Handyphobie als Geschäftsmodell

Beim Ausmisten meines Computers stieß ich auf Login-Daten einer Website, die ich bei Recherchen zu „Elektrosmog“-Storys wie „Wellen des Wahns“ besucht hatte. Interessant (und löblich), dass die Domain noch existiert – als zeitgeschichtliches Dokument und Lehrstück über die Grenzen der Manipulierbarkeit von Menschen.

„IZgMF“ (ursprünglich als Gegenstück zum Informationszentrum Mobilfunk alias IZMF angelegt) ist nämlich schon lange keine Gegen-Seite mehr. Die Kehrtwende hing eng mit der viel zu selten gestellten Frage „cui bono“ zusammen:

 

„Wir wähnten uns als Teil einer Bürgerbewegung, tatsächlich waren wir nur “nützliche Idioten” in einer Inszenierung gewesen. Im Laufe der Zeit fanden wir zahllose Hinweise, die den Verdacht einer Inszenierung durch materielle und immaterielle Profiteure zur Gewissheit werden ließen. Wer Angst vor Funkwellen sät, kann alsbald ernten. Und mit künstlich geschürter Angst vor Sendemasten lässt sich weitaus mehr Profit erwirtschaften als mit Angst vor Handys. Das Spektrum der Nutznießer ist breit und weitgehend unerforscht. Doch es gibt Konzentrationen unter Baubiologen, Anbietern von Esoterikprodukten, Umweltmedizinern, “unabhängigen” Standortplanern, Anbietern von Low-cost-Messtechnik sowie unter Rechtsanwälten und Politikern. Außer Konkurrenz sind Profilneurotiker und Fanatiker, doch auch die tummeln sich dort. Sie alle profitieren von einem möglichst endlosen Fortgang der Mobilfunkdebatte.“

In der Liste der Profiteure fehlen nur noch die Immobilienspekulanten, die günstig Häuser kaufen konnten, wenn Mobilfunkmastophobiker in heller Panik auszogen. Das Schüren von Angst vor der Basisstation als Beitrag zur taktischen Wohnwertminderung war ein Konzept, das eine ganze Weile aufging. Jetzt wohl nicht mehr.

 

Feuerfuchs, ick hör dir trapsen

Welch ein Pathos, welch großes Kino steckt in der heutigen Pressemitteilung der Mozilla-Stiftung:

„Die Non-Profit-Organisation Mozilla legt die Macht des Web zurück in die Hände der Benutzer und verkündet heute die Einführung von Firefox OS und Firefox Marketplace.“

Wie passt das aber zusammen mit folgenden Aussagen?

„Wir geben mit unseren Mobiltelefon-Produkten Mobilfunkbetreibern, Telefonherstellern und Entwicklern die Möglichkeit, die Beziehung zu ihren Kunden direkt zu verwalten, anzupassen und zu besitzen.“

„Stärken Sie Kundenbeziehungen

Schaffen Sie Ihre eigenen, einzigartigen, auf Marken angepasste Bereiche von Firefox für Android und Firefox-Marketplace für ein einnehmenderes Benutzererlebnis und um die Sichtbarkeit Ihrer Marke zu erhöhen.“

 

„Schaffen Sie neue Werte für sich und Ihre Anwender

Nutzen Sie Dienstangebote wie Firefox-Marketplace und WebRTC, um neue, plattformunabhängige Angebote zu erschaffen und direkte Abrechnung der Kunden einzurichten.“

Feuerfux-Telekom

Das heißt doch: Mozilla nimmt Apple und Google die Macht über den Kunden aus der Hand und gibt sie Telefonica und der Telekom zurück.

SZ und die Smartphones: Mitreden ist alles

Was ist die olympische Idee? „Schneller, höher, weiter“ oder „Dabeisein ist alles“?

Die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen bringt beides fast zusammen. Der Kommentar auf der ersten Ressortseite ist übertitelt mit „Smartphones – Schneller, höher, stopp“, ist aber geschrieben im Geiste der Devise „Mitreden ist alles“.

Mit rund zehn Jahren Verspätung hat die junge Autorin bemerkt, dass der Handymarkt sehr schnelllebig geworden ist. Diese Beobachtung bringt sie dann fälschlicherweise mit Smartphones in Verbindung, und nebenbei offenbart sie noch eine erschreckende Unkenntnis des Netzbetreibergeschäfts:

„Früher haben die meisten Menschen ein neues Handy gekauft, wenn das alte kaputt ging. Nun wechseln sie das Gerät spätestens, wenn nach zwei Jahren der Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter ausläuft.“

Offensichtlich ist der Kollegin entgangen, dass das größte Problem von Vodafone, T-Mobile und O2 der besonders von der E-Plus-Gruppe ab etwa 2006/2007 betriebene Trend zu Discounttarifen ist, bei denen sich der Kunde eben nicht mehr auf zwei Jahre bindet. „SZ und die Smartphones: Mitreden ist alles“ weiterlesen

Simyo, der Kundenschreck. Eine endliche Geschichte.

Aktueller Nachtrag, 10.2.2020:
Heute habe ich mir mal das vorgenommen, was Klarmobil (Freenet) unter Kundenbindung versteht. 

Aktueller Nachtrag, 2.11.2016:

Simyo ist jetzt Blau. Dazu passend hat der Stern etwas geschrieben.

Aktueller Nachtrag, 12.7.2014:
Das Handelsblatt erklärt, „warum Meckernde Kunden gut sind“. Pflichtlektüre für meine speziellen Freunde, um die es hier geht.

Vor fast sechs Jahren, im Februar 2007, habe ich ein Schnäppchen gemacht: Für nur 20 statt 39,95 Euro überließ mir der Mobilfunk-Newcomer Simyo eine SIMcard mitsamt einer „Top-Nummer“, die auf drei Nullen endete und sonst nur aus Ziffern meiner Festnetznummer bestand. 10 Euro Gesprächsguthaben waren inklusive. Telefonieren und Surfen waren günstig.

Ich hätte trotzdem die Finger davon lassen sollen. Bis ich mich neulich äääännnnnd-lich zur Kündigung durchgerungen habe, hat es gedauert. Aber es war richtig. Man hat es bei der E-Plus-Tochterfirma nämlich nur mit Dilettanten zu tun, die nicht nur keine Ahnung haben, worauf es den Kunden ankommt, sondern es nicht einmal wissen wollen. Und das ist nicht etwa ein spontaner Eindruck, sondern immer wieder aufs Neue bestätigte Erfahrung.

Der Gipfel: Wenn ich die schöne Top-Nummer ohne Zahlung einer zusätzlichen Strafgebühr behalten will, soll meine Tochter ihren Account und ihre TelefonSMS-Nummer aufgeben. Im Klartext: Weil ich ins Vodafone-Netz wechseln will, vergrault Simyo eine junge, demnächst volljährige Kundin, die bisher noch gar nicht unzufrieden war. Dass die Firma riskiert, von mir verklagt zu werden, kommt noch dazu.

Bitte nehmen Sie sich etwas Zeit und lesen (oder überfliegen) Sie die ganze Geschichte…

„Simyo, der Kundenschreck. Eine endliche Geschichte.“ weiterlesen

Handygebühren: Mobilfunker verbreiten PR-Unsinn

Mobilfunk-Netzbetreiber verdienen nicht nur, wenn ihre Kunden jemanden anrufen, sondern auch, wenn diese angerufen werden. Je nach Tarif, den der Kunde (aus-)nutzt, verdienen sie daran sogar viel mehr als an Gesprächen ihrer Kunden, die sie an andere Netze vermitteln müssen.

Jetzt halbiert die Bundesnetzagentur den Betrag, den sie der Konkurrenz für die Weiterleitung eines aus einem Fremdnetz ankommenden Telefonats in Rechnung stellen dürfen. Statt 6,6 Cent sollen künftig 3,3 Cent pro Minute genügen. Begründung der staatlichen Aufpasser: Die neuen Sätze spiegeln die angesichts besser ausgelasteter Netze sinkenden Kosten wider.

Da aber jeder Handynetzbetreiber mit jedem anderen Gespräche austauscht und ergo sowohl bezahlt als auch kassiert, sollte man eigentlich meinen, dass es sich im Großen und Ganzen um ein Nullsummenspiel handelt. Dennoch protestierten Vodafone D2, Telekom und O2 (nicht aber eplus) gegen die Senkung. „Handygebühren: Mobilfunker verbreiten PR-Unsinn“ weiterlesen