Eigentor vom fiesen Möpp

Anmerkungen zu BDZV-Söldner Georg Wallraf und seinen Redaktionsbeamten

Die Grenze zwischen einer korrekten Tatsachenbehauptung und einer Beleidigung oder Schmähkritik sind oft fließend. Mancher ist tödlich beleidigt, wenn man ihm die Wahrheit in Gesicht sagt, andere benehmen sich so, dass selbst unflätigste Beschimpfungen noch wie Schmeicheleien erscheinen.

Womit wir bei Georg Wallraf wären beziehungsweise bei seiner ehrenrührigen Tatsachenbehauptung, es gebe „in den Redaktionen ein beamtenähnliches Absitzen der nächsten Gehaltsstufe“. Wallraf, von Beruf Rechtsanwalt, ist eine Art Söldner in Diensten des Zeitungsverlegerverbandes BDZV und steht als solcher jederzeit parat, verbalen Flurschaden anzurichten. Obigen Spruch gab er in seiner Eigenschaft als Verhandlungsführer im laufenden Tarifstreit zum Besten – und das war wieder ein echter Wallraf. Jeglicher Respekt vor Menschen, die seinen Brötchengebern auf der Tasche zu liegen trachten, indem sie so berechtigter- wie unverschämterweise Gehalts- oder Honorarforderungen stellen, ist dem Mann so fremd wie einem Schäferhund veganes Futter. „Eigentor vom fiesen Möpp“ weiterlesen

Der Zucht-Perlentaucher oder: Kontrollieren Verleger wirklich die VG Wort?

Es ist an der Zeit, sich mal wieder über das spannungsgeladene Verhältnis zwischen Autoren und Verlegern zu unterhalten – ganz im Allgemeinen, aber auch über konkrete Vertreter beider Berufe: den Urheber Martin Vogel und den Rechteverwerter Thierry Chervel, Gründer der Online-Verlags Perlentaucher GmbH, der das Kulturportal perlentaucher.de betreibt.

Nein, möchte ich nicht.

Wer sich ein wenig mit dem Schmuck-Markt auskennt, weiß, dass es drei Sorten von Perlen gibt: natürlich gewachsene Perlen, Zuchtperlen und Kunstperlen. Das zur Metapher gewordene Wort Perlentaucher, also die gediegene Alternative zum leicht anrüchigen Trüffelschwein, bezeichnet jene Menschen, die uns die erste und ursprüngliche Variante bescherten. Sie tauchten hinab zu den Muschelbänken und holten die Austern an die Oberfläche, um an die verborgenen Schätze  zu gelangen. Sie taten aber nichts dafür, dass die Perlen wuchsen. Sie ernteten, was sie nicht gesät hatten. Sie investierten nichts weiter als ihre Arbeitszeit, nahmen aber ein großes Risiko auf sich, zu ertrinken oder zur Beute für Haie zu werden.

In der Wikipedia finden wir diesen fast ausgestorbenen Beruf nicht einmal auf einer „disambiguation„-Seite, auf der Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung auseinandersortiert werden. Der Suchbegriff „Perlentaucher“ führt exklusiv zum gleichnamigen Online-Kulturportal  des französischen Berliners Thierry Chervel, während die Namensgeber unter „Perlenfischer“ zu finden sind, als hätte die Tätigkeit irgendetwas mit Fischen zu tun, mit Netzen und Angelruten. „Der Zucht-Perlentaucher oder: Kontrollieren Verleger wirklich die VG Wort?“ weiterlesen

Metis: Jetzt die fairen „Verleger“ beteiligen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die VG Wort hat soeben die Ausschüttung der Online-Tantiemen (METIS) für 2016 gestartet. In den nächsten Tagen kommt Geld auf unsere Konten. Aber soweit es sich um per Zählpixel erfasste Texte handelt, überweist die VG Wort erst einmal 60 Prozent des fälligen Gesamtbetrags – also den bisherigen Autorenanteil – als Abschlagszahlung. (Die sogenannte Sonderausschüttung ist abgeschlossen.)

Was mit dem Anteil geschieht, der früher dem Betreiber („Verleger“) der jeweiligen Website zustand, müssen wir jetzt entscheiden. Dies ist zwar umfänglich, aber auch etwas umständlich im Begleitschreiben des Vorstands zur Ausschüttungsmitteilung beschrieben. Deshalb hier noch mal das Wichtigste als FAQ:

Was passiert, wenn ich nichts tue?

Dann bekommt der Website-Betreiber von der VG Wort kein Geld. Statt dessen bekommen Sie auch den zurückbehaltenen Rest. 

Warum sollte ich überlegen, ob ich dem Website-„Verleger“ nicht doch einen Anteil (meist 30 %) zugestehe?

Die Betreiber sind nicht verpflichtet, Zählpixel in die Texte einzubauen. Wer es auf freiwilliger Basis tut, hat aber Kosten. Daher besteht die Gefahr, dass Verleger aus METIS aussteigen. „Metis: Jetzt die fairen „Verleger“ beteiligen“ weiterlesen

VG Wort: Sieg der Vernunft

Gestern war ein denkwürdiger Tag für die Verwertungsgesellschaft Wort. Erstmals verabschiedeten die Mitglieder einen regulären Verteilungsplan, der es den Urhebern überlässt, zu entscheiden, ob ihre Verleger ein Stück vom Kuchen abbekommen – etwas, das früher eine Selbstverständlichkeit war. Und nicht nur das: Zwei der drei Verleger-„Kurien“ votierten einstimmig für diese Regelung, die dritte mit einer Fünf-Sechstel-Mehrheit, was man ohne Übertreibung als sensationelles Ergebnis bezeichnen kann. Schließlich erfahren die Verleger nicht einmal, welche Autoren ihnen wohlgesonnen sind und welche nicht. Sie setzen sich quasi unserer Willkür aus.

Aus Autorensicht ist der neue Verteilungsplan der beste, den es je gab, denn endlich ist auch eine Altlast beseitigt, die aus der Zeit der VG Wissenschaft stammt. Diese Verwertungsgesellschaft war 1978 von ihrer großen Schwester geschluckt worden – unter der Prämisse, dass ihr verlegerfreundlicher Verteilungsschlüssel nicht angetastet wird. Während die VG Wort den Autoren 70 Prozent ihrer Einnahmen gutschrieb, zog die VG Wissenschaft die Hälfte als Verlegeranteil ab. Als „Abteilung Wissenschaft“ der VG Wort teilte sie ihre Töpfe weiter halbe-halbe zwischen den beiden Empfängergruppen auf. Deshalb bekamen Fachjournalisten für Texte in Heften, die bei der „Wissenschaft“ gemeldet wurden, einen geringeren Anteil ab als andere Print-Journalisten. Damit ist jetzt Schluss: Fachjournalisten werden mit ihren nicht fachlich ausgerichteten Kollegen gleichgestellt. Alle bekommen mindestens 70 Prozent – oder, wenn sie das wollen, den ganzen Kuchen.

Natürlich kann man als Autor an diesem Kompromiss, auf den sich Mitglieder der Bewertungskommission am Rande der Leipziger Buchmesse verständigt hatten, etwas zum Meckern finden. Man könnte zum Beispiel die Position vertreten, dass eine angemessene Beteiligung der Verleger an den Reprografie-Einnahmen eher bei 20 Prozent liege – und zwar unabhängig davon, ob es sich um General-Interest- oder Special-Interest-Objekte handelt. Doch die Sache ist ganz einfach: Die 30-Prozent-Marke stellt derzeit die Schmerzgrenze dar. Eine 80:20-Aufteilung hätten die Verleger in den Gremien der VG Wort nicht mitgetragen. Wir hätten dann jetzt keinen Verteilungsplan, und für längere Zeit bekäme niemand einen Cent.

Zudem hätte die Gefahr bestanden, dass viele Verleger ihre weitere Mitgliedschaft in der VG Wort für sinnlos gehalten und ausgestiegen wären, um ihr Glück in einer eigenen VG zu suchen, die in Konkurrenz zur VG Wort treten und offensiv Lobbyarbeit für ihre Vorstellungen von der Beteiligung an der Gesetzlichen Vergütung betreiben würde. Dies wäre der Worst Case gewesen: Geschäftsgrundlage der Verträge, denen die VG Wort den Löwenanteil ihrer Einnahmen verdankt, ist die gemeinsame Rechtewahrnehmung. Bräche nämlich unsere VG entzwei, müsste alles neu verhandelt werden. Die Industrie würde ihre Zahlungen einstellen, und es gäbe erneut jahrelange Prozesse, bis irgendwann wieder Geld flösse.

Zur Erinnerung: Das Geld, das jetzt zur Ausschüttung ansteht, wird zum Teil für Texte bezahlt, die wir vor 15 Jahren geschrieben haben. Wer damals an der Schwelle zum Rentenalter stand, kann von Glück sagen, wenn er die Zahlung überhaupt noch erlebt. Ein Teil wird definitiv schon an Hinterbliebene bezahlt.

Diese Erwägungen sind alle lange bekannt. Dennoch will eine kleine Minderheit der Autoren nach wie vor die Verleger aus der VG Wort herausekeln. Dieses ideologisch motivierte Ziel ist diesen Leuten so wichtig, dass sie gegen den Verteilungsplan votierten – also fanden, gar keine Ausschüttung sei besser als eine, bei der Autoren den Verlegern freiwillig und anonym etwas abgeben dürfen.

Wer diese Fundis sind, darüber könnte ich nur spekulieren. Aufgrund der neuen Möglichkeit, bis zu zehn Stimmen auf einen Bevollmächtigten zu übertragen, waren offene Abstimmungen mit in die Luft gehaltenen Stimmkarten nicht mehr praktikabel. So weiß ich nur, dass die Anti-Fraktion krachend an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wäre, wenn es denn so etwas bei uns gäbe.

Überhaupt war gestern schön zu beobachten, wie den Personen, die sich an der VG Wort seit längerem abarbeiten, die scharfe Munition ausgeht. Es gibt zwar immer noch den einen oder anderen komischen Vogel (dessen Vorname nicht Martin lautet), der in Ankläger-Attitüde ans Saalmikrofon tritt und sich wohl als Richter im Rampenlicht gefiele (Licht aus! Spot an!). Kollegen also, die 150-prozentige Transparenz fordern, nur leider nicht von jener geheimbündlerischen Autorengruppe, die aus dem Off der finnischen Provinz heraus auf die VG Wort 8 zu geben behauptet. Aber wer den Redebeiträgen lauschte und miterlebte, wie sich gleich vier als Anträge camouflierte Misstrauensbekundungen zu heißer Luft verdünnisierten, wird konstatieren, dass an diesem Tag die Vernunft siegte. Die Opponenten vom Herbst stimmten zu. Und selbst der in den Freischreiber-Himmel gelobte Doktor Vogel fand nur noch Petitessen, an deren er gemäßigt herummäkeln konnte.

Wenn Urheber an Satzungen herumbasteln

Meine ganz speziellen Freunde von den Freischreibern verweisen in ihrem aktuellen Newsletter auf eine neue Aktivität jener geheimnisvollen Autoren-Initiative, die sich VG Info nennt. Die Suche nach der Adresse, die im Impressum steht, führt uns in die finnischen Wälder. Dort scheint eine Freischreiberin, die in der nächstgelegenen Stadt mal zur Schule ging, noch einen Wohnsitz Briefkasten zu haben.

Die Urheberschaft an dem Text, um den es geht, ist unklar, denn außer dieser einen Autorin sind keine weiteren Mitwirkenden namentlich bekannt.

Jedenfalls haben sich besagte Dame und/oder ihre möglichen Mitstreiter an der Satzung der VG Wort vergriffen – in einem wahrscheinlich gut gemeinten Akt. Leider ist es maximal das: gut gemeint. Die Personen, die sich da vorgenommen haben, die Satzung zu entrümpeln, würden das Gegenteil dessen erreichen, was ihr vorgebliches Ziel ist, nämlich die Position der Urheber zu stärken. Zu diesem Zweck würden sie gerne den „Wasserkopf“ abschaffen, dessen Teil ich bin – und zwar den Verwaltungsrat einschließlich seiner Kommissionen. Es gäbe auch keine Berufsgruppen mehr, nur noch einen Vorstand und eine Mitgliederversammlung. Mit anderen Worten: Es gäbe niemanden mehr, der sich stellvertretend für die Autoren in die vertrackte juristische Materie einarbeitet und den Vorstand kontrolliert. Auf die Politik übertragen ist das so, als würde das Volk die Mitglieder der Bundesregierung direkt wählen, aber kein Parlament – und es gäbe weder Parteien noch irgendwelche Fachgremien. Die Idee ist so grotesk, dass man am Urteilsvermögen der Autorenkollegen zweifeln muss, für die unsere Kollegin aus dem Hohen Norden da stellvertretend ihren Namen hergibt, indem sie sich ins Impressum eintragen ließ.

Nun kann ich damit leben, wenn einzelne Ignoranten meiner ehrenamtlichen Arbeit keine Wertschätzung entgegenbringen. Was mich wirklich fassungslos macht, ist der Umstand, dass die Freischreiber als Verein sich dafür hergeben, dieses unüberlegte und unausgegorene Zeug auch noch bekannt zu machen, anstatt gnädig den Mantel des schamhaft-betretenen Wegschauens darüber zu werfen. Die blinde Entrümpelungswut der VG-Wort-Hasser von VG Info geht nämlich so weit, dass sie sogar den aufgrund des neuen Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) 2016 neu in die Satzung aufgenommenen § 8 ersatzlos streichen würden („Ausübung von Mitgliedschaftsrechten in elektronischer Form“). Dieser Paragraf soll ja ausdrücklich die Rechte der Mitglieder stärken. Es kann doch nicht sein, dass unsere Journalistenkollegen vom Konkurrenzverein Freischreiber e.V. vorher nicht lesen, was sie da verlinken. Oder wollen sie künftig auf geregelte Mitsprache verzichten?

Hinweis: Ich habe diesen Text am 3.4.2017 in ein paar ziemlich nebensächlichen Punkten, die jemandem sehr wichtig waren, leicht bearbeitet. Ich kann ja nicht zulassen, dass jemand, der mich für den Teil eines organisatorischen Wasserkopfs hält, meinetwegen unglücklich ist. Außerdem habe ich zwei Kommentare gelöscht, die sich auf diese Punkte bezogen und jetzt nicht mehr verständlich wären.