Die Vorfahrt gewährenden Quadratspiegeleier in Kaufering werden weniger, die beiden Exemplare an der Hilscher-Kreuzung wurden zum Beispiel nach meinem Blogpost abgehängt. Falls Sie sie vermissen und über Pfadfindertalente verfügen, kommen Sie in die Theodor-Heuss-Straße. Hier gibt es zwischen Albert-Schweitzer-Straße und Ahornring noch welche zu bewundern – hübsch in frisches Grün eingebettet. Tipp: Schauen Sie hinter den als Sichtschutz vor den 30er-Schildern gepflanzten Bäumen nicht in Richtung Boden (da hocken nur Pokémon-Go-Mönsterchen), sondern leicht nach oben. Und voilà: Hinter den Ahornblättern sehen Sie es gelb und weiß schimmern.
Eine Frage der Zeit, bis es kracht
Der Schilderwald von Kaufering ist legendär, vor allem wegen der unkonventionellen Stellen, an denen die Marktgemeinde die Pfosten in den Boden rammt. Jetzt wird er gelichtet – aber Wie…
Tempo-30-Schilder stehen in unserer Gemeinde, Verzeihung: Marktgemeinde, traditionell unmittelbar vor Kreuzungen und Einmündungen, damit Fahrer einbiegender Autos sie nicht sehen. Man fand sie bevorzugt an übersichtlichen Durchgangsstraßen, während in schmalen, gehsteiglosen Nebenstraßen oft Tempo 50 zulässig war – sogar in meiner Straße, die in den Achtzigern eigentlich als Spielstraße geplant worden war.
Vorfahrtzeichen werden bei uns gerne dezent ins Blattwerk des prächtigen Straßenbegleitgrüns eingeflochten oder hinter Stämmen postiert, sprich: Man sieht vor lauter Hecken, Sträuchern, Ahörnern, Kastanien und Kirschbäumen den Schilderwald nicht. In manch ruhigem Wohnviertel konnte man um ganze Häuserblöcke brettern, ohne von einem 30-Schild gemäßigt zu werden, obwohl wenige Meter weiter vorn und hinten in den jeweiligen Straßen durchaus der Wille des Rates Ausdruck fand, den gemeinen Kraftfahrer mittels des Streckenverbotszeichens 274 zum Entlasten seines Bleifußes anzuhalten. Damit war Kaufering ein Lehrbuchbeispiel für die unmotivierte Anwendung einer Gesetzeslücke, die Fahrlehrer so beschreiben: „Eine Frage der Zeit, bis es kracht“ weiterlesen
Internet der Wunderdinge
„Wissen“ nennt sich die Rubrik der Süddeutschen Zeitung, in der es um Forschung und Innovation geht. An diesem Donnerstag widmet sich der Seitenaufmacher dem „digitalen Dorf“, also einem Widerspruch in sich. In Deutschland ist das Dorf der Ort, an dem Digitalisierung am aufwendigsten und damit am unwahrscheinlichsten ist. In dörflich strukturierten Regionen lohnt sich der Ausbau der Infrastruktur oft weder für Festnetz- noch für Mobilfunkbetreiber. Der Autor der Wissensseite lässt erkennen, dass er das eigentlich auch weiß. Dennoch schreibt er ausführlich über die nette Utopie des digitalisierten Dorfs – über Wunschdenken von Wissenschaftlern und Technokraten. Dieses kulminiert im letzten Absatz:
„Heute nutzen weltweit drei Milliarden Menschen das Internet. Für das Internet der Dinge rechnen Experten aber mit 50 Milliarden Gegenständen, die Daten ins Netz schicken werden“, sagt Trapp. Auch in der smarten Stadt könnte die Internet-Bandbreite dann knapp werden.
Das ist leider grober Unfug, und das nicht nur, weil für viele meiner Kollegen jeder als Experte durchgeht, der solche steilen Prognosen nach der Formel Pi mal Kristallkugel abgibt. (Selbst wenn eines Tages 50 Milliarden Gegenstände online sein sollten: Die allermeisten werden nur innerhalb des Hauses kommunizieren und nicht Daten „ins Netz schicken“, weil es dafür keinen sinnvollen Business Case gibt und es kein Normalverbraucher will.) „Internet der Wunderdinge“ weiterlesen
Lidl kuscht vor Berliner Testessern
Es gibt nicht viele Gründe, bei Lidl einzukaufen. Einer davon: Man hat wenig Zeit, es regnet in Strömen und Lidl ist der nächstgelegene Supermarkt, der Bio-Bananen oder Batterien führt. Alles in allem verströmen die Filialen aber eine Atmosphäre, die Fluchtreflexe auslöst, wozu einerseits die Einrichtung, Beleuchtung und Farbgestaltung beitragen, andererseits die dilettantisch gedichteten Hausmarken.
Der noch vor den als „J.D.Gross“ getarnten „Rausch-Plantagen“-Schokoladen wichtigste Grund, seine Hemmungen ab und an zu überwinden, war bis dato die Premium-Schokoladen-Eiskrem der Haus- und Holper-Marke Gelatelli, die von DMK, einem führenden White-Label-Lieferanten, hergestellt wurde. Wenn man schon eine perverse Sucht nach Industrie-Eis verspürte, war dieses Produkt teuren Markenerzeugnissen von Unilever und Nestlé überlegen. So kam sein Fett noch aus dem Euter und nicht aus tropischen Plantagen, „Lidl kuscht vor Berliner Testessern“ weiterlesen
Wie arbeiten eigentlich Anzeigenblatt-Redaktionen?
Als ich vor langer Zeit meinen Beruf erlernte, gab es ein schönes Wort für die lästige Pflicht der bürgernahen Berichterstattung über die kleinen, unspektakulären Ereignisse aus der Lebenswelt der Bürger: Leser-Blatt-Bindung. Die Abonnenten liebten ihre Zeitung auch deshalb, weil sie darin Menschen fanden, die sie kannten – und dann und wann sich selbst. Als Lokaljournalist klapperte man die Termine der Vereine oder Kirchenchöre ab, knipste ein Bild und schrieb ein paar Zeilen für ein lausiges Honorar. Dann erfanden die Verleger das kostenlose Anzeigenblatt – und damit überhaupt jemand die Werbezeitungen durchblätterte, verfrachteten sie die kleinen Fotos und Meldungen zwischen deren Inserate. Da aber die Zeitungsverleger seit der Erfindung des Internets zu bettelarmen Menschen geworden sind, die sich keine Dienstboten mehr leisten können, schickten sie eines Tages keine Reporter mehr vorbei, sondern boten den Vereinen an, die Texte doch gleich selbst zu schreiben und die Fotos selbst zu schießen. So kam immer mehr User Generated Content aufs Papier.
Dass selbst in einem Anzeigenblatt eigentlich nicht ausschließlich PR den redaktionellen Teil füllen sollte: geschenkt. Daran stirbt die Leser-Blatt-Bindung nicht, und immerhin sind dann alle Namen richtig geschrieben und stehen an der richtigen Stelle. Dennoch frage ich mich inzwischen, was die Pressebeauftragten von Vereinen, Feuerwehren oder Chören denn noch alles leisten müssen, damit die Redaktion keine Fehler hineinbringt – und sei es „nur“ bei der Person des Fotografen. In Landsberg am Lech, so meine Erfahrung, kann man zum Beispiel gar nichts auf den Namen geben, der hinter „Text:“ oder „Foto:“ steht. Hier steht zum Beispiel „FKN“. Keine Ahnung, wer das sein soll, aber er oder sie hat weder den Text geschrieben noch das Foto gemacht. „Wie arbeiten eigentlich Anzeigenblatt-Redaktionen?“ weiterlesen