Wenn wir immer so denken wie beim Staubsaugerkaufen, ist das Weltklima nicht mehr zu retten.
Neulich fand ich einen interessanten Prospekt vom Großmarkt in der Post. Interessant nicht etwa deshalb, weil das Hausgeräteheft meine Kauflust stimuliert hätte. Im Gegenteil. Nach der Lektüre war ich heilfroh, dass der 25 Jahre alte Staubsauger „Tiger 250“, den uns Oma vor Jahren überlassen hat, immer noch prächtig funktioniert.
Müssten wir ihn ersetzen, käme ich schwer ins Grübeln, ob es für mein Umweltgewissen und das Weltklima nicht besser wäre, die Teppichböden rauszureißen und die Bodenpflege auf traditionellen Muskelbetrieb umzustellen. Händler und Hersteller übertrumpfen einander nämlich mit eskalierenden Leistungs-, ergo Verbrauchsdaten. Mir leuchtet ja ein, dass eine Glühbirne umso heller strahlt, je mehr Watt sie hat. Aber saugt denn ein 2,1-Kilowatt-Gerät dreimal so schnell wie Omas Oldie mit seinen ökosympathischen 700 (!) Watt? Erzeugen die Sumo-Sauger einen solchen Sog, dass man sie nur in die Mitte des Raums stellen muss, und sie sacken ratzfatz sämtliche Fusseln, Krümel, Spinnweben und Haare im Umkreis von drei Metern ein? Das wäre das Mindeste, was man von derlei Powertools erwarten darf! Immerhin verheizen sie mehr Energie als ein Dampfbügeleisen auf Anschlag oder ein Ölradiator, der den ganzen Partykeller wärmt.
Leider deutet alles darauf hin, dass die PS-Inflation bei den Teppichbodenboliden kein Indiz für Innovation ist, sondern nur ein Versuch, in einem übersättigten Markt künstlich Nachfrage zu schaffen. Mangels origineller Ideen, wie sich der Wirkungsgrad bei sinkendem Stromverbrauch steigern ließe, appelliert die Branche an niederste Instinkte männlicher Käufer.
Selbst Unternehmen, die wissen, wie man sparsame Turbinen baut, scheinen mittlerweile vom Trend infiziert: Jene Herren, die mit dem neuesten Tiger hausieren gehen, verweisen gern auf dessen moderneren – natürlich wattstärkeren – Motor. Nach dieser Viel-hilft-viel-Logik könnte ich für den S-Klasse-Preis dieses Premiumprodukts allerdings mindestens sieben Kilowatt verlangen. Nein, ganz ehrlich: Da investiere ich doch lieber in einen dieser akkubetriebenen Ultraleichtbau-Elektrobesen. Die sehen zwar nach nichts aus, verbrauchen aber lächerlich wenig Energie und kosten gerade einmal 40 Euro. Dann bleibt der alte Tiger öfter mal im Schrank.
Aus der Technology Review 4/2007, Kolumne FROITZELEIEN
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