Minister verschiebt Komma, SZ merkt’s nicht

Heute in der Rubrik „Ja, liest denn keiner mehr gegen?“: Ja, denkt denn keiner mehr mit?

„Schon der Verzicht auf permanenten Standby-Betrieb eines Festplatten-Players bringt laut“  Bayerns Umweltminister Marcel „Huber eine Ersparnis bei den Stromkosten von mehr als 90 Euro im Jahr.“

Süddeutsche Zeitung von heute, Bayern-Teil 

Tja: Das ist völliger Nonsens – und er zeigt, dass die SZ-Redaktion einen Kollegen mit dem Thema betraut hat, dem nicht auffällt, wie inkompetent komplett ahnungslos der Minister und seine Hintersassen sind, die tatsächlich glauben, ein solches Gerät verbrauche im Standby-Betrieb 63 Watt – und es sei möglich, den Stromverbrauch ganz einfach um die Hälfte (!) zu senken.

Aus der Pressemitteilung des BayStMUG

90 Euro: Das muss einen schon deshalb stutzig machen, weil es rund ein Zehntel der jährlichen Stromrechnung einer Familie wäre. Ein bisschen Kopfrechnen und gesunder Menschenverstand genügen, um das als hanebüchenen Krampf zu erkennen.

63 Watt sind sogar für ein laufendes Gerät ein hoher Wert. Schon vor fünf Jahren begnügte sich laut Stiftung Warentest billige Aldi-Ware mit einem Drittel. Im Standby zog jenes Medion-Teil von 2007 nur 1,3 Watt; ältere Geräte lagen bei fünf oder auch mal 6,3 Watt – einem Zehntel dessen, was Herr Huber sagt. Zöge man den Stecker, statt Standby zu nutzen, läge die jährliche Ersparnis also bei acht bis 40 Kilowattstunden – oder zwischen 2 und 10 Euro.

 

Unfug wie aus dem Gewehr geschossen

Wer Kurt Kister kennt, weiß, wie er bei der Lektüre des eigenen Blattes immer wieder leiden muss. Am Anfang seiner Karriere bei der Süddeutschen schrieb er häufig über Sicherheitspolitik und bewies, das er vom Verteidigungsgewerbe nicht nur die abgehobene Perspektive des Feldherrenhügels kennt, sondern auch die militärischen Niederungen – bis hin zu technischen Feinheiten der Waffengattungen.

Wenn jüngere SZ-Redakteure über einen Typus tragbarer automatischer Waffen schreiben, die in etwa das Format eines gewöhnlichen Schießgewehrs haben, quillt aus ihnen stets das Wort „Maschinengewehr“ heraus. So stürmen bei ihnen Militärpolizisten Häuser „mit dem Maschinengewehr im Anschlag“. So etwas ist nur eins: ein Anschlag auf das Nervenkostüm des Chefredakteurs.

Ein für allemal: Diese Dinger heißen Maschinenpistolen. Für ein Maschinengewehr braucht der Schütze ein Stativ oder eine Halterung. 

SZ: Kollegin B. schließt mal wieder von sich auf andere

Ist die gute alte E-Mail „vom Aussterben bedroht“? Mit dieser steilen These erschreckte die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen am Donnerstag ihre Leser. Es ging eigentlich um Microsoft und die Ablösung des – freundlich gesagt – für seine Nutzer peinlichen Webmail-Dienstes Hotmail durch das seriöser wirkende Cloud-Produkt „Outlook.com“. Kollegin B., wie gewohnt eher meinungsfreudig denn treffsicher, verstieg sich dabei zu der Behauptung, dass „ohnehin niemand mehr Mails braucht“.

Muss ich wirklich erläutern, wieso das bodenloser Unsinn ist? Nein, ich glaube, die Arbeit kann ich mir sparen. Auf jeden Fall war das Kompetenzgefälle von sueddeutsche.de 🙂 zur Printausgabe 🙁 vergleichbar mit einer Kamikaze-Rutsche.

 

Sie baden gerade Ihre Finger darin

Wie nachhaltig Werbung wirkt, beweist die Süddeutsche in einer Klickstrecke:

„…die Colgate-Palmolive Company. Den Großteil seines Geldes macht das seit mehr als 200 Jahre bestehende Unternehmen allerdings nicht mit Putzmitteln, sondern mit den namensgebenden Mundpflege- und Körperpflegeprodukten Colgate und Palmolive.“

Spülmittel zur Körperpflege – welche Kindheitserinnerung! Ich fand Tilly immer schrecklich. Das haben die Jungfüchse von der SZ-Redaktion natürlich nicht gesehen, dank der Gnade ihrer späten Geburt. Allerdings hätten sie wissen „Sie baden gerade Ihre Finger darin“ weiterlesen

ACTA und kein Durchblick

„Als die EU-Kommission Acta jedoch während einer Sitzung ihres Ausschusses für Fischerei und Landwirtschaft im vergangenen Dezember neben Fangquoten und Importregeln für Zitrusfrüchten einfach so durchwinkte, schienen alle Befürchtungen bestätigt.“

Andrian Kreye, Süddeutsche Zeitung vom 4. Juli – vor der parlamentarischen Ablehnung des Abkommens

Von der Meinungsseite der SZ hätte ich jetzt etwas mehr Durchblick erwartet. Es war weder ein Ausschuss noch die Kommission, sondern der Rat der Europäischen Union, der auch als Ministerrat bezeichnet wird, weil er sich je nach Bedarf aus Ministerpräsidenten/Kanzlern oder eben aus Ministern zusammensetzen kann. „ACTA und kein Durchblick“ weiterlesen