Hochwürden auf dem Kartentrip

Eine Flut von Chipkarten rollt auf uns zu – als Ersatz für Kleingeld und Krankenschein, Ausweis und Arztrezept. Einige Anbieter ziehen die Notbremse: Per „Multifunktionskarte“ wollen sie die Inflation stoppen.

Wenn noch ein Symbol für den endgültigen Triumph der Plastikkarte gefehlt hatte, dann dieses: Die Pastoren der fünf evangelischen Hauptkirchen in der Hamburger City erwägen ernsthaft die Einführung einer „Church Card“.

Top Business 7/1993

Mit dem analytischen Geist gewiefter Marketingexperten haben die Gottesmänner eine Offerte für die kühl rechnenden hanseatischen Kaufleute maßgeschneidert, die im Schatten des Michel längst die alteingesessenen Gemeindebürger verdrängt haben. „Die Kirche muß sich dem Wettbewerb stellen“, propagiert Hauptpastor Lutz Mohaupt ein konsequent marktwirtschaftliches Christentum. Wer stets brav seine Kirchensteuer zahlt, soll auch etwas davon haben – sei es der verbilligte Eintritt beim Kirchenkonzert oder die Vorzugsbehandlung bei der Kindergarten-Warteliste. „Hochwürden auf dem Kartentrip“ weiterlesen

Client/Server: Wege zum Lean Computing

Top Business 3/1993

Neue Konzepte für die EDV:

Parallel zum Niedergang des Computermonolithen IBM keimt in vielen Unternehmen der Mut, sich von überholten Informatik-Konzepten zu verabschieden. Die konsequente Dezentralisierung der EDV macht oft ein flexibleres Management erst möglich.

Die Jagd ist eröffnet, die Treiber stehen bereit zur Hatz auf elektronische Dinosaurier.“ Wir blasen zum Halali auf die Großrechner“, stößt Jochen Haink, im Alltagsleben Geschäftsführer der Microsoft GmbH in Unterschleißheim, ins Horn.

Mit so kernigen Sprüchen weiß sich der Münchner Statthalter des amerikanischen Software-Tycoons Bill Gates in bester Jagdgesellschaft. Hatten bisher vor allem Produzenten preiswerter Hardware die bis zu 40 Millionen Mark teuren Mainframe-Computer ins Visier genommen, liegen jetzt immer mehr Waidmänner aus der Softwarebranche ihre Flinten auf sie an.

Unter dem Codewort „Client-Server“ sollen die mächtigen Datenmonster aus ihrem klimatisierten Bunkern verbannt werden, um Platz zu schaffen für eine neue Art der EDV: Lean Computing – die schlanke, dezentrale Datenverarbeitung, die sich passgenau einfügt in das wendige Unternehmen von morgen mit seinen flachen Hierarchien. „Client/Server: Wege zum Lean Computing“ weiterlesen

CeBIT-Special – Kritische Nabelschau der Computerwelt

Auf der CeBIT drängelt sich alles, was in der Branche Rang und Namen hat. Allerdings wird auch immer offener Kritik laut – Grenzen des Wachstums?

Top Business 2/1993

Wer heute mit einem Computerspezialisten innovative Trends bei Hardware oder Software diskutieren will, erntet höchstens noch ein mitleidiges Lächeln. Um ernstgenommen zu werden in der Fachwelt, muß er über Multimedia und Systemintegration reden, am besten aber über Themen wie Vernetzung und Kommunikation parlieren können. Tatsächlich attestieren Markt-forscher diesen Sparten der Informationstechnik noch ein solides Wachstumspotential – wogegen mit traditioneller Rechner-Hardware kaum noch Geld zu verdienen ist.

Was Wunder, daß sich auch die CeBIT mehr denn je als Pflichtveranstaltung für Computervernetzer zu profilieren sucht und gleich vier Hallen der Telekommunikation widmet. Auf Jürgen Müller, Marketing Communications Manager der Novell GmbH in Düsseldorf, machen die neuesten Anstrengungen der Niedersachsen allerdings keinen Eindruck mehr. Nach der CeBIT 1992 zog der Messeverantwortliche des führenden deutschen Anbieters von Personalcomputer-Netztechnik einen Schlußstrich unter das Thema „Hannover“. „Etwa 30 Prozent der Messebesucher waren an Netzen interessiert, und nach unseren Stichprobenzählungen waren die wohl alle auch bei uns auf dem Stand“, denkt Müller nur noch mit Grausen an jene Horden von Seh-Leuten, die es unmöglich machten, „ein ruhiges Wort mit wirklich interessierten Kunden zu wechseln.“ „CeBIT-Special – Kritische Nabelschau der Computerwelt“ weiterlesen

Fotoindustrie: Digital in die Zukunft

Über die Photo CD, ein elektronisches Fotoalbum, will der Kodak-Konzern sein Geschäft mit chemischem Film absichern und gleichzeitig vom Multimedia-Boom profitieren. Doch erst auf lange Sicht verspricht der digitale Zwitter auch Gewinne.

Top Business 2/1993

Die Jubiläumsfilme waren längst im Kino angelaufen, unzählige Reden auf unzähligen 500-Jahr-Feiern schon geschwungen, da leistete Leo J. („Jack“) Thomas noch einen späten Beitrag zum Kolumbus-Jahr. „Es ist, als hätten wir einen neuen Kontinent entdeckt, auf dem die Felder unserer Möglichkeiten nur durch die Phantasie begrenzt sind“, schwelgte der Präsident des Geschäftsbereichs Imaging der Eastman Kodak Company in Metaphern.

Was den amerikanischen Topmanager zu solch orakelhaften Formulierungen inspirierte, ist die vielseitigste Erfindung, die seine Entwicklungsingenieure seit langem auf die Beine stellten: eine bespielbare Compact-Disc, die konventionelle Fotos in die Welt der Elektronik integrieren soll.

Für Kodak, den diversifizierten Mischkonzern, dessen lebenswichtiges Kerngeschäft mit Filmen und Fotopapier seit Jahren unter Wachstumsschwäche leidet, ist die goldglänzende Photo CD nichts Geringeres als eine Brücke in die digitale Zukunft. Denn wenn Jack Thomas‘ Pläne aufgehen, wird die zwölf Zentimeter große Laserscheibe nicht etwa nur eine kleine Marktlücke stopfen. Als elektronischer Tausendsassa soll sie jeden ansprechen, der im Beruf oder in der Freizeit mit Fotos umgeht.

Die Photo CD ist für Kodak das strategische Produkt der 90er Jahre schlechthin: Vom Erfolg der seit September laufenden Einführungskampagne hängt ab, ob der Konzern aus Rochester seinen traditionsreichen Namen auf Flop oder Top verwettet hat.

Viele Fachleute sehen in der Verknüpfung von traditioneller Fotografie mit digitaler Weiterverarbeitung tatsächlich das Ei des Kolumbus. „Fotoindustrie: Digital in die Zukunft“ weiterlesen

Ihr Auftritt, Fritz Fröschl!

Daß der amerikanische Softwarekonzern Computer Sciences (CSC) seit über 20 Jahren auch in Deutschland vertreten ist, war bisher ein gut gehütetes Geheimnis der Branche. Jetzt zeigt ein neuer Chef Flagge und inszenierte ein Motivationsspektakel im Hollywood-Stil. TopBusiness war dabei.

Top Business 12/1992

Gleißendes Licht, ein paar kümmerliche Palmen, ein junger Beduine. Verstreut herumliegende Gegenstände deuten auf den Absturz einer kleineren Passagiermaschine hin. Frustriert hocken 18 Männer und zwei Frauen auf verbeulten Tropenkoffern und herausgerissenen Flugzeugsitzen. Mit ratlosen Gesichtern stieren sie in den gelben Sahara-Sand und auf ein Häuflein seltsamer Utensilien, darunter eine Schußwaffe.

Ganz offensichtlich war niemand in dem Grüppchen darauf gefaßt gewesen, daß sie der neue Boß allesamt mit schadenfrohem Grinsen in die Wüste schickt. Jedenfalls hatten sich die Mitarbeiter des Software-Unternehmens CSC Computer Sciences GmbH den groß angekündigten Neubeginn ganz anders vorgestellt. Friedrich Fröschl, seit Ende 1991 amtierender CSC-Geschäftsführer, hat an diesem Samstag die gesamte deutsche Belegschaft ins Bavaria-Filmgelände eingeladen – zur „CSC-Premiere“, einem Betriebsausflug mit Motivationsprogramm im Hollywood-Stil.

Mit dem Glitzer der Fernsehwelt will er die Angestellten der fünf Niederlassungen, die bisher nur wenig Kontakt miteinander hatten, zu einer Crew zusammenschweißen und für die CSC der Zukunft begeistern. Teamgeist statt Hierarchien heißt seine Devise, mit der er aus der grauesten Maus der Branche, deren Kundschaft 20 Jahre lang aus Dienststellen von Bundeswehr, Bahn und Post bestand, eine attraktive Softwarebraut für Industrie und Handel machen will.

Die Sondervorstellung in der Münchner Filmstadt Geiselgasteig trägt ihren Namen „Premiere“ zu recht, ist sie doch gleich in mehrfachem Sinn eine Uraufführung: „Ihr Auftritt, Fritz Fröschl!“ weiterlesen