Mit gutem Beispiel voran

Einst half Michael Kölsch im Autrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das öffentliche Bewusstsein für die Infektionskrankheit AIDS zu schärfen. Als Kommunikationschef des Impfstoff-Spezialisten Sanofi Pasteur MSD tut er im Grunde nichts anderes.

Journalisten, die seine Glaubwürdigkeit testen wollen, begegnet Michael Kölsch mit entwaffnender Offenheit. »Gegen Gelbfieber und Tollwut bin ich nicht geimpft«, gesteht ihnen der Sprecher des Impfstoff-Herstellers. Wem die kurze Aufzählung dessen, wogegen er sich (noch) nicht hat immunisieren lassen, nicht genügt, dem zeigt Kölsch bereitwillig seinen Impfausweis – eine beeindruckende Sammlung von Stempeln, die belegen, dass der gelernte Journalist sich gegen zwei Sorten Hepatitis gewappnet hat, gegen Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken, gegen Kinderlähmung, Tetanus sowie Diphtherie und Lungenentzündung durch Pneumokokken sowie (»natürlich jährlich«) gegen Grippe. Ganz abgesehen davon, dass es peinlich wäre, läge ausgerechnet er mit echter Influenza im Bett: Michael Kölsch könnte seinen Job nicht machen, wenn er nicht völlig davon überzeugt wäre, dass Impfungen objektiv der beste Weg sind, das Immunsystem fit zu machen gegen bedrohliche Krankheitserreger. Der betont rationale Umgang mit diesem Thema, mit dem er sich nun schon neun Jahre hauptberuflich befasst, entspricht seinem Verständnis von journalistischer Professionalität.

Ein missionarischer Eiferer wäre wohl auch fehl am Platze in einer Branche, die seit Jahren ähnlich emotionsgeladene Debatten erlebt wie sonst nur die Mobilfunkindustrie. So reicht das Meinungsspektrum in Deutschland von jenen, die der angeblich »impfmüden« Bevölkerung am liebsten Zwangsimpfungen gegen alles potenziell Ansteckende verabreichen würden, über Eltern, die zum blanken Entsetzen der Kinderärzte ihre Sprösslinge auf Masernpartys schicken, um sie auf vermeintlich naturnahe Weise Antikörper entwickeln zu lassen, bis hin zu Verschwörungstheoretikern, die allen Ernstes behaupten, es gebe überhaupt keine Viren.

Als Pragmatiker verschwendet Kölsch keine Energie auf einen kommunikativen Kampf mit Menschen, die einem Angestellten der Pharmaindustrie nicht einmal glauben würden, dass seine Hand nur fünf Finger hat. »Für uns ist es wichtig zu wissen, über welche Themen in bestimmten Internetforen gerade gesprochen wird«, sagt der PR-Experte, »deren Wirkung ist aber nicht so groß, dass wir darauf unbedingt reagieren müssten.« Auch ein medizinischer Laie sei in der Lage zu erkennen, was an den Argumentationen nicht stimmig sei: »Wenn die Wand weiß gestrichen ist, kann ich nicht sagen, sie sei grün. «

Informationen ohne Zeitverzug

Viel mehr als das berechenbar negative Feedback aus diesen Foren interessiert Kölsch die meist positive Resonanz aus professionellen Medien. Mit Hilfe von Cision hält sich der Kommunikationschef der Leimener Firma auf dem Laufenden über alles, was in relevanten deutschsprachigen sowie ausgewählten internationalen Print- und Online-Medien über Infektions- krankheiten oder die Impfstoffbranche erscheint. Im Mittelpunkt steht für ihn dabei ein moderner Klassiker: »Es hört sich vielleicht banal an, aber ganz wichtig für uns ist der tägliche Pressespiegel. «

Der kommt natürlich elektronisch ins Haus. Spätestens bis zehn Uhr morgens haben Kölsch und sein Team Zugriff auf einen RSS-Feed mit den Schlagzeilen des Tages. Per Mausklick können sie sich die Texte als PDF-Dokument anzeigen lassen und ins Intranet der »German Region« von Sanofi Pasteur MSD einspeisen – dazu gehören Deutschland, Österreich und die Schweiz. Da auch die Regionalpresse ausgewertet wird, bekommen es die Außendienst-Mitarbeiter ohne Zeitverzug mit, wenn in ihrem Revier oder angrenzenden Landstrichen über eine Häufung von FSME- oder Maserninfektionen berichtet wird.

Radar für Kampagnen

Ließe sich schon die Routinearbeit rund um Grippe und Masern nach Ansicht von Michael Kölsch ohne die Unterstützung professioneller Evaluationsdienstleister nicht systematisch planen und dokumentieren, kam im vorigen Jahr noch ein Aufsehen erregendes Thema hinzu: Sanofi Pasteur MSD, ein Gemeinschaftsunternehmen der französischen Firmengruppe Sanofi-Aventis und des US-Pharmariesen MSD (Merck, Sharpe & Dohme), erhielt die Zulassung für einen Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs – oder, medizinisch korrekt, gegen zwei besonders aggressive Virustypen des Humanen Papillomvirus (HPV), die als Hauptverursacher des Zervixkarzinoms gelten.

Auf Grund gesetzlicher Restriktionen dürfen die Öffentlichkeitsarbeiter zwar keine klassische Produkt-PR für den Impfstoff fahren. Doch eine »nette Fügung« (Kölsch) sorgte dafür, dass die verschiedenen Beteiligten im Abstand von einigen Wochen etwas zum Thema mitzuteilen hatten: Zuerst wurde Gardasil zugelassen. Dann verkündete die Techniker-Krankenkasse schon vor dem definitiven Votum der Ständigen Impfkommission (STIKO), sie werde die Kosten für die Impfung der Teenager übernehmen. Bald zog die AOK nach. Schließlich erteilte die STIKO die erhoffte Empfehlung. Derzeit richten die Medienanalysten von Cision ihren Radar auf die Awareness-Kampagne, mit der Sanofi Pasteur MSD in Kooperation mit Ärzteverbänden und der Deutschen Krebsgesellschaft bekannt macht, dass sich junge Frauen jetzt vor der Krankheit schützen können.

Die Analysen sind für Michael Kölsch das ideale Instrument, um der Geschäftsleitung den Erfolg der Kommunikationsarbeit auch qualitativ nachzuweisen. »Nur die Reichweiten zu kennen, reicht mir nicht«, sagt der PR-Chef, »die Zeit der Fliegenbeinzählerei ist vorbei. « Wichtiger als die Zahl der Meldungen oder der Anteil der positiven Nennungen sei, in welchem Medium ein Text erscheine. Und da habe ein Aufmacher in der Bild-Zeitung mit dem Foto des Professors, der die Frauen vor Krebs schützen will, doch mehr Relevanz als eine Erwähnung in der Kreiszeitung: »Bei einem Pressegespräch sind mir vier Journalisten, die zuhören und Fragen stellen, lieber als fünfzig, die nur den Saal füllen und nichts aus dem Thema machen.«

Er finde es gut, wenn Dinge hinterfragt werden, sagt Kölsch, der seinen journalistischen Background weder verleugnen kann noch will. »Das macht die Kommunikationsarbeit spannend. Jeder soll sich seine Meinung bilden, die Informationen sollten aber fundiert sein.« Darum werde man eines garantiert nie lesen: dass bei Sanofi Pasteur MSD niemand bereit gewesen sei, zu einer Anfrage Stellung zu nehmen.

Aus “Profile”, dem Kundenmagazin der Cision Deutschland GmbH; Ausgabe 01 • 2007

 

 

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