Fortschritt zum Abgewöhnen

Der ultimative Grund, endlich mit dem Rauchen aufzuhören: krumme Geldkarten.

Die Frauen haben recht, wir Männer sitzen auf unserem Geld. Aber nicht, weil wir geizig wären. Wir denken nur praktisch. Eine Gesäßtasche können wir nicht aus Versehen irgendwo liegen lassen. Auch der Taschendieb hat keine Chance, solange das avisierte Opfer mit seiner ganzen Schwerkraft auf der Beute thront. Diese Methode war plump, aber effizient, solange es galt, die Barschaft zu schützen. Jetzt ist sie akut vom finanztechnischen Fortschritt bedroht – von einer Neunziger-Jahre-Neuheit, die viele vorschnell als Flop abtaten, nur weil Verbraucher und Einzelhändler sich weigerten, ihre Vorzüge zu erkennen. Ihr Name: Geldkarte.

Der elektronische Bargeldersatz, mit dem man bis dato nicht viel mehr anfangen kann als Fahr- und Parkscheine zu ziehen, will äußerst pfleglich behandelt werden: Dem Be-Sitzer einer Geldkarte kann es sonst widerfahren, dass sich der Ticketautomat am Großstadtbahnhof an dem krummen Ding verschluckt – und dass der Servicetechniker dann zwei Stunden auf sich warten lässt. Wer das zweimal auf dem Weg zu einem Termin erlebt hat, sieht fortan zu, dass er immer genug Cash in der Tash hat.

Diese Alternative aber hat jene Zielgruppe nicht, die auserkoren ist, dem Chip-Geld endlich zum Durchbruch zu verhelfen – die Raucher. Ab Januar können sie noch so viele Euros in die Zigarettenautomaten werfen ohne Geldkarte mit Jugendschutzmerkmal“ tut sich nichts. Wer quarzen will, muss seit 2003 eigentlich dem Verkäufer nachweisen, dass er erwachsen genug dafür ist – also 16 oder älter. Darum verdonnerte der Bundestag die Betreiber zu der 300 Millionen Euro teuren Umrüstung ihrer Automaten, von denen es nach Schätzungen bis zu 800.000 Exemplare im Lande gibt. Ein Gerät pro 100 Einwohner?

Kein Wunder, dass Hersteller von Kartenlesegeräten den Kippen-Kauf als Killerapplikation der Geldkarte feiern. Die gebeutelten Süchtlinge grübeln derweil, wie sie mit der Zwangsbeglückung umgehen sollen. Sie können die Glimmstängel stangenweise hamstern und überall kleine Nikotin-Notrationen verteilen. Sie können für ihr virtuelles Bargeld einen Brustbeutel kaufen oder ihrer Freundin in die Handtasche greifen. Oder sie bleiben einfach auf ihrem Geld samt Karten sitzen – und sparen sich das Rauchen ganz.

Aus der Technology Review 12/2006, Kolumne FROITZELEIEN

Internet-Banken machen das Bargeld digital (Online-Banking Teil 2)

Um die Gunst des Kunden buhlen verschiedene elektronische Zahlungssysteme. Können sie das Bargeld bald schon ablösen?

Computer, bitte zahlen. Die klassische Bankfiliale hat ausgedient. Der Kunde erledigt seine Bankgeschäfte über den heimischen PC oder vom Büro aus. Über 6,6 Millionen Konten wurden nach Angaben der Gesellschaft für Bankpublizität Ende 1998 bereits online geführt – im Vergleich zu 3,5 Millionen im Vorjahr. Damit hat sich der Boom der vergangenen Jahre fortgesetzt, die Zahl der Online-Konten hat sich erneut fast verdoppelt. Internet und zusätzlich eingeführte elektronische Chipkarten könnten sogar das Bargeld in den meisten Fällen überflüssig machen.

tomo4Doch noch streiten sich die Banken über Konzepte und Strategien, noch ist sich die deutsche Finanzwirtschaft uneins über den Weg zu ihrem übergeordneten strategischen Ziel. Es gilt, den gesamten Zahlungsverkehr im Lande komplett zu elektronisieren. Denn jeder Umgang mit Bargeld, Schecks und Überweisungen verursacht vermeidbare Kosten. Beim Euroscheck ist diese Ablösung recht gut gelungen: Kaum ein Einzelhändler, kaum eine Tankstelle, wo man mit der EC-Karte nicht per Geheimzahl – wie es die Banken lieben – oder einfacher Unterschrift – das ist dem Handel lieber – bezahlen könnte. „Internet-Banken machen das Bargeld digital (Online-Banking Teil 2)“ weiterlesen