Wie viel ist 1000-mal weniger?

Diese Frage richtet sich stellvertretend an Dr. med. Werner Bartens vom Wissenschaftsressort der Süddeutschen. Der Kollege sollte es wissen, er schreibt von Phänomenen wie der Senkung des Krankheitsrisikos um das 1000-fache.

Ich mit meinen bescheidenen Mathematikkenntnissen steige beim Anblick solcher Formulierungen regelmäßig aus. Für mich ist das 10-fache eine Steigerung um 900 Prozent, das 100-fache eine solche um 9900 Prozent, das 1000-fache gar eine um 99900 Prozent. Bei einer Steigerung um das 1000-fache wiederum bekomme ich 1+1000=1001 mal 100 Prozent, also 100100 Prozent des Ausgangswerts. Soweit noch alles klar?

Wenn ich nun einen Wert um sein 1000-faches, mithin um 100000 Prozent senke, lande ich bei 100000-100 = 99900 Prozent. Wenn das möglich ist, gibt es offensichtlich etwas besseres als das so genannte Nullrisiko, welches man bei bereits einer unspektakulären Senkung des Risikos um das Einfache alias 100 Prozent erreicht: ein Negativrisiko, also eine Chance. Um ein 100-prozentiges Risiko in eine 100-prozentige Chance zu verwandeln, reicht es „Wie viel ist 1000-mal weniger?“ weiterlesen

„Scuffgate“: Handelsblättler greifen ins Water-Loo

Kollege Niggemeier nervt zwar manchmal, aber nicht selten hat er Recht. Neulich sprach er mir wieder mal aus der Seele mit diesem Medienlexikon zum Thema „gate“. Irgendwie hat es sich eingebürgert, bei Pannen, Peinlichkeiten und Skandalen jeder Art ein Schlagwort mit dem Pseudo-Suffix „gate“ zu bilden, und Stefan Niggemeier weist dankenswerterweise darauf hin, dass es sich beim Namensgeber keineswegs um einen Wasserskandal handelte. „Watergate“ bedeutet in der Tat einfach nur „Schleuse“; das Watergate-Hotel hätte in Old Europe „Hotel zur Schleuse“ geheißen.

Diesen Fingerzeig haben die Kollegen vom Handelsblatt leider übersehen. Sie plappern nämlich das Wort „Scuffgate“ nach. Wollte man Scuffgate übersetzen, käme dabei das dadaistische Wort „Wetzgatter“ heraus.

Wer solchermaßen vor der Sprache kapituliert, von dem kann man sagen, er erlebe sein Waterloo. Kürzen wir analog zu Watergate das Water weg, bleibt ein trockengelegtes „Loo“. Und das heißt auf Deutsch schlicht und ergreifend „Klo“.

Nicht unpassend für einen linguistischen Griff in dasselbe.

Visuelle Legasthenie…

…nennt Hans-Eberhard Hess, langjähriger Jury-Chef von Pressefoto Bayern, die Manie von Redakteuren, ihre Zeitungsartikel mit irgendwelchen Fotos zu dekorieren.

Ein schönes Beispiel dafür lieferte gestern die SZ unter der Headline „Bezahlen für Bayern“:

 

So hatte Berlins parteiloser Finanzsenator Ulrich Nußbaum darüber geklagt, dass „die Berliner über ihre Stromrechnungen 370 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer Energien“ bezahlen und somit „Solaranlagen in Bayern subventionieren“ müssten, „die Hauptstadt erhalte im Gegenzug nur 25 Millionen Euro aus der Energieförderung“. Nur geht das aber den Finanzsenator überhaupt nichts an. „Visuelle Legasthenie…“ weiterlesen

Raab mit Maggisoße gekärchert

Wenn man nur Halbwissen von einer Branche hat, aber vor lauter Ressortleiterstress wieder mal keine Zeit, sich schlau zu machen, sollte man lieber die Finger davon lassen, sonst blamiert man sich ähnlich wie ein Schlag-den-Raab-Kandidat beim Versuch, zu kassieren.

Anlass dieser unnötigen Blamage war eine bereits ordentlich fehlergewürzte dpa-Meldung zum 125-Jährigen der deutschen Maggi-Niederlassung in Singen (und nicht der Erfindung der Maggi-Würze, die gibt es schon ein Jahr länger). Der Kollege von der SZ, genre-typisch bemüht ums Drehen einiger Locken auf der Glatze, erfand in seiner „Zwischen-den-Zahlen“-Wirtschaftsspitze den Reinigungsgerätehersteller „Raab Kärcher“.

Nun, es gibt Raab Karcher, eine Handelsmarke des Baustoffanbieters Saint-Gobain Building Distribution Deutschland GmbH, und es gibt die Firma Alfred Kärcher „Raab mit Maggisoße gekärchert“ weiterlesen

Betulich à la Niggemeier

„Diese Art Fernsehunterhaltung ist nicht nur nicht wichtig. Sie nimmt sich auch nicht mehr wichtig. Das ist einerseits vielleicht unvermeidlich und verstärkt andererseits eine zweifelhafte Nostalgie: die Sehnsucht nach der Bedeutung des Fernsehens und der Betulichkeit eines Dieter Thomas Heck…“

Aus Stefan Niggemeiers Medienlexikon im Spiegel

Ähem, Herr Kollege: Heck und betulich? Verwechseln wir da nicht was? Betulich heißt ohne Hast, langatmig, träge.

Heck aber „verfolgt das Image des Schnellsprechers“.

Ein betulicher Schnellsprecher? Das ist ein Widerspruch in sich.