Aus aktuellem Anlass heute ein Nachtrag zu meinem Rant aus dem vergangenen Spätherbst. Da die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird, nicht nur bei Jüngeren, mache ich es kurz.
Wer mit dem Hashtag #okboomer um sich wirft, sollte sich fragen, was er/sie erreichen will und ob das Klischee ihm hilft, seinem Kommunikationsziel näher zu kommen.
Relevant ist das insbesondere im Kontext des Klimawandels. Jüngere, die wirklich etwas gegen den exorbitanten CO2- und Methan-Ausstoß der Menschheit tun wollen, dürfen sich nicht einreden, dass – böse gesagt – mit meiner „Generation“ diejenigen aussterben werden, die für das Problem verantwortlich sind. Das ist schon deshalb eine unsinnige Annahme, weil der deutsche Babyboom erst vor 50 Jahren endete. Die Jüngsten von „uns“ bestimmen noch bis zum Braunkohle-Ausstieg (2038 oder vielleicht jetzt 2035) mit, und unsere hohe statistische Lebenserwartung bedeutet, dass viele von uns auch 2050 noch durch die Altenheime tattern werden – als überwiegend wahlberechtigte Bürger.
Viel schlimmer noch ist aber der immanente Irrtum, dass sich das Klimaproblem überhaupt demographisch lösen wird. Wären Einsicht oder Einstellung eine Generationenfrage, würde das Problem ja quasi mit der Zeit von selbst verschwinden. Man bräuchte sich um die Jüngeren gar nicht zu kümmern, sie nicht zu überzeugen. Dabei hat ein 30-Jähriger, der an das Märchen von der Klimahysterie und vom Alarmismus glaubt, noch doppelt soviel Zeit, Schaden anzurichten, wie jemand meines Alters.
Die Gefahr, dass er das wirklich tut, ist sehr real. Ich weiß, wovon ich rede. Zwischen Anfang 20 und Anfang 40 war ich nach damaligen Maßstäben Vielflieger, obwohl ich grundsätzlich von der Gefahr namens Global Warming wusste. Ich kann mich gut erinnern, wie man in diesem Alter tickt und dass man gut darin ist, den eigenen Beitrag zur Lösung des Problems zu prokrastinieren. Morgen fange ich an, vorher kaufe ich mir nur noch dies und will ich nur noch kurz Australien sehen, bevor es ganz abgefackelt ist. Meine Ausrede gegenüber meinem Öko-Ich, mein Anteil sei verschwindend gering, höre ich heute ständig auch von jüngeren Menschen. Sie betrügen sich selbst, so wie ich es tat.
Was nützt es, wenn aus meinen Fehlern nur ich selbst gelernt habe, nicht aber auch diejenigen, die jetzt so alt sind wie ich damals?
TL;DR: Wer „Boomer“ sagt, setzt sich selbst Scheuklappen auf.