Das Recht an der eigenen Pose

Konrad R.(ufus) Müller, bekannter Polit-Fotografen-Divus (oder wie heißt eine männliche Diva in korrektem Latein?) regt sich darüber auf, dass der Focus seine Titelseite zur Story „Kohls Sohn“ nicht mit einem Kohl-Porträt von ihm, sondern einem ähnlichen – ich würde sagen: besseren – Schwarzweißschuss seines Kollegen Daniel Biskup geschmückt hat. Müller reklamiert, wenn ich die Nachricht richtig verstanden habe, für sich die Exklusivrechte an Kohls Pose. Laut SZ fordert er – inklusiver Verletzerzuschlag – 20.000 Euro vom Focus und will auch Biskup verklagen. Solche Klagen kennt man eigentlich nur von Fällen, in denen ein Werk des Klägers unerlaubt gedruckt wurde. Das Werk stammt aber unstrittig von Biskup. Der beteuert, den Kanzler nicht in eine Pose dirigiert zu haben: „Kohl saß einfach so da.“ Was natürlich nicht ausschließt, dass der CDU-Mann zuvor von Müller gelernt haben könnte, wie man so posiert, dass es den Fotografen gefällt.

Man könnte seitenlang darüber philosophieren, was es hieße, wenn Müller Recht bekäme. Kurzfassung: Jeder Fotograf müsste bei jedem Motiv vorher prüfen, ob eventuell irgendein Kollege schon mal ein Bild veröffentlicht hat, für das er bei ähnlichem Licht einen ähnlichen Ausschnitt gewählt hatte.

Ich erlaube mir nur kurz die Anmerkung, dass sich Biskup und Müller kennen. Die beiden haben nicht nur parallel Helmut Kohls Kanzlerschaft fotografisch dokumentiert, die zwei „Fotografen-Legenden“ haben ihre besten Werke aus dieser Zeit sogar gemeinsam im Heyne-Verlag publiziert – in einem Doppel-Bildband. Es wäre aber reine Spekulation, anzunehmen, dass der Kläger seinen Rivalen Kollegen für weniger legendär hält als sich selbst und ihm daher nicht gönnt, an dem Bücher-Schuber mitzuverdienen, der sich selbstredend vor allem aufgrund des zugkräftigen Namens Konrad R. Müller verkauft.

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