Kaufering: Vorerst kein schnelles Internet

Im 3. bis 4. Quartal 2017 sollte der VDSL-/Vectoring-Ausbau in Kaufering abgeschlossen sein, hieß es im Frühjahr 2017 im Rathaus. Im 4. Quartal wurden tatsächlich im Trenching-Verfahren Gehwege aufgefräst, um Glasfaserkabel unters Pflaster zu legen, die zu den Kabelverzweigern der Telekom führen – also den Schaltkästen, die jetzt fürs schnelle Internet ausgetauscht werden müssen. Die ersten grauen Kästen der neuen Generation stehen seit ein paar Wochen sinnlos in der Gegend herum.

Heute habe ich im Telekom-Laden in Landsberg nachgefragt, wann es endlich losgeht. Die Auskunft ist ernüchternd: „Am 15. Juli 2018.“

Ich hoffe nicht, dass die Datumsangaben nicht BER-Qualität haben. Dem Dobrindt Alex können wir allerdings erst an Silvester auf den Pelz rücken. Die Bundesregierung hat 50 MBit/s für 2018 versprochen, und da sind ja noch 356 Tage Zeit.

2DF-Fernsehräte von Gnaden der IT-Wirtschaft

Die so genannten Gremlins des deutschen Fernsehens verträten gesellschaftlich relevante Gruppen, habe ich mal gelernt. Jetzt lese ich in der Süddeutschen, dass bei der Auswahl eines neuen ZDF-Gremlins unter anderem der Verband der Internetwirtschaft (eco e.V.) mitreden durfte, der Chaos Computer Club, der „SPD-nahe Netzverein“ D64  sowie ein „Medienverband media.net“, von dem ich noch nie gehört habe – und nein, bitte geben Sie jetzt nicht media.net als URL in Ihren Browser ein, die sind’s sicher nicht. (Sobald ich herausgefunden habe, wen die SZ meint, trage ich’s nach.)

Auf wen haben sich diese so unterschiedlichen Lobbyisten geeinigt? Ausgerechnet auf den österreichischen Ökonomie-Jungprofessor Leonard Dobusch (36), der im Berliner Netzpolitik-iRights-Soziotop zu Hause ist und sich insbesondere mit unausgegorenen Ideen einen Namen gemacht hat, die zu einem Paradigmenwechsel vom Urheberrecht zum Nutzerrecht führen würden. „Leonido“ segelt im intellektuellen Kielwasser des Creative-Commons-Kapitäns Lawrence Lessig und legt das Postulat „Information wants to be free“ so aus, als hieße es „Geistiges Eigentum muss jederzeit überall mühe- und kostenlos für alle Bürger nutzbar sein“ und nicht „Wissen muss grundsätzlich frei zugänglich sein“. Kurz gesagt, er ist der ideale Kompromisskandidat für Leute, die die Sozialisierung der Werke von Urhebern fordern, und solche, die Urheberansprüche als Handelshemmnis sehen. Dobusch soll die Internet-Insassen im Fernsehrat vertreten, also 75 Prozent der Bevölkerung, aber er ist ein Ideologe mit einer klaren Mission.

Kann es schlimmer kommen? Vielleicht schon. Laut SZ darf die Bayerische Staatskanzlei einen weiteren Digitalmenschen in den Fernsehrat schicken; dies solle ein Vertreter des Industrieverbandes Bitkom sein. Darin ist alles Mitglied, was in der IT Rang und Namen hat – deutsche Firmen, aber auch US-Konzerne wie Apple und Microsoft und japanische Hersteller wie Epson und Canon. Schaut man beim ZDF nach, wer den Posten innehat, stößt man direkt über Dobusch auf den Namen Wolfgang Kopf. Der Mann ist Leiter des Zentralbereiches Politik und Regulierung des Bitkom-Mitglieds Deutsche Telekom AG und wird deshalb auch als „Cheflobbyist der Telekom“ bezeichnet. In einem Land, in dem so etwas möglich ist, müsste konsequenterweise auch die Autoindustrie Vertreter in den Rat entsenden dürfen, vielleicht einen VW-Mann in Kooperation mit der niedersächsischen Staatskanzlei. Baden-Württemberg stünde ein Maschinenbauer zu, NRW (oder Brandenburg) ein Lobbyist der Braunkohlewirtschaft.

Geht’s noch?

Klare Töne

Digital Audio Broadcasting (DAB), der Nachfolger des UKW-Radios, droht an enormen Kosten zu scheitern.

WirtschaftsWoche 12/1997

Pionier des „Radio-Highways“ zu werden ist kein billiger Spaß. Die Aufnahme in den ebenso exklusiven wie virtuellen Club ist kaum unter 800 Mark zu haben. Was seine Mitglieder eint, ist die Bereitschaft, dem Innovationsstandort Deutschland Zeit und Geld zu opfern.
So lassen sie mittels „irreversibler Einbauarbeiten“ – wie derzeit im Bundesland Bayern und in Berlin – ihr Automobil mit sperrigem elektronischem Gerät ausrüsten, welches wohl schon Ende nächsten Jahres reif fürs Deutsche Museum sein wird, pappen sich einen ,,Ich bin DABei“- Sticker an die Heckscheibe und verpflichten sich vertraglich, Marktforschern mehrmals ihre Meinung zum getesteten Multimedia-Komfort-Radio zu sagen.

Diese selbstlosen Avantgardisten der Informationsgesellschaft sind zudem an einem deutschen Rekord beteiligt: Nie zuvor liefen im Medien- und Telekommunikationssektor so viele Pilotprojekte nebeneinanderher wie bei Digital Audio Broadcasting (DAB), dem designierten Nachfolger der Ultrakurzwelle (UKW). In sämtlichen Bundesländern südlich des NDR-Sendegebiets hat der Probebetrieb mit Bürgerbeteiligung entweder begonnen oder steht kurz bevor.

Ob sich der Aufwand lohnt, ist höchst ungewiß. Denn vom Ausgang der Versuche in elf Bundesländern hängt nicht nur ab, wie der digitale, mit allerlei Extras aufgemöbelte Hörfunk aussehen soll, sondern ob er überhaupt deutschlandweit kommen wird. Daß auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) Anfang September der Startschuß zum Regelbetrieb fällt, wie es der Lobby-Verein DAB-Plattform auf seiner Internetseite trotzig behauptet, gilt nicht nur wegen der kurzen Vorlaufzeit als unwahrscheinlich.

Die Beteiligten sind heftigst zerstritten: Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) etwa hat schon voriges Jahr dem Lobby-Verein die Gefolgschaft gekündigt, weil er seine Interessen nicht angemessen vertreten sah. Mehrere ARD-Vertreter sollen nur murrend an Bord geblieben sein, und auch die Telekom macht lediglich gute Miene zu einem Spiel, das ihr so gar nicht gefällt.

Es geht – natürlich – ums Geld. Der Fall erinnert fatal an das Gezerre um die Magnetschwebebahn Transrapid: Zehn Jahre nach Beginn der DAB-Entwicklung im Rahmen des Programms Eureka 147 und sechs Jahre nach Betreten der „Plattform“ sind die technischen Fragen im Detail ausdiskutiert; nur fehlt immer noch ein plausibles wirtschaftliches Konzept für das Radio in CD-Qualität, das zusätzliche Informationen huckepack vermitteln soll, einen individuell zugeschnittenen Verkehrsfunk beispielsweise.

Nutznießer von DAB wären nach derzeitigem Stand nur die Lieferanten der Infrastruktur: Hersteller von Radios und Sendeanlagen sowie die Telekom. Für Medienunternehmen bedeutet die Technik eine Investition ohne absehbaren Gewinn. Denn sie müßten DAB solange parallel zum bestehenden UKW-Netz betreiben, bis die Verbraucher ihre Radiowecker, Stereotuner, Ghettoblaster, FM-Walkmen und Autoradios verschrottet hätten und es deutschlandweit nur noch DAB-Radios gäbe. Bei den Werbeeinnahmen drohte während der großen Publikumswanderung ein Nullsummenspiel: „Digital statt analog“, stöhnt Karlheinz Hörhammer, Geschäftsführer der Antenne Bayern Hörfunkanbieter GmbH & Co., „heißt ja nicht, daß ich mehr Zuhörer gewinne.“

Da haben es die öffentlich-rechtlichen Anstalten schon besser. Seit der Erhöhung der Rundfunkgebühren am 1. Januar 1997 zahlt ihnen jeder Teilnehmer monatlich elf Pfennig DAB-Abgabe. Über die Laufzeit des neuen Gebührenstaatsvertrags, kalkulierte der VPRT, sind dies stattliche 174 Millionen Mark – eine Quasi-Subvention, auf die private Funkhausbesitzer neidisch schielen.

Zwar hat der Bayerische Rundfunk seinem privaten Konkurrenten Antenne Bayern für zwei landesweite Programme Platz gemacht. Die meisten deutschen Privatstationen sind aber auf Sender im sogenannten L-Band bei 1,4 Gigahertz angewiesen, die ihnen die Telekom nur bis zum Ende der Pilotphase kostenlos überläßt. Danach wird es teuer. Die Sendekosten sind wegen der geringeren Reichweite bis zu viermal so hoch wie im UKW-nahen Fernsehkanal VHF, über den DAB auch ausgestrahlt werden könnte.

Zudem macht die Telekom mit Vorleistungen Schluß. „Unentgeltlich werden wir keine weiteren Netze aufbauen“, versichert Eberhard Siebert, DAB-Chef des Telefonkonzerns, mit Blick auf die T-Aktionäre. Der Bonner Manager will auch nicht mehr mit Anbietern einzelner Programme verhandeln, sondern nur noch mit Institutionen, die komplette Programmblöcke buchen – aus technischen Gründen strahlen DAB-Sender immer sechs oder sieben Programme gemeinsam aus. Damit wären die Landesmedienanstalten gefordert, sich neben der Lizenzvergabe auch um die Vermietung der Sendeplätze zu kümmern.

Konfrontiert mit den subventionsverwöhnten öffentlich-rechtlichen Rivalen und der Telekom, die das unternehmerische Risiko lieber der Medienbranche überläßt, planen private Sender vorsichtig den Rückzug. Zwar macht Hans-Dieter Hillmoth, Fachbereichsvorsitzender der Hörfunkbetreiber im VPRT, keine klare Aussage zum digitalen Autoradio. „Keiner will DAB mit vollem Herzen anpacken“, windet sich der Chef des Frankfurter Senders Hitradio FFH. „Aber es will auch niemand den Anschluß verpassen“, wenn DAB eines Tages doch UKW ablöst.

Bisher ging es aber weiter nur darum, pro Testgebiet ein paar hundert Freiwillige zum Mitmachen zu überreden. Bisher fehlt eine griffige Formel, die Konsumenten ganz wild auf DAB macht. Der optionale Datenbildschirm etwa, der freie Parkplätze oder Staus anzeigt, ist kaum der Knaller: Er darf im Zweifelsfall nur vom Beifahrer benutzt werden, weil er den Fahrer ablenkt; auch über sinnvolle Inhalte grübeln DAB-Protagonisten und Testsponsoren wie Karstadt, Deutsche Bahn und ADAC immer noch nach.

Daher will Telekom-Mann Siebert DAB vor allem als HiFi-Audiosystem schmackhaft machen: „Der Empfang ist echt besser. Wer DAB gehört hat, will nicht wieder auf UKW zurück.“ Guten Sound für unterwegs bieten freilich auch mobile CD- und Minidisc-Player, und das sogar ohne Werbeunterbrechung.

Nicht einmal den vielzitierten Vorteil der DAB-Gleichwellentechnik – Hunderte von Kilometern fahren, ohne das Programm zu verlieren – lassen Kritiker gelten. Das biete, so Hitradio-FFH-Chef Hillmoth, ein moderner Analogempfänger mit RDS (Radio Daten System) schon längst. Bliebe DAB als Bestandteil der häuslichen Stereoanlage. Bislang hat allein Bosch Multimedia es gewagt, einen Empfänger zu konstruieren. Denn der Bedarf an klaren Tönen ist unklar: So war Digital Satellite Radio (DSR) von Eutelsat ein grandioser Flop.

Auf der Suche nach dem Markt, dem eine Technik wie DAB wirklich noch gefehlt hat, sind die Testpiloten von DAB-Plattform und Telekom inzwischen auf den Monitoren der novitätenhungrigen Computerfreunde gelandet. Zumindest technisch ist sichergestellt, daß sich Dateien im Internetformat und andere Multimedia-Softwareobjekte per Digitalrundfunk verbreiten und auf dem PC speichern lassen. Per Decoder könnten sogar geschlossene Benutzergruppen aktuelle Informationen drahtlos empfangen, die nicht für jedermann gedacht sind.

Für diesen Zweck hat die Telekom an alles gedacht: Wer freie DAB-Datenkanäle füllen will, kann diese Arbeit beim ostfriesischen Daten-Service Center (DSC) Norddeich in Auftrag geben; sollte die Nachfrage steigen, plant der Fernmelderiese weitere DSCs in den Regionen.

Als Empfänger präsentiert das Erfurter Ingenieurbüro Techno Trend auf der Cebit eine PC-Steckkarte mit einer Spezialantenne für den DAB-Empfang, die im Auftrag der Telekom gemeinsam mit dem Eifeler Elektronikhersteller Technisat entwickelt wurde.

Sollten bis dahin keine Internetseiten durch den Äther segeln, läßt sich die Steckkarte auch als digitaler Radiorecorder nutzen, der die DAB-Songs Bit für Bit auf die Festplatte des Rechners bannt – mit automatischer Titelverwaltung und integriertem Schnittstudio. Nur an HiFi-Boxen für den PC hat bisher niemand gedacht.

ULF J. FROITZHEIM

 

Lange Leitung

Für Technikfreaks ist sie der letzte Schrei: die Do-it-yourself-Buchung am eigenen PC. Für eilige Geschäftsreisende sind die meisten Online-Offerten allerdings eine zeitraubende Zumutung.

Wenn ein Ressort der Deutschen Bahn AG den Firmenslogan „Unternehmen Zukunft“ wirklich verinnerlicht hat, dann der Geschäftsbereich Vertriebssysteme. Zu einer Zeit, da selbst absolute Computerlaien die Modeworte Online, Internet und Cyberspace mit Innovation gleichsetzen, verlegen die Frankfurter Eisenbahner zu jedem erreichbaren PC einen virtuellen Gleisanschluß. „Lange Leitung“ weiterlesen

Telefonzellen: Rote Karte für die Karte

WirtschaftsWoche 12/1992

Was waren wir doch alle ungerecht. Jahrelang haben wir die gute alte Bundespost in übelster Weise beschimpft, nur weil sie uns vorschreiben wollte, welches Telefon wir uns ins Wohnzimmer stellen dürfen, weil die Briefkästen zu selten geleert wurden oder weil mit unseren ach so hohen Fernmeldegebühren immerzu Löcher im Staatssäckel gestopft wurden.

Dann beschloß die Bundesregierung, uns unserer Vorurteile zu berauben. Ausgestattet mit ungeahnten unternehmerischen Freiheiten sollten industrieerprobte Manager beweisen, zu welchen Leistungen ein bundeseigener Betrieb fähig ist.

Am augenfälligsten äußert sich das Modernisierungstalent der deregulierten Postler in den Telefonzellen. Nicht nur, daß das auf Corporate Identity bedachte Management die gelben Häuschen gerne weiß lackieren und mit einem Dekorstreifen in exklusivem Telekom-Pink verzieren möchte. In einem wahrhaft atemberaubenden Tempo, das man dem Noch-Monopolisten kaum zugetraut hätte, überzieht das Postunternehmen die Republik mit modernsten und zudem noch eleganten Kartentelefonen. Da kann unsereins doch gar nicht mehr anders, als ein Loblieb auf die Telekom anzustimmen: nie mehr nach Kleingeld kramen, endlich auch Gespräche von unterwegs von der Steuer absetzen, dazu ein Naturalrabatt von 20 Prozent als Dank der Telekom dafür, daß man ihr ein zinsloses Darlehen in Höhe von 50 Mark gewährt.

So weit die Theorie. Nun zur Praxis. Tatort: München, ein U-Bahn-Fußgängergeschoß, zwei Telefone, davon eins für die besagten Chipkarten. Der Teilnehmer schiebt sein postalisches Plastikgeld ein, Restguthaben: 30 Mark. Doch der Automat hat keinen Appetit: „Karte ungültig“. Beim Münzapparat nebenan fallen natürlich die Groschen durch. U-Bahn-Fahrt zur nächsten Station, Versuch Nummer zwei: „Karte ungültig.“

Dritter Anlauf, diesmal unter dem Marienplatz, im Revier der gefürchteten Wegelagerer. Wie die Hyänen lauern diese aufdringlichen Spekulanten harmlosen Karteninhabern auf – ein Entrinnen gibt es nur, wenn man den angeblichen Philatelisten ein Exemplar vorweisen kann, das aus einer für Sammler uninteressanten Massenserie stammt. Unser telefonierwütiger Zeitgenosse hat Glück, wartet eine Viertelstunde, bis ein Apparat frei wird, und siehe da: Die Karte ist ja gar nicht ungültig. Erst am folgenden Tag gibt sie den Geist für immer auf.

Vier Wochen nach dem Erstattungsantrag liegt ein Gutschein im Briefkasten: Das Restguthaben kann im Postamt abgeholt werden, wobei der „Rabatt von 10 DM bei dem zu erstattenden Betrag berücksichtigt“ – sprich abgezogen – wird. „Eine Erstattung auf Postgiro- oder Bankkonto ist leider nicht möglich.“ Natürlich nicht: Was hat schließlich die deregulierte Telekom noch mit der deregulierten Postbank zu schaffen? Außerdem würden solche Bequemlichkeiten ja nur noch mehr Menschen dazu verleiten, Erstattungsanträge zu stellen, statt die Karte einfach wegzuschmeißen.

Inzwischen trägt unser Freund seine unwiderruflich letzte Telefonkarte in der Brieftasche – hat er geschenkt bekommen, sehr hübsch, Sondermodell „Team Olympia ’92“. Vorsorglich hat er nach jedem Gespräch pfenniggenau den Restwert notiert. Gestern war mal wieder die „Karte ungültig“. Jetzt reicht’s ihm – morgen fährt er zum Marienplatz, zu den Sammlern. Den Erlös wird er gleich in Markstücke und Groschen wechseln: Seitdem die Telekom Monat für Monat 1,5 Millionen Chipkarten unters Volk bringt, muß man an den guten alten Münzfernsprechern überhaupt nicht mehr warten.

ULF J. FROITZHEIM