Zu den Aufgaben von uns Wirtschaftsjournalisten gehört es, Zahlen in richtige Relationen zu setzen. Diese Einordnung ist besonders wichtig, wenn es um Zahlen geht, die aus Sicht von Laien sehr groß sind, aus Sicht von Unternehmern oder Politikern aber keineswegs. Berühmtes Beispiel: In den Neunzigerjahren waren 50 Millionen Mark für Zeitungsleser viel, für Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper Peanuts.
In der Süddeutschen Zeitung von heute (Print, Doppelseite im Wirtschaftsteil über elektrisches Licht) ist von 50 Millionen Euro die Rede, also Peanuts mal zwo. Diese Summe investiert Osram – wie auf einer Doppelseite im Wirtschaftsteil zu lesen – innerhalb von drei Jahren „allein“ in die Regensburger Fabrik für Dioden-Leuchtmittel (LED und OLED). Pro Jahr sind das also 16 oder 17 Millionen. Solche Beträge in ein wichtiges Werk zu stecken, ist aber nichts Ungewöhnliches für ein Unternehmen, das 570 Millionen Euro Gewinn erzielt. Es kann vor allem kein Grund sein, zwecks Kapitalbeschaffung an die Börse zu gehen. Dabei geht es um ganz andere Summen.
In einem „Report“ mit dem Titel „Reif für die Sonne“ berichtet ein SZ-Kollege ein paar Seiten weiter hinten im Blatt über Solarprojekte wie Desertec. Er offenbart dabei, 400 Milliarden Euro seien für ihn eine „unfassbare Summe“. Dabei wäre es leicht, die Summe in einen Kontext zu stellen, der sich leicht fassbar macht. Die 400 Milliarden – ein Betrag mit einer Nullenzahl, wie man sie von Euro-Rettungspaketen kennt – werden ja nicht auf einen Schlag gebraucht, sondern verteilen sich wie die zwei Osram-Peanuts über mehrere Haushaltsjahre. Und zwar nicht nur drei, sondern mehr als dreißig. Das Projekt lässt sich also stemmen, wenn die beteiligten Konzerne zusammen pro Jahr zwischen 10 und 15 Milliarden Euro aufbringen. Wenn allein das RWE fünf Milliarden Euro Gewinn erzielt, ist das machbar.
Man könnte die ver-rückten Proportionen auch gerade rücken, indem man schriebe, dass die 400 Milliarden ein bisschen mehr sind als der Bundeshaushalt oder der Jahresumsatz von Walmart oder Exxon-Mobil. Oder weniger als ein Viertel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Oder aber mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein kleiner Bruchteil der Schäden, die der Super-GAU von Fukushima verursacht hat und noch zur Folge haben wird. Die sind nämlich in der Tat unfassbar – noch, bis in vielen Jahren mal ein Katastrophenbuchhalter alles zusammenrechnen kann.
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