Vergesst das BGE – endlich!

Diesen Text schreibe ich zum Verlinken – wenn mal wieder auf Twitter fürs Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) getrommelt wird.

1. Die große Lebenslüge der GE-Freunde ist das B am Anfang. Ein Grundeinkommen kann niemals bedigungslos ausgezahlt werden. Sobald es an eine Staatsbürgerschaft, Herkunft oder auch nur den Aufenthalt in einem Land gekoppelt wird, ist es nicht mehr bedingungslos. Ein BGE muss unbürokratisch an mehr als sieben Milliarden Menschen ausgeschüttet werden, sonst ist der Name unwahr und verlogen. Die utopische Voraussetzung wäre demnach, dass alle Staaten der Erde mitmachen und ungeachtet aller Unterschiede in Kaufkraft und volkswirtschaftlicher Leistungsfähigkeit allen die gleiche Summe bezahlen.

2. Über ein bedingtes Grundeinkommen (praktischerweise hätte es die gleiche Abkürzung) kann man reden. Dann muss man aber auch darüber reden, wie man einen gesellschaftlichen Konsens darüber herstellen will. Ein solches BGE wäre damit verbunden, dass so gut wie alle anderen Sozial- und Transferleistungen ersetzt oder in einem Instrument konsolidiert, de facto also abgeschafft würden.

3. Ein Grundeinkommen wäre schon dann nicht mehr bedingungslos, wenn es für Kinder nicht gleich hoch wäre wie für Jugendliche, für Singles nicht gleich hoch wie für Paare oder Familien. Es einheitliches GE wäre ein sozialpolitisches Steuerungsinstrument, das einen Anreiz böte, viele Kinder zu bekommen. Das gilt zwar angesichts der Überalterung der Bevölkerung als wünschenswert, aber eben nur solange die Sozialkassen damit Einzahler gewinnen und keine zusätzlichen Leistungsbezieher.

4. Die Erfahrung aus den letzten Jahren lehrt, dass ein GE vor allem von denen gefordert wird, die für sich möglichst viel für lau herausschlagen wollen: Künstler und Kreative wie Komponisten, Fotografen, Journalisten, Filmschaffende und Schriftsteller sollen gefälligst von der Grundsicherung leben, sich also mit dem Existenzminimum begnügen, damit die Mehrheit der Bevölkerung ihre Werke kostenlos genießen und mit der Welt teilen kann. Dahinter steckt eine Hybris, eine sehr unsympathische Arroganz von Leuten, die sich für die Oberklasse einer Zweiklassengesellschaft halten. Sie selbst wollen natürlich weiter arbeiten, um zusätzlich zum Grundeinkommen ein Gehalt zu beziehen (das natürlich etwas niedriger ausfiele als heute), während sie den Künstlern das Zusatzeinkommen nicht zugestehen, es sei denn, diese ackerten wie blöde in ihrer Freizeit dafür. Künstler müssten auf jeden Fall mehr arbeiten für – unter dem Strich – weniger Geld.

5. Da sich die Bessergestellten, die zusätzlich zum GE einen gut bezahlten Job hätten, keine Gedanken mehr um die vermeintlich gut abgesicherten Nicht-Erwerbstätigen machen müssten, würde die Gesellschaft nicht etwa solidarischer. In Wirklichkeit würde sie weiter gespalten. Die Ghettoisierung würde sich fortsetzen oder steigern: Hier die billigen Quartiere für GE-Bezieher, die ja keine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr mehr bräuchten, weil sie nicht zum Arbeitsplatz pendeln müssten, dort die gentrifizierten Luxusquartiere für den privilegierten Teil der Gesellschaft. Durchbrochen würde diese Zweiteilung allenfalls durch kinderreiche Familien, die sich durch die Kumulierung von GEs bessere Wohnungen auch ohne Arbeit leisten könnten, damit aber den Hass derer auf sich zögen, die sich nur durch (nicht-künstlerische) Arbeit die bessere Wohngegend leisten können.

Kurz gesagt: Selbst wenn ein bedingtes GE finanzierbar wäre, würde es nicht zum sozialen Frieden beitragen.

 

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