Wozu Urheberrecht? (11) – Legalize Yedenshize!

Dirk von Gehlen arbeitet für die Contentindustrie, für einen Arbeitgeber aus dem Sektor der Mainstream-Medien, also für einen papierverarbeitenden Betrieb – den Süddeutschen Verlag. Er hat die Deutsche Journalistenschule absolviert, sitzt neuerdings sogar im Vorstand ihres Förderkreises. Qua Amt gehört er also prinzipiell in die Schublade Old School, passt demnach eigentlich ins Feindbild derer, die man heute „Netzgemeinde“ nennt, wenn man sich als Digitaler Einwanderer beschimpfen lassen möchte. Da er jedoch für den SZ-Jugend-Ableger jetzt verantwortlich ist, schreibt er nicht seinem Arbeitgeber, sondern seiner Zielgruppe nach dem Mund.

So hat sich Kollege Gehlen kürzlich in einem Beitrag für den Deutschlandfunk Gedanken über eine zeitgemäße Adaption des Metakommunikativen Axioms von Paul Watzlawick gemacht, wonach man „nicht nicht kommunizieren“ könne. Nach seiner Ansicht

„…bekommt Paul Watzlawiks Feststellung man könne nicht nicht kommunizieren eine neue duplizierende Bedeutung: Man kann nicht nicht kopieren. Kopieren ist Bestandteil unseres Alltags geworden und insofern kein tauglicher Gradmesser (mehr) für illegales Verhalten.“

Die These ist natürlich so steil wie eine hochgeklappte Zugbrücke, „Wozu Urheberrecht? (11) – Legalize Yedenshize!“ weiterlesen

Wozu Urheberrecht? (10) – Was arbeitet ein Linguistik-Prof?

In Hamburg (dienstlich) oder Berlin (privat) hockt ein junger, arroganter zynischer Linguistik-Professor, streicht einen vom Steuerzahler subventionierten Sold ein und verbreitet in seiner Freizeit eitel die These, Medien- bzw. Kulturschaffende seien „an der Nadel des Staates hängende Subventionsjunkies“ oder „Leibeigene der Contentindustrie“, die gefälligst für ihren Lebensunterhalt „arbeiten“ sollen, statt zu erwarten, dass jemand so dumm ist, für den Genuss ihres vermeintlichen „geistigen Eigentums“ Geld zu bezahlen.

Kurzum: Der Nachwuchspopulist propagiert die Deprofessionalisierung des Medien- und Kunstbetriebs. Dieser Herr, ein gewisser Anatol Stefanowitsch, sieht in den jüngsten offenen Briefen von Urhebern „aus jeder Pore Menschenverachtung ausdünstende Hasstiraden“. Obwohl Sprachwissenschaftler, entgeht ihm, dass seine hemmungslose Polemik solche Prädikate viel eher verdient hätte. Ich zitiere mal eine halbwegs konziliante Passage seiner Tirade:

„Ich habe nichts dagegen, dass ihr – Künstler und Kunsthändler – Geld verdienen wollt. Ich kenne überhaupt niemanden, der etwas dagegen hat, dass ihr Geld verdienen wollt. Ich verdiene selbst manchmal Geld mit dem, was ich schreibe. Und ich muss zugeben, ich kann nachvollziehen, warum ihr das Geldverdienen reizvoll findet. Trotzdem schreibe ich meistens umsonst, einfach, weil ich schreiben will — und damit bin ich einer von Millionen, die umsonst komponieren, malen, dichten, filmen, und die ihr Geld auf ganz althergebrachte Art und Weise verdienen: Indem sie dafür arbeiten.“

Zwingender Umkehrschluss: Journalisten, Fotografen, Drehbuchautoren, Schriftsteller arbeiten nicht. „Wozu Urheberrecht? (10) – Was arbeitet ein Linguistik-Prof?“ weiterlesen

Wozu Urheberrecht? (9) – Definitionsfrage

Wer wissen möchte, wie Netzgemeinde, Contentmafia und Kreative ticken, findet im Weißen Rauschen ein aufklärendes Wörterbuch.

Wozu Urheberrecht? (8) – Entbündelter Leserzugang

Kollege Kai Biermann stellt in der Zeit ein interessantes Modell für bezahlten Journalismus vor – in zwei Varianten: die Kindle Single (eine Reportage für z.B. 99 Cent) und ein Paket, das aus Texten verschiedener Magazine zusammenstellbar wäre (z.B. für 9,99 Euro).

In genau diese Richtung hatte ich vor drei Jahren schon mal gedacht, allerdings noch nicht mit fertigem Geschäftsmodell, deshalb freut mich das. (Ich wollte mit den Erlösen nicht Amazon anmästen, sondern dachte eher an eine Genossenschaft von Journalisten.)

Aber wie ich unsere All-you-can-read-Freunde kenne, zerpflücken sie das eh ganz schnell wieder, denn es widerspricht ihrer Ideologie, oder dem, wie sie  den Satz „information wants to be free“ auslegen: sie meinen free = gratis, ich meine free = für jedermann zu einem angemessenen Preis zugänglich.

Fortsetzung folgt.

P.S.: Hatte ich schon erwähnt, dass ich in der neuen brand eins aus Autorensicht über ACTA geschrieben habe? Ja, das hatte ich? Ach so. Aber zweimal schadet auch nix.

Wozu Urheberrecht? (7) – Konzertbesucher abzocken

Kurzes Intermezzo zum Thema Musik. Ich muss da leider mal als Nichtbetroffener polemisch werden:

In den Leserkommentaren bei Welt Online zu Sven Regener lese ich gerade zum 148.713ten Mal die hirnverbrannte Aussage, da sich Geschäftsmodelle  durchs Internet änderten, müssten Musiker ihren Lebensunterhalt heute halt mit Konzerten verdienen statt mit Platten.

Wo bleiben eigentlich die Konzertbesucher, die sich endlich mal darüber aufregen, dass sie mit ihren immer höheren Eintrittsgeldern die Gratismusikversorgung von Geilgeizhälsen quersubventionieren sollen?

Eintrittskarten sind – ZUFÄLLIG – sehr viel teurer geworden, seit für lau downgeloadet wird, was das Zeug hält. Das Geschäftsmodell verschiebt sich also schon seit Jahren genau in die geforderte Richtung. Der Endpunkt der Entwicklung wäre logischerweise dann erreicht, wenn Konzertbesucher alles und Zuhausehörer gar nichts mehr bezahlen. Geniale Studiomusiker, die für strapaziöse Liveauftritte und das aufreibende Tournee-Leben physisch oder psychisch nicht geschaffen sind, dürfen gefälligst den Beruf wechseln. Und der einmalige, vorübergehende Musikgenuss wird so teuer, dass ihn sich nur noch ein paar Bestverdiener leisten können. Und das nur, damit arrogant- ignorante Laumichel, die den Geizhals nie voll kriegen, sich die Festplatte vollschnorren können?

Meine Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit – wohlgemerkt aus der Perspektive des bereitwillig zahlenden Musikkonsumenten gesprochen, nicht des Urhebers – sieht anders aus. In meiner Jugend sah man im Konzertpublikum noch Taschengeldempfänger, die keine reichen Eltern hatten.

Meine Gegenforderung zur Re-Demokratisierung der Musikbranche: kostenlose Open-Air-Konzerte der Stars als Dank für kostenpflichtiges Herunterladen. Hat was, oder?

P.S.: Gez komme mir aber keiner mit den von ARD-Anstalten gesponserten Konzerten.

Fortsetzung folgt.