Ein Netz für alle Fälle

Ein einziges Kommunikationsnetz reicht künftig aus für den gesamten Informationsaustausch in Konzernen. Die Integration von Telefon, Intranet und Videokonferenz in ein System senkt die Übertragungskosten, erhöht die Flexibilität und reduziert den Managementaufwand.

Wahrer Fortschritt braucht bisweilen einen Flop als Katalysator. Telefonieren war noch richtig teuer und das Web ziemlich jung, da machte ein israelisches Start-up weltweit Schlagzeilen: PC-Nutzer könnten ihre Ferngespräche spottbillig übers Internet führen, jedes Land der Erde sei fortan zum Ortstarif erreichbar. Doch die „Internet-Telefonie“ erwies sich als umständlich, unzuverlässig und unverträglich mit dem normalen Telefonnetz. An einen geschäftlichen Einsatz war nicht zu denken. Als dann noch der Wettbewerb die Festnetztarife dahinschmelzen ließ, versank die Erfindung in der Bedeutungslosigkeit.

Die Grundidee, die dahinter stand, ließ allerdings die Entwickler in Technologie-Firmen wie Cisco Systems und Avaya (früher: Lucent Technologies) nicht ruhen: Wenn eh jegliche Kommunikation als Bit-Strom fließt, warum sollen Großunternehmen dann noch spezielle Transportwege für bestimmte Datensorten unterhalten? „Ein Netz für alle Fälle“ weiterlesen

IPv6: Die neuen Netzleitzahlen

Im Internet werden die Adressen knapp. Darum bekommt das Netz bald ein komplett neues Zustellsystem, in dem jedes technische Gerät auf Erden – vom UMTS-Handy bis zur Glühbirne – eine eigene Postleitzahl haben kann. In Asien hat die Umstellung schon begonnen.

Es war einmal ein Häuflein verantwortungsbewusster Computerexperten, das zerbrach sich die Köpfe über die Probleme von übermorgen. Noch nicht einmal jeder hundertste Amerikaner war online – vom „Rest of World“ ganz zu schweigen – da sorgten sich diese Ingenieure und Wissenschaftler bereits um die Grenzen des Wachstums. Nur 4,29 Milliarden mögliche Internet-Adressen, das reiche wohl kaum aus für einen Planeten mit bald sechs Milliarden Einwohnern. So beschlossen sie, das „Internet Protocol next generation“ (kurz: IP ng) zu entwickeln – einen großzügigen neuen Unterbau für das globale Datennetz, dessen Existenz die globale Öffentlichkeit zu der Zeit noch gar nicht zur Kenntnis genommen hatte. Dann überrollte der Online-Boom die Vordenker.

Die scheinbar weltfremden Weltverbesserer hatten allerdings den richtigen Riecher gehabt. Keine zehn Jahre hat es gedauert, schon jagen Unternehmen in den aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens den letzten freien IP-Adressen hinterher. Diese anno 1974 eingeführten Zifferngruppen, vier Werte zwischen 0 und 255, sind unerlässlich als Postleitzahlen für E-Mails und Datenpakete. Auch in Europa gehen die Vorräte demnächst zur Neige – Experten erwarten den Schlussverkauf fürs Jahr 2006. Ohne technische Tricksereien, durch die nicht jeder vernetzte PC eine exklusive IP braucht, wäre schon jetzt der Notstand nah. Über größere Reserven verfügen allein die USA, die sich als Erfinder des Internets einst drei Viertel der möglichen Nummern gesichert hatten: Während sich statistisch gesehen 60 Chinesen eine „alte“ IP-Adresse teilen müssen, entfällt auf jeden Bürger der Vereinigten Staaten immerhin ein knappes Dutzend dieser Netzleitzahlen.

Glaubt man Technik-Propheten wie A. Richard Newton, Dekan der ingenieurwissenschaftlichen Fakultät der University of California Berkeley (UCB), könnte selbst das bald nicht mehr genug sein. Nicht annähernd genug: Der Professor träumt vom allgegenwärtigen „Evernet“, einer „zuverlässigen und sicheren IT-Infrastruktur, die Billionen von Gegenständen miteinander verbindet, „IPv6: Die neuen Netzleitzahlen“ weiterlesen

Fernsehsessel am Spielfeldrand

Sportfans werden immer anspruchsvoller – und die großen Clubs stellen sich auf die Wünsche der Kundschaft ein. Mit immer mehr Luxus und High-Tech liefern sie einander einen Wettlauf um das beste und rentabelste Stadion der Zukunft.

Als Brite, so will es das Klischee, müsste sich Patrick Collins ganz trivial für Fußball begeistern. Doch der Professor schwebt in höheren Sphären. So hat sich der in Japan lebende Wissenschaftler ein paar völlig abgehobene Stadien ausgedacht, und die passenden Sportarten dazu. Ausstaffiert mit  Textilschwingen, flattern in einem seiner Szenarien schwerelose Athleten um die Wette – im Innern einer gewaltigen Aluminium-Büchse, die hoch am Himmel steht.

Die touristische Raumstation, zu der neben der röhrenförmigen Arena ein Hotel mit Erdblick gehören würde, hat Collins bis ins Detail durchgerechnet – er hält alles für machbar. Ihm fehlt nur noch der Reiseveranstalter, der in der Lage wäre, Hunderte von Aktiven und Zuschauern für 20.000 Dollar pro Kopf in den Orbit zu befördern.

Bis Raumfahrt-Enthusiast Collins, Hausherr der Website Spacefuture.com, seinen Willen bekommt, müssen anspruchsvolle Passivsportler ihren Kick bei irdischen Events suchen. „Fernsehsessel am Spielfeldrand“ weiterlesen

Outsourcing: Wenn es die Spezialisten billiger und besser machen

Viele Unternehmen erledigen nicht strategische Aufgaben noch selbst. Die Übertragung ganzer Geschäftsprozesse an Dienstleister hilft, im Kerngeschäft wettbewerbsfähiger zu werden.

Manches Unternehmen könnte viel Geld sparen, wenn seine Mitarbeiter etwas weniger kostenbewusst wären. Je mehr Mühe sie sich geben, im Interesse der Firma günstig einzukaufen, desto teurer kann es werden. Denn der Chef hat nachher einen kostspieligen Prozess am Hals, den ihm kein Rechtsanwalt der Welt ersparen kann. Die Sorte Prozess, um die es geht, findet freilich nicht vor dem Kadi statt, sondern im Betrieb, und nennt sich Beschaffung, Procurement, Einkauf: ein “Geschäftsprozess”, jener Rattenschwanz an unsichtbaren Arbeitsschritten, den ein scheinbar simpler Vorgang oft nach sich zieht. Bestellung, Wareneingangskontrolle, Rechnungseingang, Zahlung. “Der Kauf eines einfachen Papierkorbs kann Verwaltungskosten von 100 Euro nach sich ziehen”, warnt Thomas Holz, Experte für Beschaffungslösungen und elektronische Marktplätze bei T-Systems in Frankfurt.

Diese Art von Prozesskosten – jahrzehntelang als fast gottgegebener “Overhead” hingenommen – gilt heute als größte brach liegende Produktivitätsreserve. Zwar hatte der US-Management-Guru Michael Hammer schon vor zehn Jahren zu einem ingenieursmäßigen Umbau ineffizienter Geschäftsprozesse geraten. „Outsourcing: Wenn es die Spezialisten billiger und besser machen“ weiterlesen

Michael Hammer: „No pain, no gain“

Interview mit Michael Hammer über Business Process Management

Dr. Hammer, vor fast zehn Jahren haben Sie und James A. Champy ein „Manifest für eine Revolution“ aufgestellt – so der Untertitel Ihres Bestsellers „Business Reengineering“. Die Revolution, die kurz darauf ausbrach, wirkte jedoch wie ein surrealistisches Experiment und nannte sich New Economy.

Was wir in den späten Neunzigern sahen, war ein Irrweg in der Wirtschaftsgeschichte: eine Periode, in der sich Verbraucher, Unternehmen und Investoren gleichermagen in eine Fantasiewelt davontragen ließen. Es war ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Verbraucher lebten weit über ihre Verhältnisse, beflügelt von den nimmer endenden Wertsteigerungen ihrer Aktien und Immobilien; daraufhin blähten Unternehmen ihre Kapazitäten auf und liefen hirnlosen Konzepten hinterher, die sich vor allem ums Internet drehten. Investoren verloren den Blick für den wahren Wert von Unternehmen und zahlten extravagante Preise für Aktien von Firmen, die auf der Wachstumswelle ritten.

Was haben Sie gedacht, als Sie merkten, dass so viele Entscheidungsträger das Einmaleins der Betriebswirtschaft zusehends bedeutungslos fanden?

So ein Kreislauf ist grundsätzlich instabil und auf lange Sicht nicht durchzuhalten. Irgendwann kommt die Realität ans Licht, und dann kracht das ganze System zusammen. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis unsere Wirtschaft wieder auf Normalmaß geschrumpft ist. Je wilder die Party, desto schlimmer der Kater. In der wirtschaft- lichen Blase der späten Neunziger hielten viele Firmenlenker es für unnötig, die Grundlagen der Wirtschaft zu beachten. Sie verdienten ja auch so ganz leicht Geld. Jetzt bezahlen sie den Preis dafür…

… und die Vernunft kehrt zurück.

Die zentrale Idee des Business Reengineering – Geschäftsprozesse von vorne bis hinten neu zu durchdenken, um Ballast an Zeit und Kosten aus Betriebsabläufen zu eliminieren – ist jedenfalls wieder en vogue. Process Redesign steht überall auf der Tagesordnung; die Unternehmen machen dort weiter, wo viele von ihnen 1997 aufgehört hahen. Und die treihende Kraft hinter der Renaissance des Reengineering ist die Macht des Kunden. Fast jede Branche hat sich Überkapazitäten geschaffen. Die Untemehmen stecken in einer Falle aus Inflation und Deflation: Die Rohmaterialien werden immer teurer, die Preise der Fertigprodukte sinken. Die Kunden nehmen Preiserhöhungen und Serviceverschlechterungen einfach nicht mehr hin. Der einzige Ausweg besteht darin, mit neuem Eifer nach Innovationen im Betriebsablauf zu suchen.

In Ihrem neuen Buch „Business Back to Basics“ vertreten Sie den Standpunkt, dass Kahlschläge zur Kostensenkung nicht zur heutigen „Customer Economy“ passen. Innovationen müssten demnach die Bereitschaft der Kunden steigern, bessere Produkte und Dienstleistungen zu kaufen und womöglich sogar mehr Geld dafür zu bezahlen. Wie kann Process Redesign denn einer Firma helfen, nicht einfach unproduktive Arbeiten abzuschaffen, sondern vor allem dem Kunden Gutes zu tun?

Innovation heißt, Arbeitsmethoden zu finden, die bei geringeren Kosten den Nutzen für den Kunden erhöhen. Das können neue Ansätze für die Auftragsabwicklung sein wie bei Dell, solche für Einkauf und Bestandsmanagement wie bei Walmart, für die Produktentwicklung wie bei lBM oder für den Kundendienst wie bei Pratt & Whitney. In jedem dieser Fälle war es eine völlig neue Herangehensweise, mittels derer Abläufe, die zur Wertschöpfung nichts beitrugen, eliminiert wurden – was zu herausragender Performance führte. Diese Beispiele zeigen, dass niedrige Kosten nicht zwingend mit Abstrichen bei der Kundenzufriedenheit erkauft werden müssen. So hat der große Lebensmittelhersteller General Mills mit einem Redesign seiner Logistik erreicht, dass der Anteil der unverzüglich ausgeführten Bestellungen gestiegen ist, bei gleichzeitig sinkenden Lagerbeständen. Bisher hatte man angenommen, eine Verbesserung auf der einen Seite bedinge eine Verschlechterung auf der anderen. Indem man dies aber mit einem innovativen Prozess angeht – in diesem Fall einem, der die Produktionsplanung nicht mehr auf Absatzprognosen stützte, sondern auf die tatsächliche Nachfrage – konnte sich General Mills sozusagen den Pelz waschen, ohne nass zu werden. IBM konnte den Produktentwicklungszyklus um 75 Prozent reduzieren. Bei rund 45 Prozent niedrigeren Kosten und einer um ein Viertel höheren Zufriedenheit der Kunden mit neuen Produkten. Gegen Kosten hilft also kein Kahlschlag, sondern eine Planung, die sie gar nicht erst anfallen lässt. Wenn das gelingt, verbessern sich Geschwindigkeit und Qualität gleichermaßen. Und der Kunde ist glücklicher.

Gelingt das denn wirklich? Von der Erkenntnis, dass Zeit tatsächlich Geld ist, bis zum Umkrempeln des eigenen Managementstils ist es ein langer Weg. Eine Studie über die Einführung von Wissensmanagement in deutschen Firmen ergab, dass große Konzerne neue Prozesse, welche die persönliche Macht bestimmter Manager gefährden könnten, ziemlich behutsam angehen. Weichen Anreiz hat ein Manager, durch Optimierung seiner Geschäftsprozesse zu offenbaren, wie unproduktiv seine Abteilung bisher war?

Nennenswerte Verhesserungen bei der Performance eines Unternehmens sind zwangsläufig mit organisatorischen Umwälzungen verbunden. „No pain, no gain“, heißt es in den USA – ohne Schweiß und Schmerzen kein Preis. Prozessorientierte Neuerungen verändern stets die Rolle von Managern. Schließlich halten sich Prozesse nicht an Funktionsgrenzen. Oder, wie ein Top-Manager mal gesagt hat: „Wenn einer meiner Manager sagt, er mag keine Prozesse, heißt das nur, dass er seine Macht nicht mit jemand anderem teilen will.“ Prozesse zu verbessern, verlangt den Managern ab, dass sie lernen, miteinander zusammenzuarbeiten, und dass sie sich auf Kunden und aufs gesamte Unternehmen konzentrieren – nicht auf ihre eigene Abteilung. Deshalb ist es entscheidend, dass sich die obersten Führungskräfte selbst an die Spitze des Wandels stellen. Die ranghöchsten Manager müssen ihren Untergebenen klarmachen, dass Process Redesign von essenzieller Bedeutung fürs Unternehmen ist und dass es auf jeden Fall fortgesetzt wird. Diejenigen, die das zu blockieren versuchen, gefährden sich selbst. Allerdings sollten die Vergütungssysteme für Manager dahingehend überarbeitet werden, dass diejenigen helohnt werden, die die Performance des gesamten Prozesses und damit des ganzen Unternehmens voranbringen – nicht diejenigen, die nur an den Erfolg der eigenen Abteilung denken. Durch aktive Beteiligung, stetige Kommunikation und absolute Identifikation mit dem gemeinsamen Ziel können Vorstände ihre Manager motivieren, ihren Teil zur Veränderung der Prozesse beizutragen, selbst wenn es deren kurzfristigem Eigeninteresse scheinbar widerspricht.

Und wer soll den Anfang machen? Nicht jeder Chef erkennt sofort, was ihm die Prozessoptimierung bringt.

Generell gibt es keinen Ersatz für Führungsstärke. Einige Chefs schaffen es selbst, nicht nur ein Verständnis für den Prozess-Einsatz zu entwickeln, sondern sich auch voll dahinter zu stellen. Für gewöhnlich ist es jemand etwas weiter unten in der Hierarchie, der als Katalysator wirkt und die Unternehmensführung überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Der Katalysator muss erkläen, was Prozesse überhaupt sind. Dann muss er seine Bosse mit den Führungskräften anderer Unternehmen zusammenbringen, die mit Prozessen gute Erfahrungen gemacht haben, und manchmal muss er ein kleines Vorzeigeprojekt aufsetzen, das zeigt, class auch in seiner Firma Prozessverbesserungen funktionieren. Solch einen Katalysator findet man auf jeder Ebene der Firma, aber es muss jemand sein, dessen oberstes Anliegen das Wohl der ganzen Firma ist und der Glaubwürdigkeit genießt.

Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Rolle externer Berater?

Sie können hilfreich sein, aber normalerweise nicht in die Rolle des Katalysators schlüpfen.

In der vernetzten Wirtschaft von heute müssen prozessorientierte und traditionelle Betriebe im Echtzeit-Modus miteinander arbeiten. Heißt das, dass der Vorreiter den Langsamen mitzieht? Oder diktiert der stärkere Geschäftspartner dem schwächeren, was er zu tun hat, um im Geschäft zu bleiben?

Nach meiner Erfahrung erwarten starke prozessorientierte Unternehmen früher oder später, dass ihre Zulieferer ebenfalls ihre Prozesse optimieren, und zwar nicht nur, um ihre eigene Performance zu steigern, sondern auch um die Prozesse beider Firmen miteinander zu verknüpfen. Bis dahin kann die Kundenfirma von ihren eigenen Arbeiten am Prozess profitieren, aber diese Vorteile wachsen substanziell, wenn die Prozesse über Firmen- und Funktionsgrenzen hinweg integriert werden.

Das klingt überzeugend, hat aber einen großen Nachteil – jedenfalls aus Sicht von Vorständen, die nur aufs Quartalsergebnis schielen: Die Veränderungen haben keinen unmittelbaren Effekt auf den Aktienkurs. Sie brauchen Zeit, sich zu entwickeln. Was raten Sie den Katalysatoren, die ihre Chefs überzeugen wollen, aktiv zu werden?

 

Auf diese Frage habe ich zwei Antworten.

Erstens: Prozessbasierte Veränderung ist zwar eine langfristige Anstrengung, die in der Tat Jahre braucht, doch sie kann – und muss – so gemanagt werden, dass sie schnell erste Ergebnisse zeitigt. Wenn nicht in einem Quartal, so doch in zwei oder drei. Programme, die Jahre brauchen, bis sie sich überhaupt irgendwie auszah len, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Angesichts der bevorstehenden Veränderungen werden Organisationen ängstlich, und es macht sich Zweifel breit, ob sich die versprochenen Resultate jemals einstellen werden. Unterdessen lassen sich die Führungskräfte durch andere Aufgaben ablenken. Darum ist es unabdingbar, neue Prozesse schrittweise einzuführen. Jeder einzelne dieser Schritte muss in sechs bis neun Monaten zu bewältigen sein und signifikante, vor allem auch messbare Verbesserungen des Betriebsablaufs bewirken. Mit dieser Einführungsstrategie sollten sich sogar relativ kurzfristig orientierte Führungskräfte abfinden können. So ein Programm wird, wenn man denn alles richtig macht, fast zum Selbstläufer. Die Ergebnisse der ersten Schritte bilden die Grundlage für die weiteren.

Teil zwei meiner Antwort: Wenn wir in den letzten zwei Jahren irgendetwas gelernt haben, dann ist es doch, dass die Zeit des Quartalsdenkens im Management vorüber ist. Die Fixierung auf kurzfristige Ergebnisse war schließlich, was die Skandale bei Enron, WorldCom und dem Rest möglich gemacht hat. Die Führer wirklich erfolgreicher Firmen tun das, was langfristig richtig ist, ohne den Quartalsergebnissen ungebührliche Beachtung zu schenken. Wer anderes tut, belastet den realen Wert seines Unternehmens zu Gunsten kurzfristiger und vorübergehender Vorteile mit einer schweren Hypothek.

In der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Partnern müssen heute die Schnittstellen oft sehr aufwändig gemanagt werden. Wenn die Beteiligten ihre Daten austauschen und besser kooperieren würden, könnte viel Zeit gespart werden. Stichwort: Real-Time Management. Worauf kommt es bei der Gestaltung von unternehmensübergreifenden Prozessketten an? Wie werden Collaboration und RTE zum Erfolg?

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, ohne volle technische Unterstützung gebe es keine Verbesserungen von Geschäftsprozessen innerhalb eines Unternehmens oder über Firmengrenzen hinweg. Ganz im Gegenteil: Technik kann die Performance neuer Process Designs steigern. Diese zu implementieren, bedeutet aber keineswegs, sich der Technik untertan zu machen. Der Schlüssel zum Etablieren firmenübergreifender Prozessketten liegt darin, sich mit Geschäftspartnern – Kunden wie Lieferanten – zusammenzutun und den gesamten Prozess von vorne bis hinten zu überdenken. Wenn Informationen auf beiden Sei ten der Firmengrenze benötigt werden und es noch keine Schnittstellen zwischen den Systemen gibt, tun es zur Not auch EDI oder gelegentliche Dateiübertragungen. In Unternehmen, die ihre Abläufe verbessern müssen, soll es immer schnell gehen, und der Mangel an Schnittstellen und andere lnfrastrukturprobleme sollten nicht als Entschuldigung herhalten oder als Hindernis angesehen werden.

Keine Zukunft für Alphatiere

Michael Hammer plagt das schlechte Gewissen. Eine Lawine habe er losgetreten, meint der Autor des 1993 erschienenen Weltbestsellers „Business Reengineering“ (Auflage: über zwei Millionen Exemplare), eine Lawine von Management-Ratgebern, von denen viele der Welt besser erspart geblieben wären. Als Sühne für dieses unabsichtliche Vergehen hat Hammer wiederum ein Buch geschrieben, dessen deutsche Fassung unter dem englischen Titel“ Business back to Basics“ im Econ-Verlag erschienen ist. Darin seziert der frühere Informatik-Dozent am Massachusetts Institute of Technology die Betriebsabläufe in Unternehmen verschiedener Branchen. Hammers Kernthese: In der „Customer Economy“ ist nur erfolgreich, wer seine Geschäftsprozesse konsequent auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichtet. Anhand konkreter Beispiele zeigt der Autor, wie sich Manager manchmal selbst oder einander im Weg stehen und wie sie mit etwas Nachdenken Qualität und Service verbessern und gleichzeitig Kosten senken können.

 

Michael Hammer

Business back to Basics

Die 9-Punkte-Strategie für den Unternehmenserfolg

Econ-Verlag, München 2002, 320 Seiten, 29 Euro, ISBN 3-430-13908-2

 

aus: Scheer Magazin 2-2003