Eine Laudatio, wie man sie gern gehört hätte…

…hält Annette Ramelsberger in der heutigen SZ (offline, Leute-Seite im Bayernmünchenteil, S. 38 der Bayern-Ausgabe) auf die scheidende BJV-Geschäftsführerin Frauke Ancker.

Die Kollegin hatte sich am Montag den Redemarathon am Salvatorplatz angetan – und war von den Festrednern und -rednerinnen, wie sie in ihre eigene Girlande einflicht, heftig enttäuscht:

Der BJV-Vorsitzende Wolfgang Stöckel rief ihr nach, sie sei "preußisch", "manchmal unbequem" und "von entwaffnender Direktheit" gewesen. So richtig innig hörte sich das nicht an.

Man hätte ihr einen inspirierteren Abschied gewünscht. Nicht vier Pflichtreden. Nicht vier Funktionäre, die immer wieder das Gleiche sagen…

Man hätte ihr eine Veranstaltung gegönnt, die nicht den Charme eines Kleingärtner-Vereinsabends versprühte, bei der auch noch der letzte Würdenträger begrüßt wurde…

Unter Frauke Ancker ist der immer ein wenig bräsig daherkommende Verband eine schlagkräftige Kampforganisation geworden. Ob er das auch nach ihr bleibt, ist eine ganz andere Frage.

Diese Frage stellen sich einige im Verband in der Tat schon länger.

Um Himmels Willen: Ancker geht von Bord!

Wer den Namen Ancker trägt, kann sich vor Wortspielen kaum retten, vor allem wenn er/sie soviel mit uns, nun ja, Kreativen zu hat wie Frauke Ancker. Die langjährige Geschäftsführerin des Bayerischen Journalisten-Verbandes hat die Einfälle „ihrer“ Journalisten immer gut ertragen – egal, ob jemand, dem etwas nicht passte, vor Ancker ging oder ein Scherzkeks drohte, Ancker zu werfen. Ab August ist die Geschäftsstelle des BJV kein Anckerplatz mehr: Nach 35 Jahren legt die Oberbayerin mit niederländischem Migrationshintergrund ab und steuert in Richtung Privatleben.

Das Ancker-Lichten zelebrierte der Verband mit einem Empfang vor großer Kulisse, nämlich den Panoramafenstern im 3. Stock des Literaturhauses München, die der Theatinerkirche zugewandt sind. ARD-Zuschauern ist der Anblick auf das gelbe Gotteshaus vertraut: Die Location dient der TV-Produktionsfirma ndF seit Jahren als Set für Szenen im Büro der erzkatholischen Spekulantin und Fußballnärrin Dr. Dr. Elisabeth Reuter (Rosel Zech), Schwester Oberin des Ordens, dem das marode Kloster von Kaltenthal gehört, einer Kreisstadt, die wie Landshut aussieht und von der Amigo-Bürgermeister-Karikatur Wolfgang Wöller (Fritz Wepper) regiert wird.

Um Himmels Willen!, stoßseufzen passenderweise nun viele Weggefährten von Frauke Ancker, für die diese Frau nicht weniger war als der personifizierte BJV, quasi die Schwester Hanna der bayerischen Journalisten. „Um Himmels Willen: Ancker geht von Bord!“ weiterlesen

Das, äh, die Grauen im Bayerischen Rundfunkrat

"In Bayern scheinen die Uhren immer noch anders zu gehen als im Rest der Republik."

"Amtsmüde Parteisprecher aller Couleurs dürfen sich jetzt wieder Hoffnungen machen, dass sie eines Tages mit lukrativen Posten bei öffentlich-rechtlichen Sendern belohnt werden."

epd

Der aktuelle BJVreport befasst sich mit dem bevorstehenden Wechsel von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm auf den Intendantenposten beim BR und auch mit der Rolle von Dr. Wolfgang Stöckel, dem 1. Vorsitzenden des BJV und stellvertretenden Vorsitzenden des Fernsehausschusses im Rundfunkrat. Einige Informationen daraus sind durchaus diskussionswürdig. Immerhin brachte Stöckel…

"Im BR-Rundfunkrat hätten die unabhängigen Mitglieder gar keine Chance, einen Kandidaten durchzusetzen, der nicht CSU-nah sei, sagte Rundfunkratsmitglied Wolfgang Stöckel dem epd."

epd

…etwas Transparenz in die Funktionsweise bayerischer Hinterzimmerdiplomatie. Der Redakteurin offenbarte er, im Rundfunkrat Mitglied eines Zirkels um den emeritierten Professor Hans Georg Lößl gewesen zu sein, der am Rosenmontag (also am 15. Februar 2010) im Münchner Bahnhofshotel seinen Favoriten Wilhelm beschnuppert (und dann dessen Wahl forciert) habe. „Das, äh, die Grauen im Bayerischen Rundfunkrat“ weiterlesen

BILD putzt Ihre Zähne

Lieber Mathias Döpfner,

Ihre Axel Springer AG ist für das Volk, was Ferrero für Kinder ist. Oder vielmehr umgekehrt, ich bin schon ganz durcheinander. Das Volk ist für Springer, was kinder für Ferrero sind – Marke und Zielgruppe in einem. Wer kinder liest, kleingeschrieben mit schwarzem k und rotem inder , weiß, dass er es mit dem nutella -Fabrikanten zu tun hat. Wer Volks- liest, mit weißem Volk auf rotem Grund, also BILD-Logo-mäßig koloriert, der weiß, dass Ihre Leute die Finger drin haben. Die Volks-Produkte seien Ervolks „Erfolgsgaranten“, heißt es auf der Springer-Website. Gemeint ist nicht der Erfolg der Leser, versteht sich, sondern jener der Werbekunden.

Nach Volks-Arznei, -Bibel, -Computer, -DSL, -Empfänger -Laufschuh und -Wagen -T-Shirt bringen SIe jetzt also die Volks-Zahnbürste unter dasselbe. Leider stiften Sie dabei gemeinsam mit Ihrem Werbepartner ordentlich Verwirrung.

Da kaufe ich also gestern beim Elektrohändler meines Vertrauens eine Packung Aufsteckbürsten Typ „Precision Clean“ für meinen Elektroantrieb der Marke „Braun Oral B Professional Care“ aus dem Hause Gillette. Weil der Laden keinen Achter- oder Doppelviererpack anbietet, entscheide ich mich — Zahlenfüchse aufgepasst! — für eine „volksgünstige“ 7+1-Packung zum Preis von etwa 1,6 Exemplaren der üblichen (volksungünstigen?) 4+1-Packs.

Und was steht drauf?

„Empfohlen von der Volks-Zahnbürste“

Verschärftes Nachdenken fördert folgende Erkenntnisse zu Tage:

1. Die Bürsten, die ich gekauft habe, sind gar keine Volks-Zahnbürsten, „BILD putzt Ihre Zähne“ weiterlesen

Der Antimaterie-Prantl – oder: Staatsfunk in Bayern

Wenn man als Student und Jungjournalist die Auseinandersetzungen um den Straußschen Einfluss auf den Bayerischen Rundfunk miterlebt hat, kommt man sich heute vor wie im falschen Fernseh-Film: Offenbar ist es ausgemachte Sache, dass der schrecklich nette Uli Wilhelm Intendant des BR wird, doch niemand in der Medienszene regt sich angemessen auf. Selbst die Süddeutsche Zeitung und die taz ließen Kollegen schreiben, die ihre sachte Kritik an der Personalie in Samt verpackten.

Ist es denn anno 2010 kein Skandal mehr, wenn ein Berlinerisch-Münchnerischer Machtklüngel kalt lächelnd beschließt, dass der Regierungssprecher (!), der Sprecher der Bundeskanzlerin (!), der frühere Sprecher und langjährige Vertraute von Edmund Stoiber (!), den Reportern, Redakteuren, Korrespondenten des Bayerischen Rundfunks als oberster Dienstherr vor die Nase gesetzt wird? Ist es normal, dass praktisch der gesamte Rundfunkrat belämmert stille schweigt, statt öffentlich die Farce eine Farce zu schimpfen?

Wenn der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in einer Vorstandssitzung seiner Partei über einen sagt: „Mit dem haben wir in Bayern noch Großes vor“, kann es sich nur um eine Personalie besonderer Art handeln. „Das „große Vorhaben“ wäre, so eine Nachfrage unserer Redaktion, die Position des Intendanten des Bayerischen Rundfunks (BR).“

Scoop von „rup“ in der Augsburger Allgemeinen vom 27.1.2010

Nein, der freundliche CSU-Karrierist Wilhelm kann nicht Intendant werden, jedenfalls nicht auf dem Boden der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung, solange das Verfassungsgericht den Funkanstalten Staatsferne gebietet „Der Antimaterie-Prantl – oder: Staatsfunk in Bayern“ weiterlesen