Wolfgang Schäuble könnte – und sollte – vom Chaos Computer Club noch sehr viel lernen.
Wolfgong Schäuble würde sicher alles geben für eine Apparatur, die durch Gehirnwellenscans jene kranken Köpfe erkennbar macht, denen wir unsere Terrorparanoia verdanken. Ersatzweise möchte unser aller Innenminister nun via Online-Durchsuchung zumindest die Elektronengehirne anzapfen, denen moderne Bad Guys ihre Geheimnisse anzuvertrauen pflegen. Als Doktor der Rechtswissenschaften hat man schließlich eine präzise Vorstellung von der Leistungsfähigkeit der Gangster-Tools: Kein Kraut ist gegen Spyware gewachsen, die User sind dem Phishing hilflos ausgeliefert. Darum braucht man den Spieß nur umzudrehen und erfährt alles, was man wissen will, über Leute, die man ausweislich der hoffentlich bald vorratsgespeicherten Verbindungsdaten für gefährlich hält.
Auf solche Ideen kann natürlich nur jemand kommen, der ein rundum assistentengestütztes Leben führt, sich seine E-Mails vom persönlichen Referenten ausmisten und die Essenz als Ausdruck mit Bearbeiterstempel vorlegen lässt. Meinen Vorratsdaten etwa müssten Fahnder entnehmen, ich sei ein guter Kunde einer gewissen Fifth Third Bank, erhalte ich von ihr doch immerhin 2000 Mails pro Jahr. Und bin ich nicht als Schläfer suspekt, wenn mir Leute mit Tarnnamen wie Dorothy C. Caricaturists, Mendacity G. Caliphs oder Ignore D. Politicians kryptische Botschaften senden? Viel Spaß beim Sichten, liebes BKA: Wenn ihr es schafft, den ganzen Spam wegzufiltern, leite ich meine Mails freiwillig über Wiesbaden um!
Wenn Sie mich fragen, Minister Phisher … pardon, Schäuble: Machen Sie sich am besten erst einmal beim Chaos Computer Club kundig, wahlweise beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Die Leute dort wissen, was auch Sie wissen sollten, bevor Sie an der StPO herumdoktern: Wer wirklich erfahren will, was auf der Festplatte liegt, muss die Hardware beschlagnahmen – denn Malware und Phishing wirken bekanntlich nur beim Dümmsten Anzunehmenden User. Terroristen zeichnen sich aber leider nur selten durch Gutgläubigkeit und technischen Dilettantismus aus.
Erschreckend naiv ist eher, wer ernsthaft glaubt, ihnen so beikommen zu können.
Aus der Technology Review 3/2007, Kolumne FROITZELEIEN
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