Apples Schandtaten wichtiger als die Assads

Die mildernden Umstände zuerst: Der Mantelteil der Osterausgabe der Süddeutschen Zeitung mit Triple-Datum „23./24./25. April 2011“ wurde von der am Karfreitag diensthabenden Stallwache produziert. Der Großteil der Redaktion dürfte frei gehabt haben, denn die Feiertagszuschläge zahlt ein Verleger nicht an mehr Mitarbeiter als unbedingt nötig.

Diejenigen, die Dienst schoben, fanden die bereits am Gründonnerstag eingelaufene Nachricht, dass das iPhone die für Location-based Marketing benötigten GPS-Daten auf fragwürdige Weise speichert, noch aktuell und wichtig genug, um sie den Abonnenten am Karsamstag als Seite-1-Aufmacher vorzusetzen:

„Apple entsetzt weltweit seine Kunden“

Kühne Behauptung auf S. 1 der Oster-SZ. War denn am Karfreitag nichts Empörenderes passiert auf der Welt?

Die vom Freitag stammende Nachricht, dass der syrische Diktator Baschar al-Assad Demonstranten hat massakrieren lassen, schoben sie unter den Bruch (das ist die Stelle, an der die Zeitung gefaltet ist). „Apples Schandtaten wichtiger als die Assads“ weiterlesen

Content-Allianz ohne Autoren

Die Politik müsse den Wert medialer Inhalte erkennen, fordert laut Kress die Deutsche Content Allianz, ein Bündnis aus VPRT, ARD, ZDF, BVMI, GEMA, SPIO, Produzentenallianz und Börsenverein. In einer gemeinsamen Erklärung ist auch von „Urheber- und Leistungsschutzrechten“ die Rede. Wenn ich die GEMA mal ausklammere, weil sie Komponisten und Texter als Mitglieder hat, sehe ich in diesem Club weit und breit keine Mitgliedsorganisation, die für sich in Anspruch nehmen könnte, die Interessen der Kreativen und insbesondere der Journalisten zu vertreten. Der DJV-Bundesvorstand sowie die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sind zwar wohl gefragt worden, ob sie mitmachen; die Gremien haben aber noch nicht entschieden. Die VG Wort ist nicht einmal gefragt worden. Dennoch gehen die Initiatoren schon an die Öffentlichkeit und reden in unserem Namen. Diese Abgehobenheit nehme ich Monika Piel, Markus Schächter und Jürgen Doetz wirklich übel. Sie wissen eigentlich um die Bedeutung der Urheber.

dieredaktion.de? Welche Redaktion?

Als „Journalismus-Börse“ stellt sich neuerdings ein Web-Portal der Deutschen Post dar, das unter der Marke „Die Redaktion“ firmiert.

Vergleichbare Textportale hat es schon viele gegeben, viele sind verschwunden, ein paar fristen ein Dasein in der Nähe der Bedeutungslosigkeit.

Neu an diesem Angebot ist, dass ein Konzern der Betreiber ist und als Partner ein Großverlag (Axel Springer AG) sowie ein Berufsverband (DJV) mit im Boot sitzen.

Viele Kollegen fragen schon lange, warum es keine vernünftige Textvermarktungsplattform gibt. Manche glauben, das Post-Portal könnte das endlich sein. Im Jonet habe ich mal aufgedröselt, warum ich gar nicht so begeistert bin. „dieredaktion.de? Welche Redaktion?“ weiterlesen

Leistungsschutzrecht? Gefällt wohl niemandem.

Meldung aus dem na-Presseportal

Vor genau einer Woche hat der Zeitungsverlegerverband zum Abschluss der Münchner Medientage Google wegen Äußerungen zum Leistungsschutzrecht attackiert – per Pressemitteilung, die auch über „news aktuell“ verbreitet wurde, eine Tochter der dpa.

Dort kann die Zielgruppe – Journalisten und andere Menschen, die aus beruflichen Gründen PR-Texte freiwillig lesen – inzwischen ihr Gefallen via Facebook bekunden. Wie man sieht, gab es in dieser Woche niemanden, der fand: „Gefällt mir.“

LaRoches Erben

Der Journalist, Dozent und Blogger Christian Jakubetz hat Großes vor: Er will im Grassroots-Verfahren ein Lehrbuch für angehende Journalismus produzieren, das in die Zeit passt. So ein Werk fehlt tatsächlich: Walther von LaRoche ist tot, seine „Einführung in den praktischen Journalismus“ antiquiert. Da sonst niemand die Lücke schließt, rafft sich der Kollege aus Niederbayern auf – einer muss es ja tun. Oder eben nicht einer allein, sondern ein virtuelles Team. Einen Verlag, sagt er, braucht man heute nicht mehr dazu.

Ob sich der Idealismus auszahlt? Erste Gedanken dazu habe ich bei Bluelectric gepostet.