Erfinder im Rampenlicht

Im Laufe eines Jahres werden in Europa mehrere Dutzend Innovationspreise ausgelobt. Wer bei den richtigen ausgezeichnet wird, dem winkt neben einem Preisgeld oft viel Wichtigeres – das Interesse von Industriepartnern.

Von München-Perlach, dem Standort der Siemens-Forschungszentrale Corporate Technology, ist es nicht weit bis nach Oberhaching. Dort residieren seit zehn Jahren Bayerns wohl erfolgreichste Siegertypen. Seit Armin Anders, Markus Brehler, Oliver Sczesny, Frank Schmidt und Andreas Schneider den Konzern verließen, um sich mit ihrer EnOcean GmbH selbstständig zu machen, sammelt das Quintett Innovationspreise, als wolle es ins Guinness Buch der Rekorde aufgenommen werden.

Schon 2002, ein Jahr nach der Ausgründung, kassierten die Ex-Siemensianer den mit 100.000 Euro dotierten Bayerischen Innovationspreis. 2004 kamen die fünf ins Finale des Hermes Award, mit dem die Hannover Messe ihren innovativsten Aussteller ehrt – so auszeichnungswürdig fand die Jury das kleine Unternehmen EnOcean mit seinen Modulen für batterielose Funksensorik. Hinter dem abstrakten technischen Begriff verbergen sich Messfühler und Schalter, die an beliebigen Stellen im Gebäude montiert werden können, weil sie weder Stromleitung noch Akku benötigen. Sie versorgen sich und ihren kleinen Datensender per „Energy Harvesting“, beziehen also ihren Energiebedarf komplett aus der Umwelt. „Erfinder im Rampenlicht“ weiterlesen

Beim Einstieg an den Ausstieg denken

Eine Firmengründung folgt heute anderen Spielregeln als zu Zeiten von Benz und Bosch. Oft verabschiedet sich nach wenigen Jahren der Investor – oder der Gründer. Mit etwas Weitblick können sich Entrepreneure aber frühzeitig für eine Scheidung wappnen.

Der Unternehmer Fridtjof Detzner (27) hat nichts gemein mit den gelfrisierten Jungmanagern in den Hochglanzprospekten feinerer Kapitalanlagegesellschaften. Der Internet-Freak, Kite-Surfer und Geschäftsführer der Hamburger Jimdo GmbH ist zufrieden, wenn die Leute an ihrem Geschäftserfolg sehen, dass er und seine Mitgründer Christian Springub und Matthias Henze coole Jungs sind. Jimdo verhilft computermäßig nicht so fitten Menschen zu einer schicken Homepage, indem es standardisierte Code-Elemente anbietet, die nach dem Baukastenprinzip zu individuellen Web-Auftritten zusammengesetzt werden können, ohne dass man immer wieder das Rad neu erfinden muss. Äußerlichkeiten sind dem Software-Trio schnuppe, als Türschild am Hinterhof-Loft in einer früheren Konservenfabrik muss ein verwaschener Wisch aus dem Tintenstrahldrucker genügen. Dahinter sieht’s ohnehin aus, als hätte jemand eine Studenten-WG zum Grossraumbüro umfunktioniert.

Das Späthippie-Ambiente unterstreicht auf ganz eigene Weise, dass hier eifrige Macher am Werk sind, die echtes Herzblut in ihre Firma fließen lassen. Jimdo ist die Frucht des sportlichen Ehrgeizes, zu beweisen, dass eine Idee, von der man selbst total begeistert ist, auch ihren Markt findet. „Beim Einstieg an den Ausstieg denken“ weiterlesen

Suche nach dem Patent-Rezept

Aus technischen Innovationen Kapital zu schlagen, ist nicht trivial. Geldwerte Ideen sind flüchtig, ihr Schutz ist teuer und nie lückenlos. Deshalb muss jeder Hightech-Gründer seine persönliche Patentstrategie entwickeln.

Wer als kreativer Unternehmer-Neuling noch darauf vertraut, dass große Geschäftspartner sein geistiges Eigentum respektieren, ist nach einem Treffen mit Ulrich Benedum um eine naive Illusion ärmer. Der Münchner Patentanwalt hat in seinem Büro ein Corpus Delicti liegen, das belegt, dass ein Mittelständler heutzutage nicht einmal mehr auf die Ehrbarkeit von Kaufleuten zählen kann, die selber Schutz vor Dieben suchen. Der Streitgegenstand ist ausgerechnet eines jener „Tags“, wie sie Textilgeschäfte zur Warensicherung verwenden. Die Kopie ist vom patentierten Original nicht zu unterscheiden, Form und Farbe sind identisch. Die Manager der internationalen Handelskette, in deren Filialen der Patentinhaber das dreiste Plagiat entdeckte, waren nicht etwa arglos auf einen Produktpiraten hereingefallen: Sie hatten sich an einen chinesischen Hersteller gewandt, der das Teil billiger nachbaute. Um nicht von Ladendieben bestohlen zu werden, war der Händler quasi selbst unter die Diebe gegangen – und hielt Ideenklau wohl für ein Kavaliersdelikt.

Abwehrbereit zu sein tut also Not, auch wenn die Verrohung der unternehmerischen Sitten noch nicht so weit gediehen ist, dass Prozesse gegen Nachahmer zum täglichen Brot der Patentanwälte gehören würden. Benedum, Partner der britischen Traditionskanzlei Hazeltine Lake, führt einen oder zwei pro Jahr und liegt damit schon weit über dem Branchendurchschnitt. Wenige Hundert Fälle jährlich landen überhaupt vor deutschen Gerichten. „Ein Patent ist für Erfinder und Unternehmen eine Art Versicherung“, „Suche nach dem Patent-Rezept“ weiterlesen

Nachwuchs-Verhütung

Nicht erst durch die Studentenproteste ist der Bachelor-Studiengang in Verruf geraten. Auch die hohen Abbrecherquoten in den technischen Fächern bereiten Probleme – vor allem der Wirtschaft. Erste Projekte zeigen: Es geht auch anders – wenn man gute Ideen und viel Idealismus mitbringt.

Ein bemerkenswertes Kontrastprogramm ist das: Während immer mehr Bürger um ihre berufliche Zukunft bangen, treibt manche Arbeitgeber die Frage um, wo sie bloß neues Fachpersonal herbekommen sollen, wenn ihre älteren Spezialisten demnächst in Rente gehen. „Wir wissen, dass der Ersatzbedarf an Ingenieuren in den nächsten Jahren nicht gedeckt ist“, sagt Carola Feiler, Bildungsreferentin des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). ,,2014 werden 220000 qualifizierte Fachkräfte fehlen.“

Da gäbe es also eine Menge anständig bezahlter Jobs, und keiner will sie haben? Die Wahrheit ist vertrackter. Es stimmt zwar, dass das Interesse der Schulabgänger an Naturwissenschaft und Technik steigerungsfähig wäre. Allerdings hätten die Unternehmen wenig Nachwuchssorgen, wenn alle Gymnasiasten und Fachoberschüler, die Ingenieure werden wollen, ihr Ziel auch erreichten.

Leider fallen allzu viele auf dem Weg dorthin durch den Rost. Die Studienreformen der letzten Jahre haben in den „Mint“-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) nicht etwa – wie von der Politik versprochen – mehr Absolventen, sondern mehr Abbrecher hervorgebracht.  „Nachwuchs-Verhütung“ weiterlesen

Nicht im Sinne der Erfinder

Das internationale Patentwesen steckt in einer Akzeptanzkrise. Statt Plagiatoren abzuwehren und den Fortschritt zu fördern, zementiert es oft nur die Macht des Stärkeren. An Reformvorschlägen herrscht kein Mangel. Doch der nötige internationale Konsens ist nicht in Sicht.

Gäbe es ein Märchenbuch für Unternehmer, wäre dies wohl der Plot für die perfekte Gutenachtgeschichte: Eine Textilmaschinenfirma aus Schleswig-Holstein hat technisch den Anschluss verpasst, aber irgendwer bringt den Chef auf die rettende Idee, die F&E-Mitarbeiter sollten doch einfach alle Patentanmeldungen des Weltmarktführers analysieren. Dann wüssten sie genau, woran dieser arbeitet. Am Ende verhilft ihnen die Lektüre der Dokumente aus dem Patentamt nicht nur dazu, zur Konkurrenz aufzuschließen, sondern sogar ein besseres Produkt zu entwickeln.

Auch wenn es kaum zu glauben ist, wie arglos sich der Wettbewerber in die Karten schauen lässt: Die märchenhafte Turnaround-Story ist keine Erfindung. Das Fallbeispiel stammt lediglich aus einer Zeit, in der kaum jemand deutschen Ingenieuren die Chuzpe zugetraut hätte, in einem eleganten Bogen um die Patente der Kollegen herum zu entwickeln und die Übertölpelten dann mit eigenen Patenten einzukesseln. Als die Kieler Wirtschaftsförderungsgesellschaft WTSH 1998 die Geschichte veröffentlichte, um dem Mittelstand den Charme von Patentrecherchen nahe zu bringen, hing so manche Entwicklungsabteilung noch dem „Not Invented Here“-Prinzip an: „Nicht im Sinne der Erfinder“ weiterlesen