Olympus spart am falschen Ende – und blamiert sich

Der japanische Hersteller Olympus baut eigentlich ganz tolle Kameras. Aber die Verarbeitungsqualität passt, wie ich jetzt lernen musste, leider nicht zum Anspruch und Image. Alles deutet auf geplante Obsoleszenz.

Meine spiegellose OM-D EM-1 Mark II, Baujahr 2018, kann technisch viel mehr, als ich ausnutzen kann. Doch jetzt ging das billigste, kleinste Teil kaputt, das überhaupt dran ist – der Hebel, mit dem man das Batteriefach entriegelt. Es handelt sich – so eindeutig wie nur was – um ein konstruktionsbedingtes Problem. Das Teil ist für normale Beanspruchung einer (semi)professionellen Kamera viel zu schwach ausgelegt. Doch leider hat sich das erst nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist erwiesen. Der eigentliche Batteriefachdeckel ist noch völlig intakt. Nur lässt sich der herausgefallene Hebel nicht mehr hineindrücken. Die überaus windigen Häkchen, mit denen der Hebel in die Drehmechanik der Entriegelung greift, sind abgenutzt – nach sicherlich weniger als 100 Batteriewechseln. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß, dass das Teil bei einem halbwegs ordentlichen Skaleneffekt in der Produktion vielleicht einen Wert von 2 Cent hat. „Olympus spart am falschen Ende – und blamiert sich“ weiterlesen

Spaß am Alten

Ob Auto, Computer oder Handy: Die Technik ist einfach viel zu langlebig geworden.

Die Japaner, stand neulich in der Zeitung, hätten keinen Spaß mehr am Auto. Diese gewagte Diagnose stützte der Korrespondent auf die Nachricht, die Zahl der Neuzulassungen habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten halbiert. Ähnliche Sorgen wie Toyota & Co. plagen auch die Computerindustrie, und das nicht nur in Japan. Wenn sich die Menschen noch für neue PCs begeistern, dann für stromsparende Netbooks. Die sind klein und leicht – und billig. Auch Handy-Anbieter jammern. Im Prepaid-Zeitalter bezahlen die Menschen ihr Telefon selbst, also behalten sie es, bis es verschlissen ist. Das sollte eigentlich nach exakt 25 Monaten der Fall sein, da die Garantie nach zwei Jahren endet. In der Praxis halten die Dinger aber meist viel länger.

So betrüblich diese Trends für die Aktionäre auch sein mögen, stehen sie aus Verbrauchersicht doch für eine erfreuliche Folge des Fortschritts: Heute muss niemand mehr ständig neue Autos und Elektronik kaufen, um sich wenigstens für kurze Zeit daran erfreuen zu können. Wer noch einen bärenschweren Schreibtischboliden daheim hat, verschrottet ihn nicht, nur weil er älter als drei Jahre ist. Jedenfalls nicht, wenn auf dem Teil eh nur Office, Firefox und dergleichen laufen.

Wundern darf man sich allerdings darüber, dass ausgerechnet die Autoindustrie die Folgen ihrer Bemühungen unterschätzt hat, ihre Produkte zu perfektionieren und jedem Kunden sein individuelles Wunschvehikel vor die Tür zu stellen. Vor 20 Jahren war es – nicht nur in Japan – wichtig, sich rasch wieder von der Karre zu trennen, bevor der Rost den Restwert fraß. Wer heute seinen maßgeschneiderten Mittelklassewagen Baujahr 2000 nach weniger als 200.000 Kilometern für läppische 2500 Euro Subvention in die Schrottpresse schickt, ist selbst schuld. Selbst zwölf Jahre alte VWs und Toyotas stehen oft noch gut im Lack.

Das ist der Preis der guten Tat: Um in einem gesättigten Markt zu wachsen, haben sich die Hersteller in den Neunzigern auf einen Qualitätswettbewerb eingelassen. Sie wollten an Extras verdienen, die ihren stolzen Preis nur in einem langlebigen Produkt wert sind. Jetzt haben sie den Salat: Wir bösen Konsumenten hängen an den Dingen und sind so unfair, die Qualität schamlos auszunutzen.

Aus der Technology Review 4/2009, Kolumne FROITZELEIEN