Ist das noch mein BJV?

Liebe Kolleginnen und Kollegen im BJV,

die Vorstandsmitglieder wissen es zwar, die meisten Mitglieder wahrscheinlich noch nicht: Der Bayerische Journalistentag 2019 findet ohne mich statt. Am kommenden Samstag, dem 25. Mai, bin ich nicht in Pullach beim BJV, sondern in München im Künstlerhaus bei der VG Wort.

Es ist nicht so, dass ich keine Lust hätte, teilzunehmen. Immerhin bin ich direkt gewähltes Vorstandsmitglied des BJV, für den ich mich in den vergangenen 35 Jahren in diversen Ehrenämtern engagiert habe (plus fünf Jahre als honorierter Blattmacher des BJVreports). Da schwänzt man nicht leichtfertig die Mitgliederversammlung, erst recht keine, auf der Vorstandswahlen und eine drastische Beitragserhöhung anstehen. Dass ich keine Chance habe, meine Stimme für Anne Webert abzugeben, die für den Geschäftsführenden Vorstand kandidiert, schmerzt.

Immerhin kann ich meine Kritik, die eigentlich auf den Journalistentag gehört hätte, auf diesem Weg vorab äußern (und zwar hier). Leicht fällt es mir nicht, das aufzuschreiben statt dass wir miteinander reden. Es ist die Ultima ratio. Ich hätte Euch einiges zu erzählen gehabt, nicht nur über „mein“ Thema Urheberrechte, sondern vor allem darüber, wie wenig man als einfaches Vorstandsmitglied im real existierenden BJV des Jahres 2019 bewegen kann und weshalb unser Verband sehr dringend eine scharfe Kurskorrektur braucht, einschließlich einer Rückbesinnung auf die Tatsache, dass der BJV Teil des DJV ist. Was wir nicht brauchen, ist das „Weiter so“; das Sparen am falschen Ende; die Tendenz, die Grenze vom Föderalismus zum Separatismus überschreiten.

Bis zum selben Tag stehe ich jedoch auch noch als Verwaltungsratsmitglied der VG Wort, bei der am 25. Mai ebenfalls Wahltag ist, in der Verantwortung. 20 Jahre lang habe ich die Interessen der Journalistinnen und Journalisten – sprich: Tausender BJV- und DJV-Mitglieder – in der VG Wort vertreten, davon 16 Jahre im Verwaltungsrat und 12 Jahre in der Arbeitsgruppe METIS. Ich kandidiere nicht mehr, habe allerdings mehr als nur meine Nachfolge geregelt: Um vier frei werdende Sitze bewerben sich drei DJV-Mitglieder und nur ein DJU-Mitglied. Ob sonst noch jemand Ambitionen hat, weiß ich nicht. Die Chancen stehen jedenfalls sehr gut, dass der DJV aus dem Generationswechsel im Team der Berufsgruppe 2 endlich so stark hervorgehen wird, wie es seiner Bedeutung entspricht. Und wenn es gelingt, nehme ich mir die Freiheit, darauf ein bisschen stolz zu sein. Es dürfte klar sein, dass ich bei dieser Wahl nicht fehlen kann.

Die Terminkollision ist nicht der VG Wort anzulasten. Sie geht aufs Konto desselben Geschäftsführenden BJV-Vorstands, der Euren Quartalssbeitrag mal so eben im Zuge der Haushaltsberatung um über 15 Prozent oder 13,50 Euro auf 102 Euro erhöhen will und diesen Plan an die kleinste aller Glocken gehängt hat. Er hat den ursprünglich geplanten Termin mit der Begründung, er müsse an der Saalmiete sparen, um zwei Monate verschoben – von Ende März auf Ende Mai – und es mir so unmöglich gemacht, meine Rechte als BJV-Mitglied wahrzunehmen. Auch die anderen rund 100 BJV-Mitglieder, die zugleich stimmberechtigte Mitglieder der VG Wort sind, werden so unnötigerweise gezwungen, sich zwischen beiden Versammlungen zu entscheiden. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass auf der einen Seite Partizipationsrechte zahlender Mitglieder beschnitten werden, um pro Mitglied einen Betrag von einem bis zwei Euro im Jahr zu sparen, auf der anderen aber der Beitrag um 54 Euro im Jahr erhöht wird. (Hier mehr zum Thema „faire Beiträge nach Leistungsfähigkeit“.)

Es wäre schön, wenn ich den Verantwortlichen wenigstens zugute halten könnte, dass es sich bei meinem faktischen Ausschluss von der MV zumindest während der entscheidenden Tagungsordnungspunkte Haushalt (hier soll die Beitragserhöhung durchgedrückt werden) und Vorstandswahlen um eine entschuldbare einmalige Panne handelte. Das ist leider nicht der Fall. Dass eine Terminkollision mit der VG Wort vermieden werden muss, ist im BJV bekannt, seit ich im Verwaltungsrat sitze. Dennoch passiert es gerade zum vierten Mal in meiner 16-jährigen Amtszeit. Bereits für meine erstmalige Wahl in den Verwaltungsrat musste ich die BJV-Mitgliederversammlung 2003 sausen lassen. Der damaligen Geschäftsführerin Frauke Ancker und dem Vorstand unter Wolfgang Stöckel tat dies aufrichtig Leid, und ab dem folgenden Jahr ging alles gut. Immerhin plant die VG Wort ihre Termine auf mehrere Jahre im voraus; der BJV braucht sich nur zu erkundigen. Anckers Nachfolgerin unterlief das gleiche Versehen 2011 (wieder ein Doppel-Wahljahr) und ein weiteres Mal 2016, also in dem Jahr, als wir bei der VG Wort über die Konsequenzen aus dem BGH-Urteil zur Verlegerbeteiligung diskutieren mussten. Während ich in Berlin saß, verdonnerten die BJV-Mitglieder in Regensburg den Vorstand unter Michael Busch dazu, eine Arbeitsgruppe Zukunft einzusetzen – ein Beschluss, der bis heute nicht umgesetzt wurde. Damals hieß es, die Terminpanne könne sich nicht wiederholen, da die Mitgliederversammlungen ab 2017 bereits im März stattfänden. Die Neuerung hielt genau zwei Jahre.

Übrigens wurde die Rückverschiebung in den Mai vom Geschäftsführenden Vorstand und dem Geschäftsführer ohne Rücksprache mit dem Landesvorstand beschlossen. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt; meine sofortige Intervention blieb erfolglos. Nach meinem Verständnis kann der Vorsitzende eines Berufsverbandes nur der Primus inter pares sein, dem die vereinsrechtliche Verantwortung obliegt, aber nicht der Chef der anderen Vorstandsmitglieder.

Das ist nicht nur eine Stilfrage. Es ist eine Frage des Amtsverständnisses und der gelebten Demokratie: Wenn ehrenamtlich aktiven Mitgliedern die Teilnahme an Wahlen verwehrt wird, ist eine rote Linie überschritten. So hatte ich nach der Ankündigung von Schatzmeister Markus Hack, 2019 nicht zur Wiederwahl anzutreten, halblaut über eine Kandidatur nachgedacht. Hätte ich die Idee nicht bald darauf verworfen, stünde ich jetzt vor dem Problem, dass ich nur in Abwesenheit kandidieren könnte. Die Satzung verbietet das nicht, aber jeder Versuch wäre von vorneherein sinnlos. Wer nicht kommt, kriegt keine Mehrheit, es sei denn, er hat das Amt schon inne und es gibt keinen Gegenkandidaten.

So wird in Pullach vermutlich eine vom Geschäftsführenden Vorstand ausgewählte Kollegin abgenickt; um den Posten reißen sich die Leute ja nicht. Es wäre nicht gut, wenn Markus Hacks Nachfolgerin wieder aus der gewerkschaftlichen Echokammer der Tageszeitungsredakteure käme, aber danach sieht es aus. In der jetzigen Konstellation ist der Geschäftsführende Vorstand alles andere als repräsentativ für die Mitglieder des BJV, und dieser Zustand sollte nicht perpetuiert werden.

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