Saftlos in den Stillstand

Vorsicht bei mobiler Elektrizität! Wer sich auf Ladestandsanzeigen verlässt, ist verlassen.

Neulich vor dem Badezimmerspiegel habe ich endlich kapiert, was „Memory-Effekt“ heißt. Bisher dachte ich, der Terminus technicus beziehe sich auf das Gedächtnis des berüchtigten NiCd-Akkus. Dieser Elefant unter den wiederaufladbaren Batterien merkt sich bekanntlich, wie weit ich ihn zuletzt ge- und entladen habe, und sagt fortan schon an diesem Punkt: „Ich mag nicht mehr.“ Nein, es geht um mein Gedächtnis. So hatte ich mich bemüht, den Akku meines Bartstutzers strikt nach Anleitung zu pflegen: möglichst weit entladen, erst dann wieder ans Netz. Nach sieben bis acht Stutzungen sollte man genau hinhorchen, ob der Sound noch kräftig genug klingt.

Leider hatte ich vergessen mitzuzählen – und plötzlich, ssssrrrrrr-rrr-rr-r-p!, stand ich da mit meinem Likurela-Bart: links kurz, rechts lang. Die nächsten 14 Stunden konnte ich nicht unter Menschen gehen. „Saftlos in den Stillstand“ weiterlesen

Wir lieben teuer

Sitzen Sie bequem? Nein? Entspannen Sie sich lieber. Es könnte richtig schön ungemütlich werden auf den nächsten 157 Zeilen, da sollte man sich nicht auch noch verkrampfen. Wir haben uns nämlich entschlossen, Ihnen ein paar Zähne zu ziehen, Ihre billigen Illusionen kaputt zu machen, Ihnen die Hölle wenn nicht geothermisch heiß zu machen, so doch wenigstens einmal prophylaktisch vor Augen zu führen, lieber Herr Westerwelle!

Zeichung: Erik Liebermann

Dass Sie da jetzt durch müssen (und mit Ihnen all jene, die Ihnen spontan applaudiert haben wie Haus + Grund und Mieterbund), verdanken Sie jener Äußerung, mit der Sie Ende März eine ganz andere Zukunft der Energie entworfen haben, als nicht nur wir sie sehen, sondern auch als all die Experten, auf deren Sachverstand wir zählen. Oder als andere Leute, die einfach noch die Grundrechenarten beherrschen. Es war eine Äußerung, die uns zunächst vermuten ließ, Sie wollten sich einen Spaß machen, wollten uns auf den Arm nehmen. Nur eben – wie es sich für einen bekennenden Avantgardisten, Oppositionellen und Marketingprofi geziemt – rechtzeitig vor dem 1. April, an dem man auch mit dem hanebüchensten Unsinn nicht weiter auffiele.

Leider sprechen die Indizien dafür, dass Sie es diesmal tierisch ernst meinten, als Sie nicht nur sagten, „bezahlbare“ Energie sei ein „Grundbedürfnis“ des Menschen, sondern daraus quasi noch eine Art Grundrecht der Deutschen ableiteten, auf Gas, Strom und Öl zwölf Prozentpunkte weniger Mehrwertsteuer bezahlen müssen zu dürfen als auf Apfelsaft, Stützstrümpfe oder Insulin.

Da es sich beim Benzinpreis oder Gastarif um den „Brotpreis des 21. Jahrhunderts“ handele, soll also der traditionell beim Bäcker geltende Steuersatz von sieben Prozent auch an der Tankstelle und im Heizungskeller zur Anwendung kommen. „Wir lieben teuer“ weiterlesen