicklung von Inhalten abzumühen: „In einem Jahr wird der Name Apple ein Synonym fürs Internet sein.“
An solchen Synonymen wird es im kommenden Jahr gewiß nicht mangeln. Ohne Internet-Zugang traut sich nämlich kein Online-Dienst mehr auf den Markt. Weil dieses Netz mit weitem Abstand die meisten Nutzer hat. Die beiden Hauptrivalen auf dem internationalen Parkett, America Online (AOL) und Compuserve, machten den Anfang: Sie bieten ihren jeweils etwa dreieinhalb Millionen Mitgliedern seit ein paar Monaten kostenlosen Zutritt zum WWW.
Vor wenigen Wochen zog die Deutsche Telekom nach: Eine Million CD-ROMs mit der neuen, internet-tauglichen T-Online-Decodersoftware (T-Online ist der neue Name für Datex-J, ehemals Btx-Bildschirmtext) will das Staatsunternehmen allein in Deutschland unter die Leute bringen. Auch bei den Newcomern Microsoft Network und Europe Online sind WWW-Zubringer in Vorbereitung.
Ob diese Strategie den Anbietern wirklich mehr nützt als schadet, ist noch keineswegs sicher. Immerhin signalisieren sie mit der Öffnung ins Internet, daß nicht einmal sie selbst die eigenen Angebote für genügend attraktiv halten. Derzeit ist diese versteckte Botschaft bei den Nutzern allerdings noch nicht angekommen. Die Nutzungsrate bei den drei etablierten Diensten ist so groß, daß aus den Modems zu Spitzenzeiten immer öfter das Besetztzeichen tutet.
Eigentlich dürfte das struppige, schwer zu erschließende Datendickicht des Internet für einen klar gegliederten, professionell auf Nutzwert getrimmten Dienst überhaupt keine Konkurrenz darstellen. Doch weit gefehlt: Am Streit über die Frage einer Öffnung zum Internet droht die luxemburgische Holding Europe Online S.A. (EO) zu zerbrechen. Arnaud Lagardère, Generaldirektor des französischen Teilhabers Matra-Hachette-Multimedia, hatte sich schon Anfang des Jahres auf der Medienmesse Milia in Cannes als Internet-Enthusiast geoutet. Jetzt gestand er dem Wirtschaftsblatt „Les Echos“, daß er das Joint Venture seines Hauses mit dem deutschen Burda-Verlag im nachhinein für eine Schnapsidee hält: „Es ist töricht, einen geschlossenen Online-Dienst aufzubauen.“ Lieber heute als morgen würde der Unternehmer, Sproß des Pariser Rüstungsmagnaten Jean-Luc Lagardère, seinen Anteil an EO wieder loswerden. Arnauds neuestes Projekt ist ein eigenes Netz von Internet-Einwählknoten in Frankreich.
Auch der britische Partner bei Europe Online sucht das Weite. Die Verlagsgruppe Pearson Plc., zu der unter anderem die „Financial Times“, der Buchverlag Penguin und diverse Fernsehanteile gehören, kündigte jetzt eine „plattformneutrale“ Entwicklung ihrer multimedialen Inhalte an. Im Klartext heißt das: Die geplante interaktive Ausgabe der „Financial Times“ wird auch im Microsoft Network und im Internet vertreten sein. Ableger Penguin tut ein übriges und baut in England ein Netz von Internet-Zugängen, sogenannten Points of Presence, auf. Damit ist die ursprüngliche Idee, mit Europe Online ein multikulturelles Netz mit exklusiven Inhalten zu etablieren, endgültig gestorben.
Während Burdas New-Media-Manager Oskar ((Prinz)) von Preußen im Schulterschluß mit dem Axel Springer Verlag versucht, Europe Online als rein deutschen Dienst zu retten, kämpft das amerikanische Vorbild derzeit mit Problemen ganz anderer Art. America Online, dessen deutsche Version der Medienmulti Bertelsmann rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft präsentieren will, muß sich des Vorwurfs erwehren, ein Tummelplatz für Sittenstrolche zu sein. Seit das FBI ein Dutzend AOL-Teilnehmer unter dem Vorwurf verhaftet hat, online Kinderpornos verbreitet und Sex mit Minderjährigen vermittelt zu haben, tobt in den USA ein erbitterter Meinungsstreit darüber, ob der Betreiber eines Datennetzes für solche kriminellen Machenschaften seiner Kunden geradestehen muß.
Setzen sich die Hardliner durch, müßte AOL die digitalen Nachrichten seiner Mitglieder lückenlos überwachen, den heute üblichen Gebrauch von Pseudonymen verbieten und jedem die Leitung kappen, der Schweinkram durchs Modem schickt – dazu müßte allerdings ein Zensurgremium eingeführt werden.
Der scheinbar skurrile Konflikt könnte ernste wirtschaftliche Konsequenzen haben. Wenn die Kunden nicht mehr unerkannt und ungestraft ihre Meinung über Gott und die Welt verbreiten können, ist das AOL-Netz für viele nicht mehr interessant. Chairman Steve Case beruft sich deshalb wacker auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Wenn die Post einen Erpresserbrief befördere, ließ er verbreiten, werde ja auch nicht der Postminister verhaftet.
Angesichts solcher Streßfaktoren kommen die Online-Manager kaum noch zu ihrer wichtigsten Aufgabe: ihrem jeweiligen Dienst ein unverwechselbares Profil zu verschaffen. Wenn die Inhalte austauschbar werden und auch ein billiger Internet-Zugang zum normalen Lieferumfang gehört, bleibt zur Differenzierung nur noch das Instrumentarium der Waschmittelwerber: Nicht der Beste gewinnt, sondern derjenige, der bei seiner Zielgruppe das beste Image aufbaut – und der seine Ware am auffälligsten anpreist.
Spätestens zur Weihnachtszeit dürfte die Werbeschlacht um neue Online-Kunden voll losbrechen. Die Telekom nutzt die Zeit bis dahin aus, um ihren Vorsprung auszubauen: Die angriffslustige Marketingagentur 1&1 Direkt GmbH aus Montabaur soll T-Online jetzt als Internet-Zugang für jedermann anpreisen. Ab acht Mark im Monat ist er zu haben.
Als einziger Dienste-Anbieter kann sich die Deutsche Telekom eine solche Niedrigpreispolitik leisten, denn bei jedem Ausflug ins Netz läuft der Telefongebührenzähler mit. Und damit sich das Geschäft noch mehr lohnt, wird der Ortstarif zum 1. Januar an die neuen Anforderungen angepaßt. Wer nur kurz telefoniert, zahlt ebensoviel wie heute. Wer dagegen, wie es üblich ist, länger durch das Netz der Telekom oder anderer Anbieter surft, wird dann kräftig zur Kasse gebeten. Ein einstündiger Ausflug, heute für höchstens 2,30 Mark zu haben, kann dann bis zu 4,80 Mark kosten.
Ulf J. Froitzheim
Willkommen in meiner Wortpresse. Ich muss Sie gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) warnen – nicht vor mir, sondern vor allem vor Google (s.u.), aber auch vor zwei Kleinigkeiten. Zuerst zu diesen: Ich setze auf diesen Seiten zwei Software-Komponenten (Wordpress-Plugins) ein, die Cookies setzen. Das eine kommt witzigerweise just von dem Plugin, das Sie gerade sehen, weil es Sie über Cookies informiert. Dieses Cookie dokumentiert die Tatsache, dass Sie den Cookie-Hinweis angezeigt bekommen haben; es hat eine Lebensdauer von nur einer Stunde, weniger kann ich nicht einstellen.
Diesen Aufwand muss ich aufgrund der DSGVO leider treiben, denn ich setze harmlose Session-Cookies ein, die es der Verwertungsgesesellschaft Wort erlauben, die Zugriffe auf Texte zu zählen; wenn genügend unterschiedliche Personen dieselbe Seite lesen, bekomme ich von der VG Wort Tantiemen. Das macht mich nicht reich, aber warum sollte ich auf Geld verzichten, das mir von Gesetz wegen zusteht?
Und was passiert da genau? Also: Session-Cookies sind kleine Informationseinheiten, die vollautomatisch im Arbeitsspeicher Ihres Computers abgelegt werden. Sie enthalten eine zufällig erzeugte eindeutige Identifikationsnummer, eine sogenannte Session-ID. Wie alle Cookies enthalten sie Angaben zu ihrer Herkunft und Speicherfrist. Session-Cookies können keine anderen Daten speichern.
Diese Zugrifssmessungen werden von der INFOnline GmbH nach dem Skalierbaren Zentralen Messverfahren (SZM) durchgeführt. Sie helfen dabei, die Kopierwahrscheinlichkeit einzelner Texte zur Vergütung von gesetzlichen Ansprüchen von Autoren und Verlagen zu ermitteln. Über diese Cookies werden keine personenbezogenen Daten erfasst.
Eine Nutzung meiner Seiten ist auch ohne Cookies möglich, sofern Sie Ihren Browser so einstellen, dass er keinerlei Cookies automatisch akzeptiert. Alternativ können Sie Ihren Browser so einstellen, dass er Sie benachrichtigt, sobald Cookies gesendet werden, und sich dann im Einzelfall dafür oder dagegen entscheiden.
Das größere Problem sind Google und Wordpress, also das Redaktionssystem für Blogs, mit dem ich diese Seiten baue. Entgegen einigen Veröffentlichungen holt sich Wordpress immer noch Schriften ("Fonts") von Google, und höchstwahrscheinlich landen deshalb immer noch IP-Adressen von Besuchern bei Google.
Falls Sie also zu den Wenigen gehören sollten, die Google aus Prinzip boykottieren, wäre das eine schlechte Nachricht für Sie. In dem Fall rate ich Ihnen, nicht weiterzulesen und Ihren Cache, Ihren Browserverlauf und das Cookie fonts.googleapis.com sofort zu löschen.Einverstanden, ich finde das nicht so schlimm!NeinWeiterlesen
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